Gericht: Anklage gegen Stolberg in Teilen entkräftet

Niels Stolberg (Mitte) steht seit Jahresbeginn vor Gericht (Bild: n-tv)
Im Wirtschaftsstrafprozess um die Bremer Reederei Beluga sieht das Gericht in einer vorläufigen Bewertung die Anklage gegen Ex-Chef Niels Stolberg in Teilen als entkräftet an.
In der dritten Anklageschrift von Januar 2014 gibt es aus Sicht der Kammer keinen objektiven Tatbestand für den Vorwurf des Betrugs, sagte die vorsitzende Richterin Monika Schaefer am Dienstag im Bremer Landgericht. Diese Auffassung habe die Kammer den Prozessbeteiligten auch in einem Gespräch am 17. August mitgeteilt. Auch plane die Kammer derzeit keine weiteren Zeugen vernehmungen.
Zum Prozessbeginn hatte Stolberg eingeräumt, Bilanzen durch Scheinumsätze gefälscht zu haben. Den Vorwurf der Kreditfälschung hatte er aber zurückgewiesen. Er habe sich nie persönlich bereichert und auch niemanden schädigen wollen. Angeklagt sind neben Stolberg noch drei weitere Ex-Beluga-Manager. Ihnen werden in unterschiedlicher Beteiligung Kreditbetrug, Betrug, Bilanzfälschung und Untreue vorgeworfen. Bei einem Schuldspruch wären auch Haftstrafen nicht ausge schlossen.
Das Gericht hob die beiden Verhandlungstermine in der kommenden Woche auf. Die Zeit soll zum Aktenstudium im Selbstleseverfahren genutzt werden. Unklar blieb, ob der seit sieben Monaten laufende Prozess tatsächlich bis zum 26. Oktober fortgesetzt wird oder früher beendet werden kann. Die Beteiligten hatten vergangene Woche nach 34 Verhandlungstagen hinter verschlossenen Türen getagt, um unter anderem zu klären, welche Anklagepunkte aufrechterhalten bleiben (THB 23. August 2016).
Freistellung
Die vorsitzende Richterin und die beiden beisitzenden Richter – Katja Friedrichsen und Tobias Kramer – waren rund 20 Monate freigestellt worden, um sich in die Welt der Reeder, Werften und Schiffsfinanzierungen einzuarbeiten. Die Kammer geht akribisch und vorsichtig vor. Sie will keine Fehler machen, um bei einem Urteil nicht in die Revisionsfalle zu tappen. Berufung ist nicht möglich, sondern nur eine Revision beim Bundesgerichtshof wegen etwaiger Rechtsfehler.
Zum bisherigen Verlauf: In der ersten Prozessphase ging es um den Vorwurf des Kreditbetrugs gegenüber Banken. Phase zwei drehte sich um US-Investor Oaktree, den der damalige Beluga-Chef Niels Stolberg 2010 ins Boot geholt hatte. fab/lni