Hafenplanung: Betriebsräte machen Druck

In den Belegschaften verschiedener Hamburger Hafenunternehmen wächst der Unmut über die zögerlichen und aus Sicht der Betroffenen zugleich widersprüchlichen Planungen über die künftige Weiterentwicklung des ehemaligen „Mittleren Freihafens“.

Daher wird jetzt Druck auf die Politik, aber auch auf die Hamburg Port Authority (HPA) aufgebaut. Die Betriebsratsvorsitzenden der vier Hamburger Containerterminals, von denen drei Anlagen durch den lokalen Marktführer HHLA sowie eine durch die Eurogate-Gruppe betrieben werden, ergänzt um den Betriebsrat der Gesamthafenbetriebsgesellschaft (GHB) und Vertreter des Fachbereichs der Gewerkschaft Verdi haben daher die Medien am Mittwochvormittag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen. Bemerkenswert: Die Veranstaltung wird direkt am Stammsitz der HHLA in der Speicherstadt abgehalten.

Die Hamburger Hafen-Betriebsräte sind vor allem wütend darüber, dass „alle Versuche von unserer Seite aus, mehr Transparenz in die Planungen zu bringen und die Interessen der im Hafen Beschäftigten einzubringen, bisher ins Leere gelaufen sind“. Damit nicht genug: Das, was bislang an Informationen vor allem über die Medien ans Tageslicht kam, gehen nach Einschätzung der Arbeitnehmervertretungen und der Gewerkschaft Verdi „von einer Privatisierung von Flächen und Infrastruktur aus“. Doch genau das ginge dann „zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen“. Mehr noch: „Wir halten die Planungen von Senat, Wirtschaftsbehörde und HPA für so nicht hinnehmbar“.

Doch was ist bislang passiert? Im Zuge des von der HPA, der Wirtschaftsbehörde und dem SPD-Grünen-Senat Anfang 2017 ausgerichteten „Ideenwettbewerbs“ lieferten verschiedene Unternehmen unterschiedliche Vorschläge ab, wie eine rund 42 Hektar große Brachfläche im Herzen des Hafens mittel- und längerfristig neu mit Leben zu füllen wäre. Ende Juli 2017 wurde dieser Wettbewerb abgeschlossen.

Eine Fachjury ermittelte als „Siegerentwurf“ einen Beitrag mit chinesischem Kapitalhintergrund: Die ZPMC Germany GmbH/CCCC (China Communications Construction Company Ltd.) sah vor dem Hintergrund der „One Belt – One Road“-Initiative des Reichs der Mitte eine Kombination aus einem e-Logistik-Hub und einem automatisierten Container-Terminal in Steinwerder-Süd vor.

Ein Konzept, das allerdings sehr schnell in der Hafenwirtschaft auf Widerstand stieß, auch wenn sich die HPA in den Folgewochen darum bemühte, deutlich zu machen, dass es sich ja zunächst einmal nur „um Ideenbeiträge für die Zukunft von Steinwerder-Süd“ handle, einem Gebiet, das hinsichtlich seiner Lage auch als „Filetstück“ im kompakt aufgebauten Hamburger Hafen gilt.

Dabei war dieser vor gut einem Jahr abgeschlossene Ideenwettbewerb nicht der einzige Ansatz, um das zentral gelegene Areal zu ertüchtigen, das durch wichtige Nachbarn wie den HHLA-Container-Terminal Tollerort (CTT), die zur Lürssen-Gruppe gehörende Werft Blohm + Voss oder den von der HPA-Tochter Cruise Gate Hamburg (CGH) betriebenen Kreuzfahrtterminal Steinwerder (Cruise Center Steinwerder, CCS) eingerahmt wird. Bereits 2010 hatte es einen vergleichbaren Wettbewerb gegeben. Er wurde erforderlich, nachdem Hamburg vom ursprünglichen Großvorhaben eines weiteren Box-Terminals, dem „Container Terminal Steinwerder“ (CTS) Abstand nehmen musste. Der Grund damals: der dramatische Einbruch im Boxen-Umschlag des Hamburger Hafens als Folge der Banken- und Schifffahrtskrise ab Ende 2008/ Anfang 2009 und die Erkenntnis, dass die vorhandenen Kapazitäten auch dank modernerer Umschlagtechnik doch ausreichen würden, um weiteres Wachstum langfristig bewältigen zu können. Das Ergebnis des Wettbewerbs damals lautete, grob zusammengefasst: Verzicht auf einen weiteren Container Terminal und stattdessen Bau eines großen Universalterminals, der fortan als „CTS“, nämlich „Central Terminal Steinwerder“ umschrieben wurde.

