AWZ soll Schlick aufnehmen

Dauereinsatz im Hamburger Hafen: die „Bartolomeu Dias“ bei Baggerarbeiten im Köhlbrand, Foto: Arndt
Das Land Hamburg sucht nach einer langfristigen Lösung zur Endlagerung der innerhalb des Hafengebiets jährlich anfallenden, gering belasteten Schlickmengen. Dabei richtet der Stadtstaat aktuell seinen Blick auf die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Bundesrepublik in der Nordsee. Diesen Plan stellten Dr. Rolf Bösinger, Staatsrat in der Hamburger Wirtschaftsbehörde, sowie Claudia Flecken, Leiterin der Abteilung Hafeninfrastruktur Wasser und Mitglied der Geschäftsleitung bei der HPA, am Donnerstag in der Hansestadt vor.
Zwar hat sich Hamburg durch die im Frühjahr 2016 besiegelte Vereinbarung mit dem Nachbarn Schleswig-Holstein, Sedimentmengen in die Deutsche Bucht im Bereich der Tonne E3 zu verbringen, Luft verschafft. Doch der Vertrag ist kein dauerhafter Freibrief, sondern gibt klar definierte Grenzen vor. So beträgt die Laufzeit aktuell fünf Jahre, also bis 2021 mit der Möglichkeit, diese Vereinbarung nochmals um einen gleichen Zeitraum zu verlängern. Zudem muss Hamburg eine Art ökologischer Ausgleichszahlung an Schleswig-Holstein leisten. Das Geld ist zweckgebunden und fließt in die Stiftung Nationalpark zum Schutz des Wattenmeers. Schließlich sieht der Kontrakt eine jährliche Mengenbegrenzung vor, die bei drei Millionen Kubikmetern beziehungsweise 1,5 Millionen Tonnen Trockensubstanz liegt. Last but not least darf der Baggerschlick genau festgelegte Belastungsgrenzwerte nicht überschreiten (THB 20. April 2016).
Neben der Tonne E3, die eine ganzjährige Verbringung des Schlicks erlaubt, steht Hamburg weiterhin – mit zeitlichen Einschränkungen im Jahr – der Bereich Nessand sowie die landseitige Ablagerung beziehungsweise Aufbereitung zur Verfügung.
Der Kraftakt namens „Sedimentmanagement“ hat sich nach Überzeugung Hamburgs jedoch gelohnt. Bösinger: „Wir konnten den Hafen 2016 gut auf Tiefe halten.“ Und die entsprechenden Zahlen dazu lesen sich so: 11,45 Millionen Kubikmeter Schlick insgesamt wurden ausgebaggert und entsorgt. Die Sicherstellung der nautischen Erreichbarkeit des Elbehafens hat jedoch ihren Preis: rund 100 Millionen Euro 2016 nach 85 Millionen Euro im Jahr zuvor. Für Bösinger und Flecken angesichts der immensen volkswirtschaftlichen Bedeutung Hamburgs „gut angelegtes Geld“. Auch für das laufende Jahr kalkuliert die HPA noch einmal mit gut 100 Millionen Euro, in den Folgejahren jedoch – nach heutiger Einschätzung – tendenziell weniger. Da spielt das Abkommen mit Kiel, ganzjährig Sediment zu entnehmen und bei E3 zu verklappen, eine zentrale Rolle. Mit der Wirkung, dass der über Jahre hinweg entstandene Baggerrückstau im Hafen schrittweise aufgelöst wird.
Indes bekommt der Hamburger Hafen die Folgen des Klimawandels als weiteren Einflussfaktor auf die Schlickmenge immer deutlicher zu spüren. Claudia Flecken: „Die Sommer der zurückliegenden drei Jahre waren extrem trocken, damit gab es also auch viel zu wenig Oberflächenwassereintrag und damit eine geringere Fließgeschwindigkeit der Elbe.“ Auch wenn langfristige Wettervorhersagen unmöglich sind: Der aufgezeigte Klimatrend dürfte sich fortsetzen. Schon deshalb knüpft Hamburg gewisse Erwartungen an die AWZ-Endlagerungs-Lösung.
Bösinger und Flecken betonten, dass Hamburg damit „echtes Neuland“ beschreite. Das Verfahren sei sehr komplex, weil nicht nur zahlreiche Behörden und Ministerien und auch alle Bundesländer mit einbezogen werden, sondern es müssen auch umfangreiche Begleituntersuchungen in dem infrage kommenden Seegebiet in der AWZ durchgeführt werden. Genehmigungsbehörde wäre das BSH. Mit einem Ergebnis könnte im Idealfall im Jahr 2019 gerechnet werden. EHA