BDB sieht Branche zu Unrecht am Pranger

Auch mit Diesel-Fahrverboten wäre die Stickoxid-Belastung in Städten am Rhein weiterhin zu hoch.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Masterarbeit der Universität Duisburg-Essen. Grund dafür soll die Belastung durch die Binnenschifffahrt sein. Verfasser der Studie ist der Physikstudent Lennart Korsten. Er hat für seine Arbeit verschiedene Szenarien zu unterschiedlichen Umrüstungen von Diesel-Fahrzeugen analysiert und Prognosen abgegeben.

Korsten bezieht sich in der Masterarbeit auf Daten des Gas- und Wärme-Instituts in Essen von 2015. Auf deren Grundlage untersuchte er, wie sich die Stickoxid-Belastung in den Städten verändern würde, wenn es im Jahr 2030 keine Diesel-Pkw mehr gäbe. Sein Ergebnis: Wenn alle Diesel-Fahrzeuge an Ruhr und Rhein umgerüstet würden auf Benzin, wäre das Problem nur an der Ruhr gelöst. In allen großen Städten entlang des Rheins bliebe die Belastung aufgrund der Schifffahrt immer noch viel zu hoch – so in Köln, Düsseldorf und Bonn.

„Wie müssen Schiffe umgerüstet werden?“, lautet für Michael Schreckenberg, Gutachter und Professor an der Universität Duisburg-Essen, eine der zentralen Fragen, die sich aus den Ergebnissen ergeben. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) bezieht Stellung – nicht zur Frage des Professors, sondern auf das aus seiner Sicht „nur wenig Fachliches“ bekannte „aus dieser bislang nicht frei zugänglichen Abschlussarbeit des Studenten“.

Die Erkenntnisse lösen laut BDB einige Nachfragen aus. Der Verband beruft sich auf Berechnungen der Bezirksregierung Düsseldorf, wonach nur sieben Prozent der Stickoxide in der NRW-Landeshauptstadt auf die Binnenschiffe entfielen und 40 Prozent der Emissionen durch Pkw verursacht würden.

Der BDB weiter: Bei der Beschreibung der Untersuchung spreche Schreckenberg gegenüber den Medien ausdrücklich nur von einem Verzicht auf Diesel-Pkw. „Die heute im Stadtverkehr anzutreffenden Lkw und der gesamte Liefer-, Bau- und Monteursverkehr, der nahezu vollständig dieselbetrieben ist, wurden in der Studie also offenbar nicht betrachtet“, schlussfolgert der Verband. Es finde sich auch kein Hinweis darauf, dass die zahlreichen anderen mit Diesel betriebenen Motoren, die in Innenstädten regelmäßig anzutreffen sind, berücksichtigt wurden. Zu nennen seien etwa im Schienenverkehr die Lokomotiven und Triebwagen oder im ÖPNV die Omnibusse. Auch Stickoxidemissionen durch Heizungen oder durch Verbrennungsprozesse in der Industrie bringt der BDB ins Spiel. Und: Die Binnenschifffahrt investiere gerade „massiv in die Erneuerung von Maschinen, Filtern und Katalysatoren“.

Studien der Bundesanstalt für Gewässerkunde und Berechnungsverfahren zur Ermittlung der schifffahrtsbedingten Luftschadstoffbelastung an Wasserstraßen aus dem Jahr 2015 zeigen laut BDB, „dass bereits am Flussufer, spätestens aber in einer Entfernung von rund 100 Metern von der Fahrrinne, keine Zusatzbelastungen an Schadstoffen nachweisbar sind, die ausschließlich von Binnenschiffen hervorgerufen werden“. Normierte Messmethoden zur Ermittlung der auf die Binnenschifffahrt entfallenden Schadstoffbelastungen in den Innenstädten gäbe es bis heute nicht. Das Bundesverkehrsministerium habe hierzu kürzlich ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Zumindest die Politik ist alarmiert. Schreckenberg wurde vergangene Woche vor den Ausschüssen für Umwelt und Verkehr des nordrhein-westfälischen Landtags als Sachverständiger zum Thema Innenstadtverkehr und Schadstoffemissionen angehört. Ministerpräsident Armin Laschet hatte die Masterarbeit bereits angefragt. Die Arbeit wird Ausgangspunkt für weitere Studien sein, ist Schreckenberg überzeugt. fab

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