Junge Menschen begeistern, gewinnen und Qualifizierung konsequent weiter fördern

Bremen ist nach Hamburg der zweitwichtigste Ausbildungsstandort für Schifffahrtskaufleute.

Von Achim Bock und Roland Kutscha

In der Weser-Metropole treten jedes Jahr zwischen 45 und 55 Jugendliche ihre Ausbildung in diesem Berufsbild an. Das ist nur auf den ersten Blick keine besonders große Zahl.

Die Vereinigung Bremer Schiffsmakler und Schiffsagenten e.V. (VBSS) fühlt sich dem Thema Ausbildung seit vielen Jahren verpflichtet. Dafür stehen auch die beiden Ausbildungsbeauftragten Achim Bock, von der Reederei COSCO, und Ronald Kutscha von der Firma PWL.

Bremen gilt als die Stadt der kurzen Wege. Jeder kennt hier jeden. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, warum viele Dinge schnell und problemlos umgesetzt werden können.

Als vor nunmehr zwölf Jahren zwei Vertreter der Berufsschule für den Großhandel, Außenhandel und Verkehr (GAV) Kontakt zu den Ausbildungsbeauftragten aufnahmen und die Idee des „Bremer Modells“ vorstellten, war es eine Frage von wenigen Tagen und die Schiffsmaklervereinigung wurde eines der Gründungsmitglieder dieses beispielgebenden Modells. Es ist unter dem Namen „BIHV Bremer Institut für Handel und Verkehr“ ein Begriff. Mehr noch: In Bremen ist diese Plattform ein Vorzeigemodell eines gelungenen Pu blic Private Partnership (PPP) zwischen Berufsschule, Bildungssenatorin und der Wirtschaft. Die Branchen Spedition, Marketing, Großhandel und Schifffahrt, die an der GAV vertreten sind, können hier ihren engagierten Auszubildenden parallel zur Lehre ein BWL-Studium anbieten. Nach der Lehre kann berufsbegleitend der Bachelor und sogar der Master draufgesattelt werden. Für die Wirtschaft ergeben sich hierdurch mindestens drei große Vorteile. Erstens kann man engagierten Nachwuchs mit diesem dualen Studium akquirieren. Zweitens verliert man diese jungen und engagierten Menschen nicht mehr nach der Lehre an Universitäten und Hochschulen, und „last but not least“ erhält man nach Abschluss der Ausbildung hoch qualifizierte Mitarbeiter, die mit ihrem Wirken dazu beitragen, die Zukunft der Unternehmen zu sichern.

In Bremen wie an allen Schifffahrtsstandorten gab es während der zurückliegenden Jahrzehnte die „Luxussituation“ für die Unternehmen, ihre Azubis in spe aus dem großen Kreis der jungen Abiturienten gewinnen zu können. Es sei an dieser Stelle nochmals in Erinnerung gerufen, dass dieser Beruf weiterhin auch für Hauptschüler und Realschüler zugänglich und erlernbar ist.

Der demografische Wandel wird sicher viele Betriebe zu einem Umdenken zwingen, denn in einigen Jahren wird diese große Zahl von Abi tu rien ten nicht mehr zur Verfügung stehen, weil es einfach weniger Schulabgänger geben wird. Natürlich wurden in Bremen auch die Wissensunterschiede zwischen Realschülern und Abiturienten, besonders im Hinblick auf die Entwicklung der Englischkenntnisse, erkannt. Auch hier wurde gemeinsam mit Schule, Bildungssenatorin und Wirtschaft ein Modell entwickelt, das sich kurz „EHH/DQ“ nennt. Die Abkürzung steht für „Einjährige Höhere Handelsschule – Doppelqualifizierend“. Und das funktioniert so: Gute Realschüler stellen sich bei ausgesuchten Firmen vor und können bei Qualifikation einen Vorvertrag zur Lehre erlangen. An der Berufsschule GAV werden die jungen Leute ein Jahr lang für den Logistikberuf fit gemacht. Besondere Bedeutung haben hier Englisch, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Teamfähigkeit und Selbstständigkeit. Nach erfolgreichem Abschluss der Höheren Handelsschule erhalten die Realschüler einen aus dem Vorvertrag garantierten Lehrvertrag über zweieinhalb Jahre. Mit Abschluss der Berufsausbildung wird sogar noch die Fachhochschulreife erworben. Bedingt durch die begrenzte Anzahl der Azubis gibt es in Bremen keine nach „Trampfahrt“ und „Linienfahrt“ getrennten Klassen. Die jeweiligen Arbeitsschwerpunkte werden jedoch vermittelt und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen getrennt geprüft.

Die für Schifffahrt zuständigen Lehrer der Berufsschule werden als sehr engagiert wahrgenommen, was sich in Gestalt von Klassenfahrten zu den Westhäfen und anderen Exkursionen widerspiegelt.

Das neue Lehrbuch „See-Schiff-Ladung“, herausgegeben vom Verband Deutscher Reeder (VDR) sowie dem Zentralverband Deutscher Schiffsmakler (ZVDS) hat leider erst teilweise im Unterricht Einzug gehalten. Ein Grund dafür ist, dass nicht alle Azubis mit diesem Buch von ihren Lehrfirmen ausgestattet sind. So wird noch mit Fotokopien des veralteten Vorgängerbuches gearbeitet. Es wäre aber angemessen, wenn alle Azubis ihr eigenes Lehrbuch erhielten, in dem dann auch mal persönliche Notizen gemacht werden können und das die jungen Leute auch nach der Lehre während ihrer ersten Berufsjahre begleitet.

Bei der Entwicklung der bundeseinheitlichen zen tra len Prüfung arbeitet Bremen sehr eng und kon struk tiv mit Hamburg zusammen. Trotz aller ursprünglichen Bedenken gibt es hier sehr viele Gemeinsamkeiten, die auch zum Wohle der anderen Schifffahrtsstandorte umgesetzt werden.

Bei allem Positiven haben die beiden Ausbildungsbeauftragten, die auch zwei der drei Prüfungsausschüsse leiten, noch einige Wünsche, die sich mehr an die Berufskollegen richten.

Obwohl in den bremischen Häfen alle Schifffahrtsaktivitäten stattfinden und somit den Azubis vermittelt werden könnten, gibt es hier aus unserer Sicht noch Raum für Verbesserungen. Unternehmen beispielsweise, die nicht mehr selbst ihre Schiffe klarieren, sollten ihre Dienstleister bitten, dass ihre Azubis für einige Tage die Waterclerks bei ihrer Arbeit begleiten können, um deren wichtiges Arbeitsfeld kennenzulernen.

Sehr nutzbringend wäre auch, wenn es den Azubis ermöglicht werden könnte, mit einem Schiff mitzureisen, um ein persönliches Gespür für das besondere Leben an Bord zu entwickeln. Denn in ihrem Beruf dreht sich nun einmal alles um das Seeschiff. Das zeigt ganz unzweideutig der Name des Berufsbildes.

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