Wo Polizisten und Zöllner Seeleute werden

Umweltsünder aufspüren, Frachter boarden, Verdächtige festnehmen – Polizisten auf See müssen zum Teil noch mehr können als ihre Kollegen an Land. Deshalb drücken ausgebildete Beamte in Neustadt noch einmal die Schulbank.

In dem kleinen Technikraum riecht es durchdringend nach Schweröl. Auf einem Tisch steht auf einer Heizplatte ein Topf mit einer schwarzen Masse. Ein Dutzend Männer schaut gebannt zu, wie sie durch das Erwärmen zunehmend dünnflüssiger wird. Die Männer sind Teilnehmer eines Fortbildungsmoduls zum Thema Schiffstechnik im Maritimen Schulungs- und Trainingszentrum (MaST) der Bundespolizei in Neustadt. „Das MaST ist gewissermaßen die Seefahrtschule der Bundespolizei“, sagt deren Leiter Holger Mühlstein. „Hier werden Polizisten und Zollbeamte zu Seeleuten.“

Gunnar Kelling atmet den Schwerölgeruch genussvoll ein. „Wie in alten Zeiten“, sagt der Zollhauptsekretär aus Rostock und lächelt versonnen. „Ich habe eine Ausbildung bei der Handelsmarine gemacht und bin dann zum Zoll gegangen. Wenn man einmal zur See gefahren ist, lässt einen das nicht mehr los“, erzählt er. Vom maschinentechnischen Beamten auf dem Zollboot „Usedom“ will er sich jetzt zum Leitenden Maschinisten weiterbilden.

Seit 2005 erhalten Beamte der Bundespolizei, die zur Bundespolizei See wechseln wollen, im MaST ihre Zusatzausbildung, seit 2007 ist auch der Zoll dabei.

„Hier lernen die Beamten alles, was man als Polizist auf See braucht“, sagt Fachgruppenleiter Andreas Krude. „Das reicht von der Maschinenkunde über Nautik und Kommunikation bis zur Knotenkunde. Aber auch das Bergen Verunglückter aus dem Meer, das Abseilen aus einem Hubschrauber und das Erklimmen von hohen Bordwänden über eine Hängeleiter gehören dazu“, zählt er auf.

Jedes Jahr beginnen 16 Beamte die 18 Monate dauernde Verwendungsfortbildung, wie es im Behördendeutsch heißt – jeweils acht von der Bundespolizei und vom Zoll. „Bei der anschließenden Anpassungsfortbildung, die noch mal sechs Monate dauert, werden dann aus Seeleuten Fachkräfte wie Nautiker, Techniker oder Ingenieure“, sagt Mühlstein.

So ein Programm absolviert auch Karina Paul. „Ich bin zur Zeit nautische Kommunikationsbeamtin auf einem Einsatzschiff und will Wachoffizierin werden und das Schiff eines Tages auch selbst fahren dürfen“, sagt sie. Dafür drückt sie noch einmal sechs Monate die Schulbank in Neustadt, lernt den Umgang mit elektronischen Seekarten, GPS und Radar.

Die aus Thüringen stammende Mutter von drei Kindern ist eine von wenigen Frauen bei der Bundespolizei See. Rund zehn Prozent der 450 seefahrenden Beamten im Direktionsbereich Bundespolizei See, zu dem außer dem Standort Neustadt auch Rostock und Cuxhaven gehören, sind Mühlsteins Worten zufolge Frauen. „Der Dienstrhythmus – sechs Tage auf See und drei bis fünf Tage frei – ist nicht gerade familienfreundlich“, gibt Mühlstein zu. In der gesamten Bundespolizei beträgt der Frauenanteil etwa 20 Prozent.

Das MaSt sei auch international vernetzt, betont Frank Goerke, Leiter des Direktionsbereichs Bundespolizei See bei der Bundespolizeidirektion in Bad Bramstedt. „Gemeinsam mit anderen europäischen Küstenwachen planen wir ein Netzwerk zum Austausch von Ausbildungsmodulen“, sagt er. Ziel sei es, einheitliche Standards zu definieren und zu etablieren. lno/ger

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