Die Rethebrücke bleibt jetzt „oben“

Auf dem Straßenmodul der knapp vier Jahre alten Rethe-Klappbrücke am Südrand des Hamburger Hafens ruht weiterhin kein Segen. Sah es vor einer Woche noch danach aus, einen stark eingeschränkten Betrieb der Straßenbrücke nach der Havarie eines der beiden Hydraulik-Vorrichtungen aufrecht erhalten zu können, ist auch das jetzt vorbei.

Experten der Hamburg Port Authority (HPA) haben dringend dazu geraten, auf den Notbetrieb – bei der HPA sprach man zunächst gerne von „Sonderbetrieb“ – zu verzichten, um das Risiko eines Totalausfalls der Straßenbrücke auszuschließen. Damit verbleibt die Straßenbrücke – „ab sofort vorerst“ (O-Ton HPA) – in der oberen Endlage offen stehen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der wichtige Schiffsverkehr im Bereich der Rethe, südlicher Reiherstieg, weiter uneingeschränkt erfolgen kann. Der Lkw und Pkw-Verkehr müssen damit bis auf weiteres großräumig ausweichen, was erhebliche Mehrkilometer und auch mehr Zeit für die Fahrzeugführer bedeutet. Entsprechende Umleitungen über die Neuhöfer Straße und die Hohe Schaar-Straße sind ausgeschildert.

Ein gewisser Trost für die HPA und den aktuell mit vielen „Baustellen“ befrachteten Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos): Der Schienenverkehr über die Rethe läuft trotzdem uneingeschränkt, denn dafür steht eine eigene Brückenkonstruktion – ebenfalls in Gestalt einer Hydraulik-Klappbrücke – zur Verfügung. Sie funktioniert reibungslos und wurde Mitte Dezember 2017 noch im Beisein von Westhagemann-Vorgänger Frank Horch (ebenfalls parteilos) in Betrieb genommen. Das Straßenmodul konnte 2016 für den Verkehr freigegeben werden. Horch, der Ende 2018 aus familiären Gründen sein Amt niedergelegt hatte, schwärmte noch am Tag der Betriebsfreigabe des Schienenbrücken-Moduls: „Diese Klappbrücke ist eine ingenieurstechnische Meisterleistung.“ Um zu ergänzen: „Für die Abwicklung der Hafenverkehre ist die neue Brücke eine deutliche Entlastung und Verbesserung.“

Doch von einer „Entlastung“ kann im Fall der Straßenbrücke nicht gesprochen werden. Eine aktuelle Anfrage der CDU in der Bürgerschaft offenbarte dieser Tage: Seit Inbetriebnahme der Straßenbrücke kam es bis heute zu mehr als 50 technischen Störungen unterschiedlicher Intensität und Dauer.

Als sich Hamburgs Wirtschafts- und Hafensenator Michael Westhagemann am 3. September im Rahmen eines kurzfristig anberaumten Ortstermins über den am 20. August eingetretenen Hydraulikschaden von der HPA informieren ließ, war ihm deutlich das Unbehagen über den durch die Hafenverwaltung angestrebten Brücken-Notbetriebsplan anzumerken. Vor Ort gab er mit einem sorgenvollen Gesichtsausdruck zu Protokoll: „Wir müssen jetzt aufpassen. Denn wenn wir den anderen Hydraulik-Zylinder auch noch ,schrotten‘, dann haben wir aber ein richtiges Thema.“

Das „richtige Thema“ wäre dann auf dem Tisch des Senators und der HPA, wenn die verschiedenen Terminals im Bereich der Rethe und des südlichen Reiherstiegs für den Schiffsverkehr nicht mehr erreichbar gewesen wären.

Es hatte daher auch im Vorfeld der Überlegungen zu einem möglichen „Sonderbetrieb“ auch zahlreichen besorgte Einwendungen der wasserseitigen Anrainer gegeben, die für sich im Falle eines erneuten Hydraulik-Versagens bereits den totalen Stillstand befürchteten, was bis auf weiteres das Aus für ihre Umschlagtätigkeit bedeutet hätte.

Das defekte Großbauteil – rund 13 Tonnen schwer und 17 Meter lang – wurde nach Darstellung der HPA inzwischen zur Herstellerfirma nach Dortmund transportiert. Ein Ersatzbauteil, das zeichnete sich bereits bei besagtem Ortstermin vor einer Woche ab, werde nicht vor November verfügbar sein. Denn es muss als Einzelanfertigung hergestellt werden. Die HPA hat jetzt zudem eine Expertengruppe einberufen, „die gemeinsam mit unabhängigen Fachleuten und der Unterstützung des Herstellers die Leistungsfähigkeit und dauerhafte Funktionsfähigkeit der Brücke untersucht sowie eine umfassende Beweissicherung des Schadens durchführt“.

Alle hydraulischen Systeme der doppelten Klappbrücke würden damit „detailliert überprüft, um künftige Ausfälle auszuschließen“, so die HPA weiter.

Neben dem akuten Hydraulik-Gau gibt es im Bereich der Brücke indes noch etwas anderes zu lösen: Die Betonpfeiler, die die Pylone der alten Hubbrücke aus dem Jahr 1934 trugen – sie wurde inzwischen demontiert – müssen noch beseitigt werden. Auch darauf drängen die verschiedenen Hafendienstleister in diesem Teil des Hafens. Denn damit würde die Durchfahrtsbreite für Seeschiffe von derzeit 44 Meter auf dann 64 Meter erhöht. Das ist sehr wichtig, weil die Passage der Rethe als nautisch sehr anspruchsvoll gilt, erst recht in den Herbst- und Wintermonaten mit Starkwinden, Schnee, Nebel und anderen witterungsbedingten Erschwernissen.

Allein die Beseitigung der alten Brücke inklusive der Betonkonstruktion der Fundamente war nach THB-Informationen mit über 32 Millionen Euro veranschlagt.  EHA

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