Fehlende Weservertiefung kostet Container

Normalfall in der Nordwest-Range: Großcontainerschiffe kommen immer konzentrierter auch nach Bremerhaven, Foto: Lang

Abgeschmettert: Streiche Hafen, setze Wohnungsbau, Foto: Archiv

Als citynahes Kraftzentrum unverzichtbar: Bremens Vielzweckhafenteil Neustädter Hafen, Foto: BLG
Die beiden großen norddeutsche Universalhafen Hamburg und Bremen spüren immer deutlicher die Folgen der noch nicht vollzogenen Flussvertiefungen von Elbe und Weser.
Das unterstrich Bremens Häfen- und Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) am Montag bei der Vorlage der vorläufigen Seegüterumschlagzahlen für den Zwei-Häfen-Stadtstaat. Dabei wurde er – wie üblich in Bremen – von der Geschäftsführung von Bremenports sowie dem Vorstandschef der BLG Logistics Group assistiert, die entsprechendes Zahlenwerk für die von ihnen vertretenen Unternehmen präsentierten.
Mit gut 75,1 Millionen Tonnen bleibt der Gesamtumschlag 2017 nach jetziger Einschätzung um gut 0,1 Prozent hinter dem Vorjahr zurück. Häfensenator Günthner sprach im Gesamtbild weiterhin von einer „konstanten Mengenentwicklung“.
Spürbar wirkt sich jedoch das Fehlen der Weservertiefung beim Box-Umschlag an den verschiedenen Terminals der rund fünf Kilometer langen Stromkaje in Bremerhaven aus. Mit rund 5,5 Millionen TEU werde der Behälter-Umschlag 2017 um gut ein Prozent geringer ausfallen als 2016.
Während die Konkurrenten in den beiden Westhäfen Rotterdam und Antwerpen stabile Mengenzuwächse beim Containerumschlag erzielten, stagniere die Umschlagentwicklung in Bremen und auch in Hamburg in diesem Segment, so Günthner: „Die seeseitige Erreichbarkeit ist eine Stellschraube für die Wirtschaftlichkeit eines Hafens. Die Vertiefung der Außenweser bleibt deshalb ganz oben auf der hafenpolitischen Tagesordnung.“
Während es zumindest für den Containerumschlag in Bremerhaven Eintrübungen gibt, zeigt sich in den sogenannten Stadtbremischen Häfen, das heißt vor allem dem Industriehafen oder dem Neustädter Hafen, ein anderes Bild. Für diesen Hafenbereich werde sich der Umschlag bis Jahresende bei gut 13,1 Millionen (ein Plus von 7,7 Prozent) einpendeln.
Günthner betonte, dass die stadtnahen Hafenteile hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Hafen- und Logistik-Standort Bremen sowie für die Beschäftigung „gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können“. Und weiter stellte er fest: „Als südlichste Seehäfen Deutschlands haben sowohl der Industriehafen als auch der Neustädter Hafen für viele Kunden erhebliche Wettbewerbsvorteile. Dies ist ein Pfund, mit dem wir auch in Zukunft wuchern werden.“
Besonders positiv entwickelte sich in den zurückliegenden Monaten unter anderem Umschlag von Windkraftkomponenten oder Projektladung wie Röhren und auch Holz.
Günthners klares Bekenntnis zum Erhalt und zur Weiterentwicklung den city-nahen Hafenteilen steht im klaren Kontrast zu den kürzlich von der Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion präsentierten Stadtentwicklungsplänen. Danach sollte der in den 1960er Jahren angelegte Bereich „Neustädter Hafen“ in seiner Gesamtausdehnung von rund 100 Hektar aufgegeben werden. Die frei werden Flächen sollten dann vor allem für den Wohnungsbau genutzt werden, den Unternehmen sollten Alternativgrundstücke in Bremerhaven angeboten werden.
Die Überlegungen der Bremer CDU stießen dabei sowohl auf ein entschiedenes „Nein“ seitens der beiden Regierungspartner SPD und Grüne als auch seitens der Handelskammer Bremen. So erklärte Bürgermeister Carsten Sieling, dass solche Pläne nicht nur „die Existenz zahlreicher Unternehmen in der Hafenwirtschaft bedrohen“, sondern auch dazu führen, dass „viele hundert Arbeitsplätze“ verloren gingen. Grünen-Wirtschaftssprecher bezeichnete die Überlegungen als „in hohem Maße abwegig“. Die Handelskammer unterstrich, dass Bremen mehr und nicht weniger Gewerbeflächen brauche.
Prägend für das Umschlaggeschäft in Bremerhaven bleibt weiterhin auch der Fahrzeugumschlag. Bis Jahresende werden gut 2,2 Millionen Einheiten erwartet, ein Plus von 8,9 Prozent. Damit behält die Seestadt beim Fahrzeugumschlag ihren 2. Platz nach dem belgischen Zeebrugge. Günthner zeigt das Ergebnis beim Automobilumschlag, „wie stark die deutsche Automobilindustrie am Weltmarkt nach wie vor aufgestellt ist“. Er ist davon überzeugt, dass Bremerhaven mit seinen weiter verbesserten Möglichkeiten auf der Hafeneisenbahn „auch künftig eine hervorgehobene Rolle spielen“ werde.
Weiterhin rechnet Günthner für 2017 in Bremerhaven mit deutlichen Verbesserungen beim Umschlag von Schwergutladung („High-and-Heavy“), das heißt auf gut 1,3 Millionen Tonnen.
Auf Erfolgskurs sieht der SPD-Politiker den Universalhafen auch für das Cruise-Segment. So erfreue sich Bremerhaven nicht nur einer wachsenden Zahl von Passagierschiffsabfertigungen – in diesem Jahr 84 und damit knapp 22 Prozent mehr als 2016 –, auch bei den Cruise-Gäste lege der Hafen zu. Für die Saison sind es exakt 165.644 Passagiere und damit ein Plus von 68,1 Prozent) in Bremerhaven abgefertigt. Güntner: „Die Bremerhavener Kreuzfahrtanlage wird ihre Wettbewerbssituation damit auch im Jahr 2017 weiter verbessern.“
Um den Erfolg des Zwei-Häfen-Stadtstaates nachhaltig zu sichern, habe der Senat auch im laufenden Jahr auf hohem Niveau investiert. Dieser Kurs werde auch in Zukunft beibehalten. EHA