BLG weitet Speditionsgeschäft aus

Rückwirkend zum 1. Januar übernahm die BLG LOGIS TICS GROUP AG & Co. KG die im niederrheinischen Niederkrüchten ansässige FORTRAGROUP. Geschäftsführer des Bereichs Spedition bei der BLG ist Christian Marnetté, der vor einem Jahr von Kühne + Nagel Deutschland zum Bremer Logistiker wechselte.

THB: Was war die Intention für den Einstieg in das Speditions geschäft?

Marnetté: Der Bereich ist für uns nicht neu. Wir haben seit mehr als zwei Jahrzehnten eine sehr leistungsfähige und erfolgreiche Speditionsabteilung am Standort Bremen im Neustädter Hafen. Von daher war es schon lange ein wesentlicher Bestandteil unserer Angebote an Kunden, auch speditionelle Leistungen, insbesondere in der Seefracht und im Lkw-Sektor, anzubieten.

Die Überlegung war nunmehr in den letzten Justierungen zu unserer Unternehmensstrategie, das speditionelle Angebot breiter, leistungsfähiger und mit mehr Marktnähe aufzustellen, um damit noch stärker komplementär zu den vorhandenen Geschäftsbereichen Container, Automobile und Contract zu wirken. Für unsere Kunden bedeutet das integrierten Service aus einer Hand, eine Reduzierung der Schnittstellen und mehr persönliche Kontakte durch Ansprechpartner vor Ort.

THB: Warum fiel die Wahl auf die FORTRAGROUP? Welche Vorteile versprechen Sie sich von der Übernahme?

Marnetté: Wir haben nach einem Partner gesucht, der die gesamte Palette von Transporten abdecken kann, im Markt etabliert ist und unsere vorhandenen Kompetenzen in der Fläche erweitert. Die FORTRAGROUP schreibt als typisch mittelständisch geprägtes und inhabergeführtes Unternehmen seit nahezu zwei Jahrzehnten Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen ist an acht Standorten in Deutschland vertreten, hat eine große Nähe zu Kunden unterschiedlichster Größe und ergänzt die bei der BLG schon vorhandenen Leistungsbereiche um eine dezentrale Luftfrachtorganisation.

THB: Inwiefern ist die Sparte Luftfracht für Sie von Interesse?

Marnetté: Abgesehen von leicht verderblichen oder sehr hochpreisigen Gütern, die regulär per Flugzeug transportiert werden, gibt es eine große Marge ungeplanter Luftfracht. Das betrifft verspätete Lieferungen, die den großvolumigen Logistikstrom verpasst haben und aus Gründen der Termintreue dann per Luftfracht versandt werden. Auch dringend benötigte Ersatzteile zum Beispiel für die Schifffahrt sowie Pharmaprodukte gehören dazu. Erreicht eine Sendung auf dem Seeweg nicht pünktlich ihr Ziel, gibt es per Luftfracht immer noch eine mögliche Alternative. Unter diesem Aspekt bedingen beide Sparten einander. Der Luftfrachtmarkt erfordert allerdings eine dezentrale Organisation – die wir bisher nicht hatten – und große Marktnähe, um auf die Kundenwünsche entsprechend eingehen zu können. Mit der FORTRA GROUP sind wir nun sehr gut aufgestellt und können zudem unsere Partner im Bereich Kontraktlogistik noch besser betreuen. Das bedeutet einen wesentlichen Mehrwert für die Kunden.

THB: Werden BLG und FORTRAGROUP weiter unter ihren Markennamen agieren oder ist für den Bereich Spedition ein gemeinsamer Auftritt angedacht?

Marnetté: Zunächst wird die FORTRAGROUP ihre beiden Marken INFORTRA und LOGFORTRA selbstständig weiter führen. Wir gehen davon aus, dass es mittelfristig Sinn macht, einen gemeinsamen Marktauftritt und Markenanspruch zu formen. Das hat aber derzeit keine Priorität. Wichtig ist es für uns vor allem, Mitarbeitern und Kunden Sicherheit und Kontinuität zu bieten und die wichtigsten Integrationsaufgaben zu meistern. Wir sind uns bewusst, dass wir es mit mittelständischen Strukturen und langjährig gewachsenen Beziehungen zu tun haben. Wir wollen insofern das vorhandene Vertrauen weiter stärken.

THB: Was sind die nächsten Schritte?

