Quo vadis Schiffsmechaniker?

Mit dem Wiederaufbau der Handelsflotte ab 1950 waren sich die für die Ausbildung der Seeleute zuständigen Behörden einig, dass die bis dahin ungelösten Probleme der seemännischen Ausbildung bewältigt werden sollten. Ziel der Überlegungen war eine geregelte Ausbildung.

Von Holger Jäde, Geschäftsführer Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt e.V.

Um diesen Plan zu verwirklichen, gründeten Bund und Küstenländer, Reeder und Gewerkschaften 1954 den „Verein zur Förderung des seemännischen Nachwuchses e.V.“ Dieser wurde 1980 in „Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt e.V.“, kurz BBS, umbenannt. Mit der Einführung des Seearbeitsgesetzes 2013 ist die BBS nun auch gesetzlich verankert, die zuständige Stelle für die berufliche Bildung in der Seeschifffahrt. Die Mitglieder des Vereins sind der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Küstenländer, der Arbeitgeberverband und die Arbeitnehmer sowie seit März 2016 die Bundeslotsenkammer. Mittlerweile ist die BBS der anerkannte Dienstleister, wenn es um Fragen rund um die Ausbildung in der Seeschifffahrt geht.

Mit dem Inkrafttreten der Schiffsmechaniker-Ausbildungsverordnung im Jahre 1983 wurde ein entscheidender Schritt zur Neugestaltung der Berufsbildung in der Seeschifffahrt getan. Aus der Matrosenausbildung wurde eine qualifizierte, vielseitige und zukunftsorientierte Ausbildung im Gesamtschiffsbetrieb. Im Jahre 1998 wurde seitens der Bundesregierung, als ein schifffahrtspolitisches Konzept, die sogenannte Flexibilisierung der Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV) umgesetzt. Die bisherigen Vorschriften zur Regelbesatzung wurden gestrichen und stattdessen dem Reeder die Verantwortung für die Festlegung der sicheren Schiffsbesatzung zugewiesen.

Mit dem Andauern der Seeschifffahrtskrise und dem weiteren Rückgang der Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge wurde während der 9. Nationalen Maritimen Konferenz 2015 beschlossen, die Schiffsbesetzungsverordnung erneut zu ändern. In der Begründung des Verordnungsgebers zur neuen Schiffsbesetzung vom Juni 2016 heißt es unter anderem, dass die Besatzungskosten einem Vergleich mit anderen europäischen Flaggenstaaten standhalten müssen. Die Änderung führte zu einer Streichung des bisher vorgeschriebenen Schiffsmechanikers.

Rund um diese Entscheidung wird in den sehr emotionalen Diskussionen von Fachleuten die Grundsatzfrage gestellt, inwieweit Schiffsmechaniker überhaupt noch ausgebildet werden sollten. Es sei absurd, Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute erhalten zu wollen und gleichzeitig die vorgeschriebene Anzahl in der SchBesV zu reduzieren. Diese verbreitete Meinung führt weitestgehend dazu, dass die wirklich interessierten Bewerber abgeschreckt werden, überhaupt noch eine Karriere in der Seeschifffahrt zu beginnen. Hinsichtlich der Besetzung stellt sich doch die Frage: In welchem anderen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf bestimmt eine Verordnung darüber, wie viele der ausgebildeten Facharbeiter in den jeweiligen Betrieben beschäftigt werden müssen? Die Akzeptanz für den Ausbildungsberuf sollte den Beschäftigungsbedarf bestimmen. Für die aktiven Reedereien ist die Ausbildung zum Schiffsmechaniker der Weg zur Förderung des eigenen Nachwuchses auf dem Weg zum Leitenden Ingenieur oder Kapitän. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass die Ausbildung der Schiffsmechaniker weitestgehend unter der deutschen Flagge durchgeführt wird. Ein deutliches Mehr an Schiffen unter deutscher Flagge wird auch zu einem Anstieg von Ausbildung und Beschäftigung deutscher Seeleute führen.

Durch die international geltenden Vorschriften des STCW (International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers) in der Fassung der sogenannten Manila Amendments wurde das Berufsbild des Schiffsmechanikers 2013 grundlegend geändert und angepasst. Auch zukünftig werden die betrieblichen Anforderungen der Reedereien in diesem Berufsbild berücksichtigt. In den Zeiten steigender wirtschaftlicher Konkurrenz ist der Einsatz von Schiffsmechanikern eine der wesentlichen Voraussetzung für einen effektiven und sicheren Schiffsbetrieb. Nur eine nachhaltige Personalplanung wird dazu führen, dass sich die nationalen Reedereien auf dem internationalen Markt erfolgreich behaupten können. Es ist schon jetzt erkennbar, das die Qualifikation des Schiffsmechanikers beim Einsatz im Küsten- und Offshore-Bereich sowie auf den Schiffen der Behörden weiterhin gefragt ist. Mit der Erholung der Frachtraten ist davon auszugehen, dass Reedereien wieder vermehrt Schiffsmechaniker auf Schiffen in der weltweiten Fahrt einsetzen werden.

Die deutsche Handelsflotte kann ihre Potenziale nur dann ausschöpfen, wenn hochqualifiziertes Personal an Bord der Schiffe zur Verfügung steht. Da die Anforderungen zukünftig weiter steigen werden, Digitalisierung ist hier nur ein Stichwort, wird es immer unwahrscheinlicher, dass Arbeitnehmer ohne qualifizierte Berufsausbildung an Bord beschäftigt werden.

Die duale Berufsausbildung ist und bleibt die wichtigste Säule zur Qualifizierung des Fachkräftenachwuchses in Deutschland. Die Wahrnehmung dieser Ausbildung, sollte in der Öffentlichkeit und den Schifffahrtsunternehmen deutlich verbessert und positiver dargestellt werden. Denn nur so können wir sicher sein, dass mit diesem Erfolgsmodell weiterhin die maritimen Karrierewege beginnen.

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