Marine für junge Menschen erlebbar machen

Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr hatte auch das Aussetzen der verpflichtenden Einberufung zum Wehrdienst weitreichende Auswirkungen auf die Marine.

Von Fregattenkapitän Alexander Stolz und Oberleutnant zur See Simon Stuhde, Marine kommando Rostock

Die Personalgewinnung stellt dabei mehr denn je eine zentrale Herausforderung dar, die neue Ansätze erfordert. Auf dem Arbeitsmarkt führt der demografische Wandel zu einem zunehmenden Fachkräftemangel, den die Marine mittlerweile auch deutlich zu spüren bekommt. Insbesondere im Flottenalltag äußert sich dies in signifikanten Mehrbelastungen für das vorhandene Personal, da dieses den Personalmangel kompensieren muss. Besonders groß ist der Bedarf an Mannschaften und Unteroffizieren auf Gesellenebene, vor allem im Bereich der technischen Verwendungsreihen. Vor allem im Bereich Elektrotechnik, bei den metallverarbeitenden Berufen und im Bereich Elektronik fehlen die Bewerber.

Um den Bedarf zu decken, passt die Personalgewinnung ihre Verfahren aktuell an und geht neue Wege, um die Marine als attraktiven Arbeitgeber mehr in den Fokus junger Menschen zu rücken. Da Internet und Social Media für viele, gerade junge Menschen ein erster Anlaufpunkt sind, kommt Facebook, Youtube und eigens betriebenen Portalen wie „Bundeswehr-Karriere.de“ oder „Marine.de“ eine hohe Bedeutung zu. Neben Informations- und Unterhaltungsangeboten kann man sich dort auch über konkrete Laufbahnmöglichkeiten informieren sowie für einen mehrtägigen Truppen besuch in Kiel anmelden.

Wem das noch nicht reicht, der kann sich auch für ein freiwilliges Praktikum bei der Marine bewerben. Die Marine hautnah erlebbar zu machen, ist Ziel dieser Angebote. In erster Linie richten sie sich an junge Erwachsene, die vor ihrer ersten Berufswahl stehen, also auch ihre berufliche Erstausbildung bei der Bundeswehr absolvieren wollen, oder am Arbeitgeber Bundeswehr Interessierte, die in ihrem erlernten Beruf ein neues Betätigungsfeld suchen. Seefahrt und das Leben an Bord hautnah zu erfahren, ist für die Interessenten im Rahmen ihrer Entscheidung für oder gegen die Marine als künftigen Arbeitgeber essenziell.

Die Marine stellt deshalb seit einem Jahr extra für diesen Zweck zwei Truppenwerbeplattformen ab. Die beiden Minenjagdboote „Herten“ und „Ueberherrn“ wurden von ihren bisherigen Aufgaben entbunden und sorgen in ihrer neuen Rolle für zielgruppengerechte Ansprache und authentische Information.

Neben dem klassischen Truppenbesuch als ganzjährigem Angebot hat die Marine zudem die Sonderaktion „Marine Live!“ ins Leben gerufen. Anfangs als einmaliges Event geplant, wird die Aktion nach großem Erfolg nun jährlich fortgesetzt. Ebenfalls in Kiel stattfindend, kommen dabei mehrere unterschiedliche Marineeinheiten für mehrere Wochen zusammen. Dieses Jahr findet „Marine Live“ vom 28. September bis 6. November gezielt unter dem Motto „Technik und Meer …“ statt. Der Technikbezug soll junge Frauen und Männer, die sich für eine berufliche Tätigkeit in diesem Bereich interessieren, besonders ansprechen und ihnen die technischen Verwendungs- und Ausbildungsmöglichkeiten bei der Marine näher bringen. Natürlich entscheidet sich nicht jeder Teilnehmer von „Marine Live!“ oder anderen Veranstaltungen unmittelbar für die Marine. Unentschlossene erhalten auf Wunsch auch nach der Teilnahme an diesem Programm eine fundierte Beratung durch qualifiziertes Fachpersonal.

