„Chancen für Zukunft verbaut“

Bereits ein Stück Umschlaggeschichte: Ein Kümo löscht Getreide am Ostufer des Flensburger Hafens, Foto: Arndt
Die Absicht des Flensburger Stadtrats, die Hafenaktivitäten vom Ost- ans Westufer der Fördestadt zu verlegen, stößt auch beim Deutschen Nautischen Verein von 1868 auf Kritik.
„Es ist unverständlich, dass man Gewerbe- und Hafenflächen entwidmet und sich damit Chancen für die Zukunft verbaut“, sagte Kapitän Hans-Hermann Lückert, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, in seinem Grußwort beim 52. Nautischen Essen am Donnerstagabend in Flensburg. Wie berichtet, sollen die Hafentätigkeiten am Ostufer mit Ablauf des 31. Dezember 2022 eingestellt und dort stattdessen ein urbanes Wohnquartier entwickelt werden.
Die Situation und Zukunft des Flensburger Hafens war auch das zentrale Thema in den Begrüßungsworten von Jürgen F. Jensen. „Viele haben aus der Presse über die Bestrebungen erfahren“, sagte der Vorsitzende des Nautischen Vereins Flensburg und zitierte aus einem THB-Artikel. Darin hatte Dr. Sebastian Jürgens, Vorsitzender des Gesamtverbands Schleswig-Holsteinischer Häfen (GvSH), die Entscheidung im Namen des GvSH mit „Unverständnis und großem Bedauern“ quittiert.
Von einem „noch völlig unausgereiften Stadtentwicklungskonzept“ spricht in diesem Zusammenhang Kapitän Jens Boysen, der zu den Gästen des Nautischen Essens zählte und sich gemeinsam mit anderen Flensburger Bürgern in einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Simone Lange gewendet hat. „Soll der Hafen auf der Westseite überlebensfähig werden, benötigt er wirtschaftliche Perspektive mit Erweiterungsmöglichkeiten“, heißt es darin. Verweigere man ihm diese, etwa durch Volumenbegrenzung oder Einschränkung des Lkw-Verkehrs, bestehe die Gefahr, dass Unternehmen ihre Investitionen einschränken oder ihr Engagement auf Nachbarhäfen wie Apenrade oder Rendsburg verlagern. Überhaupt sei fraglich, wie die in einem IHK-Gutachten prognostizierten Umschlagvolumina (411.000 Tonnen plus 90.000 Tonnen Kohle) am Westufer bei einer Kailänge von 205 Metern und der eingeschränkten Wassertiefe abgewickelt werden sollen.
Mit Sorge wurde bei der Veranstaltung in Flensburg auch auf die Zukunft nautischer Berufe geblickt. „In sechs bis acht Jahren werden wir massive Probleme haben, qualifizierte Kräfte zu finden“, sagte Kapitän Lückert. Alle seien hier gefordert, enger zusammenzuarbeiten – denn die bisher eingeleiteten Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung reichten nicht aus. bek