Geglückte Rettungsaktion für Azubis
Es ist der vorläufige Höhepunkt der nunmehr seit knapp acht Jahre währenden globalen Schifffahrtskrise: die Insolvenz der südkoreanischen Containerreederei Hanjin. Das bedeutet auch: Rund 4800 Mitarbeiter weltweit sorgen sich um ihre berufliche Zukunft.
Auch in der Hamburger Deutschland-Zentrale ist – bildlich gesprochen – Halbmast geflaggt. Rund 200 Arbeitsplätze stehen hier zur Disposition, wenn es nicht doch noch im letzten Moment den großen staatlichen Rettungsanker für den Container-Carrier gibt. Ende November schlägt hier die Stunden der Wahrheit.
Zu den schwächsten Gliedern in der Personalkette gehören in der Hansestadt die insgesamt 15 jungen Menschen, die in dem Reederei-Unternehmen eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann absolvieren – dar unter eine gute Handvoll, die erst am 1. August dieses Jahres ihre Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann begannen. Je nach Schulabschluss würde die Lehre damit zwischen zwei bis drei Jahre dauern. Doch das ist angesichts der aktuellen Lage des Konzerns, der weltweit eine Flotte von rund 80 Frachtern betreibt, eher unwahrscheinlich. Gefühlsmäßig in vergleichbarer Lage sind jedoch auch die jungen Menschen, deren Abschlussprüfung im Januar 2017 ansteht. Frank A. Keller, Director und als solcher Head of Sales & Marketing bei Hanjin-Germany, bestätigt: „Die Nachricht von der Insolvenz unseres Unternehmens hat im ersten Moment gerade bei unseren Azubis für viel Unruhe gesorgt und sofort die Frage ausgelöst: Wie geht es mit meiner Lehre weiter?“. Doch auch ihn selbst bedrückt die Verunsicherung der jungen Menschen, schließlich hatte er sich bis 2008 als Ausbildungsleiter intensiv um die Nachwuchsqualifikation gekümmert. Keller, seit 1992 im Unternehmen: „Die Ausbildung in unserem Hause hat über all die Jahre hinweg stets ein hohes Ansehen in der Hamburger Schifffahrtsszene gehabt.“ Bis heute, so schätzt Keller, wurden allein in Hamburg „mindestens 140“ junge Menschen in dem Berufsbild Schifffahrtskaufmann ausgebildet. Daher war es für ihn schnell klar, dass den jungen Azubis eine klare Handlungsperspektive aufgezeigt werden musste. Keller wandte sich an die Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS), mit der Frage, ob die Vereinigung in dieser Situation weiterhelfen könne. Dr. Alexander Geisler, VHSS-Geschäftsführer, sah die Anfrage für sich sogleich als konkreten Handlungsauftrag. In einem Rundschreiben an die Mitglieder erbat er die Unterstützung der Firmen, um Ersatz-Ausbildungsplätze für die Hanjin-Lehrlinge zu schaffen. Damit nicht genug: Der VHSS wandte sich, gemeinsam mit Hanjin, auch an die Handelskammer Hamburg, um auszuloten, ob es eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf die Abschlussprüfungen im Januar gibt. Geisler: „Der Einsatz hat sich gelohnt. Es gelang, für alle 15 Hanjin-Azubis einen neuen Arbeitgeber zu finden. Und auch bei der Abschlussprüfung zeigt sich die Kammer beweglich.“
Damit nicht genug: Auch in der Staatlichen Handelsschule Berliner Tor (HBT), die deutschlandweit größte für das Berufsbild Schifffahrtskaufmann, stießen die Reederei und der VHSS auf positive Resonanz. Immerhin hatten etliche Mitglieder des Lehrerkollegiums vor ihrem Studium selbst einmal Schifffahrtskaufmann gelernt, können sich also sehr gut in die Gefühlslage der Azubis hineinversetzen. HBT-Schulleiter Christian Peymann beispielsweise wirbt aus tiefer Überzeugung für dieses Berufsbild mit Sätzen wie „The ‚German Schifffahrtskaufmann‘ genießt in der weltweiten maritimen Branche ein sehr hohes Ansehen.“. Die erfolgreiche Vermittlungsaktion innerhalb der Schifffahrtsfamilie, ohne dass auch nur ansatzweise die Agentur für Arbeit damit befasst wurde, löste nach THB-Informationen auch bei der HBT große Freude aus. Keller und Geisler sind sich einig: „In dieser für unsere Branche weiterhin schwierigen Lage ist das in einem ‚Alle-Mann-Manöver‘ Geleistete ein wichtiges Signal. Das ist ein toller Akt der Solidarität in dieser Branche. Und das macht Mut.“
Apropos: Die erfolgreiche Vermittlungsaktion zugunsten des Nachwuchses macht auch vor anderen Mitarbeitern in der Hanjin-Zentrale Am Sandtorpark 6 nicht halt. Wie der THB erfuhr, gab es konkrete Job-Angebote nicht nur aus der klassischen Shipping-Community heraus, sondern auch aus anderen Branchen, allen vor an der Hamburger Speditionswirtschaft oder auch von Verladern. EHA