Die Karriereberater der Bundeswehr stellen den Interessenten die möglichen Laufbahnmodelle umfassend vor und gehen dabei auf individuelle Rahmenbedingungen ein. Dieser Aufwand ist auch nötig, denn die Zeiten, in denen die Rekruten von alleine durch das Kasernentor kamen, sind längst vorbei.

Neben diesen externen Maßnahmen zur Personalgewinnung ergreift die Marine auch interne Maßnahmen. Eine umfassende Auseinandersetzung mit den aktuellen Aspekten und Tendenzen der Personalentwicklung lieferte die Erkenntnis, dass in der Laufbahngruppe der Mannschaften nicht nur ein erhebliches Interesse an langen Verpflichtungsreichweiten, sondern auch ein großer Bedarf an einer höheren persönlichen Qualifikation besteht. So bietet die Marine derzeit Mannschaften mit einem für die technischen Verwendungsreihen verwertbaren Berufsabschluss in einem ersten Maßnahmenpaket die Möglichkeit, an einer Höherqualifizierung teilzunehmen. Infrage kommen hierfür Mannschaften aus Bordverwendungen mit nachgewiesener Eignung in ihrer Verwendungsreihe. Nach Abschluss der kombinierten militärfachlichen Ausbildung werden sie dann mit zuerkannter Ausbildungshöhe fachspezifisch auf Gesellenebene an Bord, möglichst auf ihrer bisherigen Einheit eingesetzt.

Mit dieser Maßnahme können die höher qualifizierten Mannschaften mit zunehmender Dienstzeit in ihrer Laufbahn auf eine fundierte Berufserfahrung verweisen, was den Wechsel in die zivile Berufswelt erheblich erleichtert und über den Berufsförderungsdienst (BFD) weitere Qualifikationen bis zur Meisterebene ermöglicht. Ein späterer Wechsel in die Laufbahn der Unteroffiziere bleibt gleichfalls möglich.

Alle bislang gesammelten Erfahrungen im Zusammenhang mit der Mannschaftslaufbahn in der Marine zeigen, dass diese Laufbahn auch von Bewerbern ohne Beruf sehr positiv angenommen wird. Werden diese entsprechend ihrem fachlichen Status unterhalb der Ge sel len ebe ne eingesetzt, wachsen sie während ihrer Dienstzeit in die Bordstruktur und das Aufgabenfeld hin ein. Auch hier entwickelt sich häufig der Wunsch nach einer langfristigen dienstlichen Perspektive, verbundenen mit einer fachlichen Höherqualifizierung.

In einem zweiten Maßnahmenpaket bietet die Marine daher im Rahmen eines Pilotprojekts geeigneten Mannschaften in technischen Verwendungsreihen eine Zivile Aus- und Weiterbildung (ZAW) zum Feinwerkmechaniker, Elektroniker für Geräte und Systeme oder Elektroniker für Betriebstechnik an. Der erfolgreiche Abschluss dieser Maßnahme bildet dann die Grundlage für eine Teilnahme an der kombinierten Militärfachlichen Ausbildung. Nach einer eventuellen typspezifischen Systemausbildung (TSSA) erfolgt die Einsteuerung in eine fachspezifische Bordverwendung auf Gesellenebene.

Diese ZAW für Mannschaften wird, beginnend im Januar 2016, bis Dezember 2018 mit je zwei Durchläufen pro Ausbildungsberuf an der Marinetechnikschule (MTS) in Parow durchgeführt. Die 21-monatigen Lehrgänge schließen mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer ab.

Mit diesen internen Maßnahmen beschreitet die Marine neue Wege für die Personalregeneration qualifizierter Fachkräfte und reagiert auf die abnehmende Verfügbarkeit technischer Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt und die damit einhergehenden abnehmenden Bewerberzahlen.

Obwohl die Personalgewinnung deutlich positive Tendenzen aufweist, kann man noch nicht von einer Entspannung der Personallage sprechen.

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