Tiefseeforschung in der Arktis

Im Dienst der Wissenschaft: Die „Polarstern“ hat jetzt wieder Kurs auf die Arktis genommen, Foto: AWI, Stefan Hendricks
Die „Polarstern“ ist wieder auf Arktiskurs. Das deutsche Forschungsschiff hat jetzt Bremerhaven verlassen und die letzte reguläre Fahrt ins Nordpolarmeer gestartet, bevor es im Herbst 2019 zu einer abenteuerlichen Reise aufbrechen wird. Dann wird sich die „Polarstern“ für knapp ein Jahr in der Zen tralarktis einfrieren lassen.
Auch auf der aktuellen Expedition geht es in die Region, aber nur für sechs Wochen, teilte das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung mit. Der erste Fahrtabschnitt führt den Eisbrecher ins norwegische Tromsø, danach geht es nach Grönland. Zahlreiche Messungen stehen an. Die Biologen unter den 48 teilnehmenden Forschern interessiert vor allem, welche Arten von Mikroalgen oder Flohkrebsen das wärmer werdende Atlantikwasser in die Arktis transportiert. Deren Verbreitung bestimmt mit, was in die Tiefsee absinkt und dort den Bodenlebewesen als Nahrung dient. Aber darum geht es nicht ausschließlich. Denn die Wissenschaftler wollen auch ihre Untersuchungen zur Müllbelastung der Meere fortsetzen. Seit 16 Jahren fotografiert ein Kamerasystem den Meeresboden in der arktischen Tiefsee. Auswertungen sollen zeigen, ob und in welchem Ausmaß die Vermüllung weiter zunimmt.
Der Meeresmüll insgesamt steht jedenfalls weit oben auf der Umweltschutzagenda – nicht nur bei Aktivisten und Forschern, sondern mittlerweile auch in Politik und Gesellschaft. Kein Problem der Meere treibt die Deutschen so um wie der Plastikmüll, ergab jüngst eine Umfrage des Bundesumweltministeriums. 96 Prozent der Bundesbürger sehen in tonnenweise Flaschen, Tüten und was sonst im Wasser treibt ein Problem, 78 Prozent ein „sehr großes“. Was einst ein Rand thema war, bekommt heute große Aufmerksamkeit. Auch in Teilen der Wirtschaft findet ein Umdenken statt. Einweg-Plastikprodukte werden zunehmend aus dem Verkehr gezogen. Zuletzt kündigten auch Unternehmen aus der Schifffahrt entsprechende Maßnahmen an – etwa die Hurtigruten-Reederei (thb.info 27. April 2018).
Doch der Kampf gegen Plastikmüll in den Meeren ist lediglich ein Teil des marinen Umweltschutzes – wenngleich ein essenzieller. Die Probleme hören dort aber nicht auf: Korallenriffe sterben ab, Fischer fangen zu viel, Abwasser und Dünger verschmutzen das Wasser. Die Offshore-Öl- und Gasförderung birgt stets große Risiken, und die Arktis soll für die Handelsschifffahrt erschlossen werden. Ein weiterer Schritt steht ebenfalls schon bevor: Tiefseebergbau. Welche Folgen solche Aktivitäten für den Lebensraum Tiefsee haben können, ist bislang kaum bekannt. Umso wichtiger ist die Rolle der Meeresforschung, eben auch an und von Bord der „Polarstern“. ger