Hafengruppe Amsterdam im Griff von Corona

Universalhafen-Anspruch: In Amsterdam werden traditionell große Mengen Massengüter umgeschlagen, Foto: Arndt

Corona-geschädigt: Flusskreuzfahrten fielen im 1. Halbjahr mehrheitlich aus, Foto: Arndt
Die Nummer zwei unter den niederländischen Seehäfen, Amsterdam und seine drei Partnerhäfen im Einzugsbereich des Nordseekanals, bekommen ebenfalls die Folgen der Corona-Pandemie zu spüren: beim reinen Seegüterumschlag, aber auch in den Passagierverkehren.
Wie die von Amsterdam angeführte Hafengruppe jetzt mitteilte, wurden zwischen Januar und Juni rund 48,7 Millionen Tonnen Ladung über die verschiedenen Terminals für die unterschiedlichen Güterarten bewegt.
Zur Gruppe gehören neben dem Hafen der niederländischen Hauptstadt auch die Häfen Ijmuiden am Ein- beziehungsweise Ausgang zum knapp 25 Kilometer langen Nordseekanal sowie Zaanstad und Beverwijk. Die jetzt insgesamt umgeschlagene Menge entspricht einem Rückgang von gut 10,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Der Einfluss der weltweiten Corona-Krise auf die Umschlagentwicklung ist nicht zu übersehen“, erklärte Koen Overtoom, CEO beim Port of Amsterdam, bei der Vorlage der Umschlag-Halbjahreszahlen. Zur Vervollkommnung: Auf Ijmuiden, geprägt durch die dort verankerte Stahlindustrie, entfielen 8,8 Millionen Tonnen (minus 3,4 Prozent), Beverwijk erreichte gut 194.000 Tonnen (minus 44,3 Prozent) und Zaanstad 84.000 Tonnen (minus 15,3 Prozent). Bei den letztgenannten Häfen handelt es sich um klassische Spezialhäfen.
Der niederländische Hauptstadt-Hafen Amsterdam ist und bleibt der starke Pfeiler dieser Hafengruppe. In den ersten sechs Monaten wurden dort 39,8 Millionen Tonnen umgeschlagen, womit gut 12 Prozent weniger Güter als vor einem Jahr über die Kaikanten gingen (1. Halbjahr 2019: 45,2 Millionen Tonnen). Auch wenn der Mengenrückgang „signifikant“ sei, so Hafenchef Overtoom, „sind wir für die weitere Zukunft jedoch nicht pessimistisch“. Das aber ist für ihn bereits klar: In der zweiten Jahreshälfte wird es nicht gelingen, den Mengenrückgang der ersten Monate wieder aufzuholen.
Für Overtoom ist in der Gesamtbetrachtung diese Leistung von herausragender Bedeutung: Auch unter den Corona-bedingten Sachzwängen habe die Hafen- und Logistikwirtschaft in Amsterdam und dem Nordseekanalgebiet zuverlässig ihren Job erfüllt und damit ihre Systemrelevanz für die niederländische Volkswirtschaft klar unter Beweis gestellt.
Ladungsmengenverluste stellten sich fast in allen Gütersegmenten ein. So ging das für die Hafenstatistik bedeutsame Flüssigladungssegment um 5,1 Prozent auf 24,7 Millionen Tonnen zurück. Gut 26 Millionen Tonnen waren es vor einem Jahr um diese Zeit. Trockenes Massengut verlor bis Jahresmitte gut 21,2 Prozent. Vor allem der Einbruch beim Kohleumschlag um fast 43,6 Prozent auf 4,6 Millionen Tonnen schlug zu Buche. Vor einem Jahr hatte der Hafen noch 8,2 Millionen Tonnen umgeschlagen. Rückläufig war auch der Getreideumschlag, und zwar um 15,4 Prozent. Der in Amsterdam auf einem traditionell eher niedrigen Niveau liegende Containerumschlag verlor aktuell ein gutes Drittel seines Aufkommens. In den vergangenen Jahren hatte Amsterdam noch von neuen Shortsea-Verkehren und den damit verbundenen Containermengen profitiert. Covid-19 sorgte in diesem Segment für ganz besonders tiefe Bremsspuren.
Einen De-facto-Stillstand verzeichnet Amsterdam im Kreuzfahrtgeschäft, das im Hafen der Hauptstadt herausragend durch die europäischen Flusskreuzfahrten geprägt ist, ergänzt um das Hochseekreuzfahrt-Marktsegment. Das Ein- und Auslaufen über den Nordseekanal gilt bei den Passagieren bereits als Sehenswürdigkeit. Die Stadt Amsterdam ist für sich genommen ein herausragender Tourismus-Magnet. Die Zahlen stiegen in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich. Doch auch das gehört zum Gesamtbild: Es formierte sich Widerstand in Teilen der Bevölkerung, gespeist aus der Sorge um „Overtourism“. Die Politik handelte und leitete eine Art „Deckelung“ ein.
Mit dem akuten Ausbruch von Corona ab Mitte März wurde der Hafen für die Kreuzfahrtindustrie zu einer Tabu-Zone erklärt. So wollte die Stadt verhindern, dass der Cruise-Sektor zum „Super-Spreader“ für Covid-19 wurde. Seit Mitte Juni erfolgte dann eine vorsichtige Öffnung. In der ersten Jahreshälfte wurden demnach ganze 21 Flusskreuzfahrt-Anläufe erfasst, von denen wiederum 18 Besuche auf die Vor-Corona-Monate Januar und Februar entfielen. Für die zweite Jahreshälfte werden weitere Flusskreuzfahrtschiffe erwartet. Auch das ist klar: An Hochseekreuzfahrtschiffen wird 2020 aufgrund der Corona-bedingten Einflüsse kein Schiff mehr in Amsterdam erwartet. EHA