Viermaster „Peking“ in desolatem Zustand

Großer Andrang: Pressevertreter am Montag in Brunsbüttel , Foto: Brunsbüttel Ports

Gesichert: die „Peking“ im Laderaum des Schwergutschiffs. Die Bark ist stark korrodiert, Foto: Ehren
Die Rückführung der Viermastbark „Peking“ nach Deutschland ist zwar gelungen. Doch die Restaurierung wird es in sich haben.
Davon ist auch Joachim Kaiser, Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim, überzeugt. Kaiser, ein erfahrener Nautiker, ist auf das Engste mit der Rettung des 106 Jahre alten Großseglers befasst und räumt bei der Ankunft in Brunsbüttel offen ein: „Bei der Übernahme in New York war der Segler nur noch knapp schwimmfähig.“ Um nach einer kurzen Pause zu ergänzen: „Sie ist in einem desolaten Zustand.“ Unzureichende Konservierungsarbeiten zuletzt in New York im Zusammenwirken mit dem schutzlosen Aussetzen der alten Lady mit den Naturgewalten haben ihre Spuren hinterlassen. Rost, wohin das Auge blickt. Auch Peter Sierk, Chef der Wewelsflether Werft, die Rahmen einer internationalen Ausschreibung den durchaus auch prestigeträchtigen Auftrag an Land zog, gibt sich keiner Illusion hin, dass auf ihn und seine erfahrenen Schiffbauer jede Menge unangenehmer Arbeit zukommt. Dabei verweist er nur auf das Unterwasserschiff des einst vollständig genieteten Rumpfes. Umfangreiche Stahlerneuerungsarbeiten sind hier vonnöten, um das Schiff im Wortsinne dauerhaft über Wasser zu halten. Auch ein neuer Doppelboden müsse eingebaut werden. Schon jetzt will auch Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda (SPD) nicht ausschließen, dass die ursprünglich veranschlagte Werftliegezeit von gut zwei Jahren am Ende doch nicht ausreicht.
Trotz dieser absehbaren Widrigkeiten sind alle Beteiligten zunächst einmal erleichtert, dass der technisch aufwändige und zugleich mit Risiken behaftete Rücktransport störungsfrei über die Bühne ging. Stolz sei man zudem darüber, dass das Arbeitsergebnis nur dank eines gemeinsamen Kraftakts möglich war. Der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten (MdB) und haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, lässt jedenfalls diesen Einblick in seine Gefühlswelt zu: „Ich bin stolz wie Bolle, dass es mir gemeinsam mit dem Kollegen Rüdiger Kruse gelungen ist, die Finanzierung für die ‚Peking‘ zu sichern.“ Das bei Blohm + Voss gebaute Segelschiff werde in wenigen Jahren jedenfalls „das künftige Wahrzeichen des Deutschen Hafenmuseums“, ist er überzeugt. Der Hamburger MdB Rüdiger Kruse entwickelt diese Vision: „Mit der „Peking“ wird Handels- und Technikgeschichte exemplarisch dargestellt.“ Nach dem Themenkomplex „Energie“, repräsentiert über das einstige Steinkohlebergwerk „Zeche Zollverein“ in Essen, und dem Komplex „Industrie“, dargestellt über das im Zeitraum 1873 bis 1986 aktive Eisenwerk in der saarländischen Stadt Völklingen, werde Hamburg damit ab 2020 die Geschichte des See-Handels und -Verkehrs über den einstigen Flying-P-Liner und das daran angegliederte Deutsche Hafenmuseum in spe einem größeren Publikum im Wortsinne begreifbar machen.
Joachim Kaiser lobt bei de Vorhaben im Besonderen „die Leistung der Schwergutexperten der Reederei sowie der beispielgebenden Seemannschaft an Bord der „Combi Dock III“. Sein knapper Kommentar: „Hut ab.“
Wenn ab heute Mittag die vorläufig „letzte Meile“ für die „Peking“ ansteht, nämlich das Verholen der Bark mit Schlepperhilfe zur Peters-Werft, dann steht der weitere Ablaufplan indes fest. Zunächst bleibt das Schiff an der Ausrüstungspier liegen, damit nacheinander die Masten zur späteren Restaurierung an Land abgelegt werden können. Anschließend wird der Rumpf ins überdachte Trockendock verholt, wo er voraussichtlich für anderthalb Jahre witterungsbeständig grundüberholt wird.
Bei der Restaurierung von Überwasserschiff, Deck und Aufbauten soll so viel alte Nietstruktur wie möglich erhalten bleiben. Die Peters- Werft plant, nach den Arbeiten im Dock das Schiff wieder aufschwimmen zu lassen, damit es anschließend an der Ausrüstungspier wieder aufgeriggt werden kann. Es folgt das Verlegen eines neuen Holzdecks, wie es beim Bau- und Ausrüstungszustand der „Peking“ von 1927 vorhanden war.
Viel Arbeitszeit wird auch die Inneneinrichtung in Anspruch nehmen, die ebenfalls soweit wie möglich dem Original nachempfunden werden soll. Nach Abschluss aller Arbeiten soll die Stahlbark endgültig nach Hamburg verholt werden, wo sie dann Bestandteil des ebenfalls umfassend mit Bundesmitteln finanzierten Deutschen Hafenmuseums wird.
So sorgfältig die Vorplanungen durch die verschiedenen Experten auch bereits erfolgt sind. Was am Ende tatsächlich an Zeit und Aufwand vonnöten ist, werden erst die kommenden Monate zeigen.
Fest steht: Der 2013 gegründete Verein „Verein Freunde der Viermastbark Peking e.V.“ mit inszwischen rund 100 Mitgliedern spürt auch und gerade dank der glücklichen Rückführung des Großseglers schon jetzt kräftigen Rückenwind. Vereinsvorsitzender Mathias Kahl ist überzeugt, dass „ein Deutsches Hafenmuseum in Hamburg mit der ‚Peking‘ davor am Kai Strahlkraft weit über Deutschland hinaus haben wird.“
Der Verein will sich gemeinsam mit den anderen Akteuren dafür einsetzen, dass künftigen Besuchern gezeigt wird, „was Frachtschifffahrt unter Segeln zu Beginn des 19. Jahrhunderts bedeutete“. Dieser Anspruch solle dabei „so authentisch wie möglich“ erfüllt werden.
Während des Werftaufenthalts will sich der Verein zudem für die Beschaffung und Restaurierung einzelner Komponenten engagieren. Zudem soll es darum gehen, die Geschichte des Schiffs aufzuarbeiten. Kahl hofft, dass es in dem einen oder anderen Haushalt noch Gegenstände, Fotos oder Aufzeichnungen gibt, die direkt mit der Geschichte des Seglers zusammenhängen und die somit dazu beitragen können, dass die abwechslungsreiche Lebensgeschichte der Viermastbark geschrieben und der Nachwelt erzählt werden kann. EHA
Masten und mehr
Der
Hafen-Klub in Hamburg bietet am 20. September einen interessanten Vortrag an. Mathias Kahl, Vorsitzender des Vereins „Freunde der Viermastbark Peking e.V.“, wird im Rahmen eines Lunches unter dem Titel „Vier Masten und viel mehr“ referieren. Ein Schwerpunkt wird dabei die Rückkehr des Windjammers nach Norddeutschland sein. Beginn des Vortrags ist um 12.30 Uhr. Anmeldungen sind unbedingt erforderlich. EHA