Ex-Beluga-Chef muss ins Gefängnis

„Beluga Fighter“ – der Ex-Name des 2007 gebauten Frachters steht symbolisch für den jetzt beendeten Prozess. Bis zum Schluss hatte der ehemalige Beluga-Chef gekämpft, Foto: Hasenpusch
Es war eines der längsten Wirtschaftsstrafverfahren am Bremer Landgericht: der Beluga-Prozess. Nach 68. Sitzungstagen ging er mit den Urteilen zu Ende. Kein guter Tag für den Hauptangeklagten.
Drei Jahre und sechs Monate Gefängnis – so lautet das Urteil gegen den früheren Vorzeigeunternehmer und Bremer Reeder Niels Stolberg. Das Bremer Landgericht befand ihn am Donnerstag in 18 Fällen des gemeinschaftlichen Kreditbetrugs sowie auch der Untreue in besonders schwerem Fall schuldig. Mit dem Urteil zerschlugen sich die Hoffnungen des 57-jährigen an Krebs erkrankten Stolbergs auf eine Bewährungsstrafe. Stolbergs Anwalt Bernd Groß bezeichnet die Strafe als viel zu hart. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Richterin Monika Schaefer begründete das Urteil unter anderem mit einem „erheblichen Maß an krimineller Energie“, das Stolberg bei der Täuschung von Banken und Investoren gezeigt habe. Drei mitangeklagte Ex-Manager der 2011 in Insolvenz gegangenen Schwergutreederei wurden zu Bewährungsstrafen zwischen acht Monaten sowie einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Bei Stolberg sei eine Bewährungsstrafe bis zu zwei Jahren nicht in Frage gekommen, so die Richterin: „Dafür war es einfach zu viel.“
In dem im Januar 2016 gestarteten Verfahren wurden die Vorwürfe Kreditbetrug, Betrug, Bilanzfälschung und Untreue geprüft. Staatsanwältin Silke Noltensmeier hatte für Stolberg viereinhalb Jahre Haft gefordert. Ein zentraler Punkt des Verfahrens war das Finanzierungsmodell, das der Reeder für den raschen Ausbau seiner Schiffsflotte nutzte. Mit fingierten Rechnungen und Scheinverträgen für mehr als ein Dutzend Schiffsneubauten hatte er Banken getäuscht und diese zu einer höheren Kreditvergabe in insgesamt dreistelliger Millionenhöhe bewegt. Stolberg hatte dies als branchenübliche Praxis bezeichnet und betont, dass die Banken über das Modell Bescheid wussten. Dafür sah die Kammer keine Anhaltspunkte.
Die Urteilsverkündung fand am Donnerstag unter großem Interesse der Öffentlichkeit statt – die rund 60 Plätze umfassende Besuchertribüne im Saal 218 war komplett besetzt. Aus Sicht der 2. Großen Wirtschaftsstrafkammer hatte Stolberg mit dem Wachstumskurs und dem ehrgeizigen Schiffsneubauprogramm das „ersehnte Ziel“ verfolgt, Weltmarktführer im Bereich Schwergutfracht zu werden. Dabei habe er aber auch Mitarbeiter zu Straftaten verleitet. Die Richterin hielt Stolberg seine Kooperation zu Gute. „Sie haben sich trotz Ihrer Erkrankung dem Verfahren bis heute gestellt.“
Stolberg hatte von Beginn des Prozesses an klar gemacht, dass er für seine Fehler einstehen wolle. „Ich war der Kapitän auf der Brücke“ – hatte er im Januar 2016 gesagt. Vorige Woche räumte er in seinem letzten Wort ein, dass er schwere Fehler gemacht habe, die ihm aus heutiger Sicht völlig unverständlich seien und die er zutiefst bereue. „Ich habe alles verloren – mein Lebenswerk, meine Reputation, meine Gesundheit. Ich hoffe, dass das Gericht eine Bewährungsstrafe für angemessen hält.“ Diese Erwartung erfüllte sich am Donnerstag nicht. Gegen das Urteil ist Revision möglich, über die der Bundesgerichtshof in Leipzig zu entscheiden hätte. Am Donnerstag wollte sich Stolbergs Verteidiger noch nicht festlegen, ob sein Mandant von diesem Rechtsmittel Gebrauch macht. lni/fab