Berlin muss die Häfen stärken

Corona-Pandemie, Klimawandel, weltweiter Konjuktureinbruch, zahlreiche bewaffnete internationale Konflikte oder auch Handelssanktionen: Die deutschen Seehäfen werden seit Monaten mit einer Vielzahl von Sonderbelastungen und Herausforderungen konfrontiert.

Das zeigte sich am Montag auf der Jahrespressekonferenz des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) in Hamburg, die in diesem Jahr aufgrund von Covid-19 erstmals und vollständig in ein digitales Umfeld eingebettet war. Auch die sonst übliche Mitgliederversammlung musste in dem gewohnten Rahmen entfallen und digital organisiert werden.

ZDS-Präsident Frank Dreeke, im Hauptberuf als Vorstandsvorsitzender der BLG Logistics Group in Bremen wirkend, forderte angesichts deutlicher Umschlagrückgänge in den deutschen Häfen als Folge der Corona-Krise von der Politik mehr Engagement zugunsten der Hafenwirtschaft. Dreeke stellte fest: „Durch die Corona-Pandemie kam es zu deutlichen Verlusten bei den Umschlagmengen, die sich auch in den Betriebsergebnissen und bei der Investitionsfähigkeit der Unternehmen niederschlagen.“ Und die Aussicht darauf, dass sich diese Entwicklung im kommenden Jahr wieder zum Positiven verändern könnte, teilte er nicht. Im Gegenteil: „Wir erwarten ein herausforderndes Jahr 2021 und benötigen von dieser und auch der nächsten Bundesregierung eine ehrgeizige Standortpolitik.“

Was die Umschlagzahlen für das laufende Berichtsjahr betrifft, kann der ZDS zum Herbst nur eine Art Orientierungswert vorlegen. Dabei handelt es sich um die bis zur Jahresmitte gesichert vorliegenden Umschlagergebnisse in den verschiedenen Häfen. Sie gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum durch Corona bedingt um 15 Millionen Tonnen auf 135,7 Millionen Tonnen zurück, berichtete Dreeke.

Der gerade für die großen Universalhäfen an Elbe, Weser und auch Jade bedeutende Containerumschlag beispielsweise sei im ersten Halbjahr um 11,3 Prozent zurückgegangen. Für das Gesamtjahr geht der ZDS über alle Gütersegmente hinweg von einem Rückgang „im mittleren einstelligen Prozentbereich aus“.

Einen empfindlichen Tiefschlag mussten verschiedende deutsche Seehäfen etwa beim sonst wichtigen Fahrzeug-Umschlag verbuchen. Autos oder Lkw gehören zu den traditionell starken Export-Gütern. Doch auch Fahrzeug-Importe spielen in den Häfen eine herausragende Rolle. Dreeke dazu: „Beim Pkw-Umschlag kam das Geschäft im Frühjahr teilweise komplett zum Erliegen, sodass einzelne Standorte Rückgänge um 80 Prozent oder sogar mehr verzeichneten.“ Mit einer Erholung rechne er daher frühestens im übernächsten Jahr.

Nicht viel besser laufe es auch bei den Passagierverkehren, die sowohl über die Fährverkehre als auch über das Kreuzfahrtgeschäft abgebildet werden. Gerade dieses Segment bescherte den darauf ausgerichteten Häfen, etwa Rostock, Kiel oder auch Hamburg, in den zurückliegenden Jahren erhebliche Zuwächse und damit verbunden auch Einnahmen.

Als Folge von Corona aber brach das Kreuzfahrtgeschäft in den ersten sieben Monaten um 94 Prozent ein. Bei den Fährverkehren beläuft sich das Minus für den Berichtszeitraum auf etwa 62 Prozent.

Der ZDS sprach sich dafür aus, in Zukunft massiv in den Aus- und Neubau sowie die Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Dafür seien auf Jahre hinaus „mindestens 18 Milliarden Euro“ notwendig. Zudem müssten die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben unbedingt verkürzt werden. Dreeke weiter: „Die deutsche Hafenwirtschaft braucht eine Politik des Bundes, die Wettbewerbsnachteile ausräumt und Innovation fördert.“

Die deutschen Seehäfen seien entscheidend zur Sicherung der Position Deutschlands als Exportweltmeister. Bundesweit seien in der hafenabhängigen Industrie rund 1,3 Millionen Menschen beschäftigt.

Der ZDS legte auch ein neues Positionspapier zur Rolle der Häfen bei der Energiewende vor. Demnach müsse die Infrastruktur für flüssiggasbetriebene Schiffe (LNG) deutlich verbessert werden. Die Häfen selbst sollten zudem bei der Entwicklung der Wasserstofftechnologie als Standorte für Forschung und Entwicklung genutzt werden.

Darüber hinaus müsse der Ausbau der Offshore-Windenergie beschleunigt und der Landstrom für Schiffe „weiter rentabilisiert werden, um den Schadstoffausstoß von Schiffen in den Häfen zu reduzieren“, sagte Verbandschef Dreeke.

Der ZDS vertritt als Bundesverband die Interessen von derzeit rund 160 am Seegüterumschlag in den Häfen beteiligten Betrieben in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. EHA/dpa

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