Marnetté: Noch befinden wir uns in der Phase vor dem Closing, das heißt der Antrag für den Zusammenschluss bei den Kartellbehörden ist gestellt. Zurzeit erfolgen die nötigen juristischen Schritte zur Übertragung des Unternehmens vom alten Eigentümer auf die BLG. Wichtig ist uns vor allem, nichts Funktionierendes zu stören, seien es Mitarbeiterverhältnisse oder Kundenbeziehungen. Erst wenn wir nach einem ausgiebigen Kennenlernen die Zusammenarbeit gefestigt haben, werden wir gemeinsam mit den Führungskräften und Mitarbeitern der FORTRA GROUP nach möglichen Optimierungen suchen. Sicherlich ist es überlegenswert, in der Zukunft auch technisch eine gemeinsame Basis zu finden. Besonders freut es uns, dass der langjährige General Manager der FORTRAGROUP, René Lankes, uns in führender Rolle in unserer neuen gewachsenen Organisation erhalten bleibt. Wir setzen große Hoffnung darin, die Integration möglichst reibungslos zu vollziehen und die von Alexander Opszalski in über 19 Jahren begründete Kontinuität des Unternehmens erfolgreich weiterzuführen.

THB: Wie viele Beschäftigte sind jetzt in dem Bereich Spedition tätig?

Marnetté: Die speditionelle Abwicklung wurde auf Seiten der BLG bisher von 35 Mitarbeitern geleistet. Das wird auch so bleiben. Die FORTRAGROUP hat 45 Angestellte, so dass der Bereich insgesamt 80 Mitarbeiter umfasst.

THB: Welche Marktchancen sehen Sie für die Zukunft?

Marnetté: Wir arbeiten wie bisher als Asset-light-Spediteur ohne eigenen Fuhrpark und kaufen Leistungen ein, wo wir sie brauchen. Unser Service richtet sich zunächst an die vorhandenen Stammkunden. Von dem Zusammenschluss mit der FOR TRAGROUP erhoffen wir uns, infolge des gestiegenen Angebotsportfolios das Geschäft über den Markt hinaus steigern zu können. Dabei konzentrieren wir uns erst einmal auf Deutschland. In der Zukunft sehen wir uns auf einem gemeinsamen Wachstumspfad.

THB: Werden Ihre Mitwettbewerber das verstärkte Engagement der BLG auf dem Speditionsmarkt nicht kritisch beurteilen?

Marnetté: Ich sehe hier kein ernst zu nehmendes Konfliktpotenzial. Wir sind in Europa marktführend in der Automobillogistik und im Containerumschlag, haben aber nicht den Anspruch, auch im Speditionsgeschäft die Nummer eins auf dem Kontinent zu werden.

Die meisten unserer Wettbewerber sind ja keine direkten Kunden von uns, sondern arbeiten über Linienreedereien mit uns im Hafen zusammen. Ferner sieht die „Bremer Lagerhaus-Gesellschaft – Aktiengesellschaft von 1877“ – so lange machen wir das schon an Kaje und Schuppen – es ja auch nicht kritisch, wenn klassische Spediteure sich in den letzten Jahrzehnten mit viel neuer Expertise, frischem Beton und Stahl im Bereich Lagerei beziehungsweise Kontraktlogistik breiter aufgestellt haben.

Wettbewerb tut dem Markt gut und wird vom Kunden goutiert. Im Übrigen ist der Markt im klassischen See- und Luftfrachtbereich sehr stark fragmentiert. Die größten Marktteilnehmer haben lediglich einstellige Marktanteile, soweit ich das beurteilen kann. Allein in Deutschland zählt das Gewerbe mehrere tausend Spedi tionsbetriebe.

THB: Genießen Sie als Teil der BLG nicht trotzdem gewisse Vorteile?

Marnetté: Natürlich ergeben sich im Unternehmen Synergien, insbesondere bei der Koordination. Wie andere auch greifen wir auf das Know-how der BLG zum Beispiel bei Schwerlastkapazitäten, der Lagerei, Verladungen vom Lkw aufs Schiff oder Zollangelegenheiten zurück, das war aber schon immer so.

FORTRAGROUP

Zur FORTRAGROUP gehören die Speditionsunternehmen LOGFORTRA GmbH Logistic, Forwarding & Transport und INFORTRA GmbH International Forwarding & Transport. Die Gruppe hat ihre Kernkompetenzen in der internationalen See- und Luftfrachtspedition, ergänzt um Landverkehrstransporte, Projektgeschäfte, Zolldienstleistungen und Logistikkonzeptionen. Das Unternehmen wurde 1997 von Alexander Opszalski im niederrheinischen Niederkrüchten gegründet und Anfang 2016 zu 100 Prozent von der BLG übernommen. Die FORTRAGROUP hat in Deutschland acht Niederlassungen.

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