Totalausfall bei den Marinetanker-Oldies

Die unter anderem durch zahlreiche Auslandseinsätze stark belastete und zugleich unter einem Fehl an Schiffen leidende Deutsche Marine bleibt vom Pech verfolgt: Jetzt ist gewiss, dass die über 40 Jahren alten beiden großen Flottentanker „Spessart“ (A 1442) und das Schwesterschiff „Rhön“ (A 1443) bis auf Weiteres ausfallen.

Das teilte die Deutsche Marine auf ihrer Homepage mit und lässt dabei den Sachverhalt durch den Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, erläutern. Ein Grund: Auf den beiden, einst auf der Rendsburger Kröger-Werft für einen zivilen Kunden gebauten Schiffen sind die Hauptmatmaschinen vollständig ausgefallen. Bei dem Motor, der seine Leistung auf eine Antriebswelle überträgt, handelt es sich um einen Zwölf-Zylinder-Dieselmotor mit einer Leistung von rund 8000 PS/5880 kW. Sie erlauben dem Schiff eine Dienstgeschwindigkeit von rund 16 Knoten.

Wie es bei der Marine weiter heißt, wurde der Hauptmotor der „Spessart“ zuletzt im Januar dieses Jahres instand gesetzt. Und weiter: „Das Schiff hatte danach eine befristete Klassifizierung von DNV GL erhalten.“ Der Hauptmotor der baugleichen „Rhön“, die zunächst als „Okene“ für private Rechnung in Dienst gestellt wurde, erhielt zuletzt im Sommer 2017 eine „umfangreiche“ Instandsetzung. Wie es weiter durch das Marinekommando in Rostock heißt, hatte der DNV GL erst im April dem Betriebsstofftanker „Rhön“ und nun auch der „Spessart“ (ex „Okapi“) aufgrund von Schäden am Hauptmotor die Klasse entzogen. Die Marine weiter: „Infolgedessen hatte dann die öffentlich-rechtliche Aufsicht der Bundeswehr, die Aufsichtsbehörde für Wasserfahrzeuge der Bundeswehr, angeordnet, den beiden Einheiten aufgrund der nicht sicheren Teilnahme am Seeverkehr die sogenannte Sicherheitstechnische Bescheinigung zu entziehen.“

Für die Marine hat der Verlust der beiden zum Trossgeschwader gehörenden Schiffe gravierende operative Folgen. Zwar gibt es mit den beiden Tankern „Ammersee“ (A 1425) und „Tegernsee“ (A 1426) noch zwei Schiffe, die für Versorgungsaufgaben zur Verfügung stehen. Doch die beiden Einheiten der Klasse 703, einst als Viererserie in den späten 1960er-Jahren auf der Kieler Lindenau-Werft für die (damalige) Bundesmarine gebaut, sind für den Einsatz in küstennahen Gewässern konzipiert. Admiral Krause: „Den Ausfall der Tanker können wir nicht kompensieren. Dazu ist die Marine inzwischen zu klein geworden.“ Und das hat jetzt konkret zur Folge: „Der ständige maritime Einsatzverband der NATO SNMG 1 muss zunächst auf die deutsche Unterstützung verzichten“, stellt Admiral Krause klar.

Bei diesem Verband handelt es sich um eine internationale Flottenformation aus NATO-Einheiten, die sich vor allem um die Kontrolle und den Schutz „strategisch wichtiger Seewege“ zu kümmern hat. Bedeutet: Das Hauptope rationsgebiet ist der Nordatlantik und die Nordsee. Der Verband ist aber so aufgestellt, dass er bei Bedarf sofort auch in andere Krisengebiete verlegt und dort eingesetzt werden kann.

Als Ersatz für die anstehende NATO-Verpflichtung der „Spessart“ im zweiten Halbjahr 2018 käme für die Marine als Übergangslösung einer der drei Einsatzgruppenversorger (EGV) der Klasse 702, also die „Frankfurt am Main“ (A 1412), die „Berlin“ (A 1411) oder die „Bonn“ (A 1413), infrage. Auch diese Schiffe sind für eine – begrenztere – Treibstoffversorgung in See ausgelegt. Das Problem: Die drei Logistikschiffe, von denen 2017 aufgrund von Havarie, technischen Problemen und langen Werftliegezeiten zeitweise keine einzige Einheit verfügbar war, sind von der Marine bereits fest verplant: für die Operation „Sophia“ im Mittelmeer, NATO-Aktivitäten in der Ägäis oder auch die für einen stabilen Flottenbetrieb unverzichtbare vorbereitende Einsatzausbildung.

Und wie geht es jetzt mit „Spessart“ und „Rhön“ kurzfristig weiter? Das Marinekommando in Rostock kommuniziert dazu aktuell diese Perspektive: „Eine Reparatur der beiden Betriebsstofftransporter ist nicht vor dem vierten Quartal 2018 zu erwarten. Trotz umfangreicher Befundungen des Motors ist die exakte Schadensursache weiterhin unklar. Als ersten Schritt lässt die Marine daher zunächst den Antriebsdiesel der ‚Spessart‘ instand setzen, um dann die Ursachen bei beiden Schiffen genauer zu untersuchen.“

Doch selbst bei einer erfolgreichen Instandsetzung sind die Tage der Tanker-Oldies gezählt. Das Problem dabei: Eigentlich sieht die laufende Flotten- und auch Finanzplanung vor, für einen Ersatz dieser beiden Schiffe erst für einen Zeitraum deutlich nach 2020 zu sorgen. Das auch vor dem Hintergrund zum Beispiel von EU-rechtlichen Auflagen, die eine Ausschreibung vorsehen. Ob sich diese Position angesichts des aktuellen Totalausfalls von einem zentralen Element der Seeversorgungslogistik aufrecht erhalten lässt, dürfte spannend bleiben. EHA

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