Bundeswehr sieht Youtube-Serie "Die Rekruten" als Erfolg
Persönliche Angriffe und Kritik an der Reality-Dokumentation "Die Rekruten" lässt Jerome Demelius einfach an sich abperlen. "Ich lese mir das durch, aber zu Herzen nehme ich mir das nicht", sagt der Matrose im Biwaklager kurz vor dem Abschluss seiner Grundausbildung an der Marintechnikschule Parow.
Einer der Protagonisten der umstrittenen Bundeswehr-Dokumentation zu sein, die seit Anfang November täglich über Youtube ausgestrahlt wird, findet Demelius noch immer spannend, auch wenn die Kommentare zu den Videos teilweise harsch und nicht immer sachlich blieben.
"Ich mach mein Ding hier. Und das ist was zählt", sagt er und grinst. Demelius, der aus Moers stammt, hat einen festen Fahrplan: Nach der Grundausbildung beginnt der 19-Jährige im Januar eine dreimonatige Ausbildung zum Elektroniker. Dann geht es auf den Einsatzgruppenversorger "Bonn".
Der Start der Youtube-Serie, mit der die Bundeswehr um dringend benötigten Nachwuchs wirbt, indem sie die Ausbildung und das Leben von zwölf Rekruten der Marinetechnikschule abbildet, war von Anfang an von einer kontroversen Diskussion begleitet. Die Serie sei verharmlosend, sie würde schon junge Jugendliche mit dem Krieg vertraut machen und Hemmschwelle senken. Auch der Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern an der rund 1,7 Millionen Euro teuren Serie und ihrer sechs Millionen Euro teuren Begleitkampagne kam auf.
Grüne: Unangemessen und teuer
Die Kritik reißt bis heute nicht ab. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Agniezska Brugger, sagte am Mittwoch: "Für diese Werbeserie fast acht Millionen Euro Steuergelder zu verschleudern, ist ein zu teurer Preis für eine reine PR-Show." In fünfminütigen, spielerischen Reality-TV-Folgen sei es unmöglich, mit der angemessenen Tiefe Fragen von Leben und Tod oder die größeren sicherheitspolitischen Zusammenhänge zu thematisieren.
Für die Bundeswehr ist die Serie, die bis Ende Januar ausgestrahlt wird, schon jetzt ein Erfolg: dafür sprächen nicht nur die reinen Klick-Zahlen, sagt der Kommunikationschef für die Arbeitgebermarke Bundeswehr, Dirk Feldhaus. Nach dem Start der Serie habe es auf der Karrierewebseite der Bundeswehr 40 Prozent mehr Zugriffe gegeben. In der Karrierehotline seien ein Viertel mehr Anrufe eingegangen. "Es ist uns gelungen, die Bundeswehr zum Pausengespräch auf vielen Schulhöfen in Deutschland zu machen."
Ob es nun zu mehr Bewerbungen für eine Ausbildung bei der Bundeswehr kommt, sei abzuwarten. Nach dem Aussetzen der Wehrpflicht muss die Bundeswehr wie andere Arbeitsgeber verstärkt um Nachwuchs werben. Vor allem bei der Marine seien mehrere hundert Stellen vom Elektroniker bis zum Techniker zu besetzen.
Kritik zurückgewiesen
Kritik, die Serie sei verharmlosend, wies Feldhaus zurück. Die Rekruten und Ausbilder sprächen sehr offen über die Risiken des Soldatenberufs, sie redeten über Auslandseinsätze und auch über die Themen Tod und Verwundung. So hätten gerade das Special zum Einsatz der Bundeswehr im Ausland und die Folge über den ersten Waffenkontakt die meisten Klick-Zahlen erreicht. Über 100.000 Kommentare seien Ausdruck einer intensiven Diskussion.
Von den zwölf Rekruten, die die Bundeswehr seit Oktober mit der Kamera begleiten ließ, schließen elf ihre Grundausbildung ab. Ein junger Mann gab nach wenigen Wochen auf. Auch das wurde in der Serie gezeigt. Damit liegt die Abbrecherquote bei den Youtube-Rekruten unter dem Durchschnitt. Im Mittel beendet rund ein Viertel der jährlich rund 20.000 Rekruten ihre Grundausbildung nicht.
Jerome Demelius zieht ein positives Fazit. Die Grundausbildung habe ihn ruhiger gemacht. Grundsätzlich sei für ihn alles so gekommen, wie erhofft, berichtet er. Auf die Frage, ob er Bedenken vor künftigen Auslandseinsätzen habe, sagt er: "Man macht sich darüber Gedanken, wenn es näher kommt." (mv)