„Kaiserlicher Anpfiff“ zur Doppelschiffstaufe

Doppel-Namensgebung aus der Möwenperspektive: Die Reederei Reich ließ in Lauenburg zwei neue Binnentanker taufen, Fotos: Timo Jann

Klein, aber mit großem Schiff: Taufpatin Holly Reich (M.), eingerahmt von Onkel Sören und Firmenchef und Opa Markus Reich nach geglückter Taufe
Fast 20 Millionen Euro investieren die mittelständischen Reich Schifffahrtsbetriebe aus Lauenburg/Elbe in die Erneuerung und Leistungssteigerung ihrer Binnentanker-Flotte, die dann aus vier modernen Einheiten bestehen wird.
Am vergangenen Sonnabend fand am Firmensitz in Lauenburg, zugleich einer Stadt mit einer langen Binnenschiffstradition, eine nicht alltägliche Doppeltaufe statt.
Dabei sind es genau genommen drei Einheiten, alle mit Doppelhülle, auf einen Streich, die das von Markus Reich und seiner Ehefrau Heike 1994 gegründete Unternehmen in den Niederlanden bestellt hatte. Der Vertrag wurde dabei mit der Groningen Ship yard geschlossen. „Ein weiterer Neubau ist im Bau, wir erwarten ihn zum Jahresende“, berichtete Markus Reich dem THB. Das dritte Schiff, die „Saskia Reich“, konnte nicht bei der Taufe in Lauenburg dabei sein. Der rund 110 Meter lange Binnentanker operiert schwerpunktmäßig auf dem Rhein. Eine Überführungsfahrt vom Rhein bis an die Elbe, unter Einbeziehung auch küstennaher Gewässer entlang der Nordseeküste kam nicht in Frage, weil es dafür keine entsprechende Ausnahmegenehmigung gab. Aus Gründen der Schiffssicherheit. Immerhin: Für den mittelständischen Familienbetrieb stellt das Neubauprogramm eine erhebliche Kraftanstrengung dar. Denn jedes Schiff kostet vier beziehungsweise bis zu 5,5 Millionen Euro.
Die beiden kleineren Binnentanker, „Holly Reich“ und „Lisa Reich“, haben ihren Einsatzschwerpunkt auf der Elbe, und zwar im Wechselverkehr zwischen dem Seehafen Hamburg und dem nachgelagerten deutschen Kanalnetz, über das wichtige Bestimmungen wie etwa Hildesheim, Magdeburg oder Berlin erreicht werden. Markus Reich: „Wir fahren als Subunternehmer für größere Reedereien, die wiederum große Kontrakte mit den Mineralölkonzernen wie BP und Shell haben.“ Neben Mineralölen werden aber auch chemische Produkte transportiert. „Schon meine alten Schiffe waren mit Doppelhülle ausgestattet, das war mir immer wichtig. Heute ist das ja anders gar nicht mehr zulässig“, ergänzt er.
Zwei jeweils 500 PS starke Volvo-Motoren bilden den Hauptantrieb für die modernen Binnentanker. „Sie sind sparsam und emissionsarm, und wir haben auch die Möglichkeit, Abgasfilter nachzurüsten, sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geklärt sind“, sagt der Unternehmer. Ein dritter Volvo-Motor an Bord erzeugt die Energie, die für die Arbeit des Bugstrahlruders benötigt wird.
„Die ‚Holly Reich‘ fährt sich einfach klasse. Vorher habe ich die 1959 gebaute ‚Nautic‘ gefahren, da liegen Welten zwischen“, schwärmt Schiffsführer Sascha Merkens von seinem neuen Arbeitsplatz. In den fünf Tankkammern – sie sind binnen fünf Stunden mit Ladung befüllt – können zusammen rund 1300 Tonnen Kraftstoff geladen werden. Aktuell pendelt die „Holly Reich“ zwischen Rotterdam und Hamburg und transportiert dabei Biodiesel. Zwei Schiffsführer und ein Matrose sind jeweils drei Wochen an Bord. Anschließend haben sie drei Wochen frei.
Der eigentliche Taufakt in Lauenburg entwickelt sich zu einem großen Fest, zu dessen Gelingen neben den Familienmitgliedern auch viele Freunde und Geschäftspartner sowie zahlreiche Schaulustige beitrugen. Auch das Wetter spielte mit. Und dann gab es noch einen besonderen „kaiserlichen Anpfiff“: Denn das schwimmende Wahrzeichen Lauenburgs, der historische Raddampfer „Kaiser Wilhelm“, 1899 bis 1900 von der Dresdner Maschinenfabrik und Schiffswerft AG in Dresden-Neustadt gebaut (Bau-Nr. 386) und zunächst viele Jahzehnte auf der Weser im Einsatz, entbot nach erfolgreicher Taufe einen kräftigen Gruß aus der historischen Dampfpfeife. Ihren bislang größten Einsatz hatte indes die zweijährige Holly Reich. Sie taufte „ihr“ Schiff, die 86 Meter lange „Holly Reich“. Das Fahrzeug gehört Reeder Markus Reich und seinem Sohn Sören. Die baugleiche „Lisa Reich“ leitet ihren Namen von der Mutter des Firmengründers ab. Auch er ist an diesem Schiff beteiligt, genauso wie sein zweiter Sohn, Sebastian Reich. Noch bis weit in den Sonnabend-Abend hinein lief diese nicht alltägliche Tauffeier ab, über die man auch in der Schifferstadt Lauenburg sicherlich noch einige Zeit reden dürfe. EHA/tja