Zu seiner Umsetzung kam es jedoch bis heute nicht. Stattdessen stellte das auf der Insel Steinwerder angesiedelte Buss Hansa Terminal (BHT) Ende 2016 seinen Betrieb ein, nachdem die Stadt den Pachtvertrag mit dem Unternehmen nicht mehr verlängert hatte. Der Betriebsstättenverlust hatte auch noch diese Wirkung: Hamburg verlor damit einen wichtigen Anbieter im wertschöpfungsintensiven Gütersegment „Breakbulk und Projekt- und Schwergutladung“. Zudem hatte sich der BHT auch auf verschiedene Shortsea-Verkehre eingestellt. Immerhin: Die inhabergeführte Buss-Group wurde umfassend durch die Stadt entschädigt. Die Rede ist von rund 140 Millionen Euro. Die knapp 100 BHT-Beschäftigten, viele darunter, die weit über 50 sind, verloren jedoch ihren Job. „Sie sind zum Teil jetzt noch arbeitslos“, stellen Hamburgs Betriebsräte in ihrem gemeinsamen Rundschreiben zur angekündigten Pressekonferenz fest.

Die ehemalige Bebauung des BHT-Geländes ist inzwischen abgerissen worden. Im Zuge einer größer gefassten Neugestaltung des „Mittleren Freihafens“, als welcher diese Hafenfläche weiterhin in Hafenkreisen ein Begriff ist, entstanden bis heute mit dem „Cruise Center Steinwerder“ (CCS) das modernste Passagierterminal in Hamburg sowie ein deutlich vergrößerter Vorhafen. Dabei handelt es sich um die schiffsseitige Zufahrtszone in den „Mittleren Freihafen“, wichtig für ein flottes und sicheres Navigieren von Großcontainerschiffen und weitere Projekte in diesem Hafenteil befinden sich in der Planung beziehungsweise noch in der Umsetzung. So wird der Kranhersteller Liebherr im Kuhwerder Hafen ein modernes Wartungs- und Logistikzentrum für Großkrane bauen. Das dafür vorgesehene Gelände wurde bereits aufwändig auf militärische Altlasten hin untersucht und bereinigt und für eine Neubebauung hergerichtet. Nach Fertigstellung der Anlage könnten in dem in dieser Form einzigartigen Hafentechnikzentrum bis zu 200 Jobs eingerichtet werden, ein Großteil davon neue Arbeitsplätzen. Auch die HHLA hat Pläne für diesen Hafenteil. Im Fokus dabei der CTT, zugleich die kleinste Anlage des auch international tätigen Hafenlogistikers. So will das Unternehmen einen weiteren Liegeplatz für Großcontainerschiffe am CTT bauen, der nicht nur aus Sicht des Unternehmens, sondern auch aus der Gesamthafenperspektive bedeutsam wäre. Denn: Großcontainerschiffe jenseits der 14.000 TEU und darüber hinaus können den erst Ende 2002 eingeweihten Container Terminal Altenwerder (CTA) nicht mehr ansteuern, weil ihnen die über 40 Jahre alte Köhlbrandbrücke im Wortsinne im Wege steht. Die lichte Durchfahrthöhe der markanten Brücke von gut 53 Metern reicht für die Box-Riesen nicht mehr aus. Weil das so ist und weil die XXL-Box-Carrier mit 18.000 oder 20.000 TEU und darüber hinaus mittel- und langfristig zur Normalität in der Containerlinienschifffahrt werden, muss schnell gehandelt werden. Der HHLA-Kernterminal CTB (Container Terminal Burchardkai) fängt zwar die Großen auf, der CTT könnte mittelfristig aber für mehr „Luft“ bei den TEU-Dickschiffen sorgen. Gestaltungsspielraum böte aber auch der Box-Terminal von Eurogate im Waltershofer Hafen, der auch als Folge der Insolvenz des einstigen Großkunden Hanjin eine messbare Unterauslastung verzeichnet. Getroffen wurde die Eurogate-Gruppe am Stamm-Standort Hamburg aber auch durch den Konzentrationsprozess in der weltweiten Containerlinienschifffahrt, der zu nur noch drei Groß-Allianzen geführt hat.

Und was passiert mit dem weitgehend automatisierten CTA? Hier spitzt sich die Hamburger Hafenentwicklungs-Diskussion derzeit auf eine diese Lösung zu: Statt eines Ersatzbaus für die inzwischen zu einem Wahrzeichen Hamburgs aufgerückten Köhlbrandbrücken-Konstrukt mit einer lichten Durchfahrtshöhe von dann sogar bis zu 74 Metern, sondern ein Tunnel. Eine Röhre, die damit tief unter dem Köhlbrand verlaufen würde, der die Norder- mit der Süderelbe miteinander verbindet.

Zugegeben, noch ist das eine kühne Version, doch HHLA-Vorstandschefin Angela Titzrath hat sich in den vergangenen Wochen bereits bei verschiedenen Gelegenheiten klar „pro Tunnel“ in Position gebracht. Ein Tunnel, der neben dem reinen, allgemeinen Straßenverkehr auch noch eine getrennte Röhre bekommen sollte, durch dann nur die Hafenfracht rollen soll. Das Ganze dann vollautomatisch nach dem Vorbild der selbstfahrenden Plattformen („AGV“) auf dem Box-Terminal in Altenwerder. Wie auch immer bei diesem Projekt entschieden wird: Der südliche Bereich im „Ex-Mittleren Freihafen“ müsste in die Trassenführung für Tunnel oder neue Brücke mit einbezogen werden. Heißt: Es geht um entsprechende Fläche, die nicht mit klassischem Hafenumschlag zu bebauen wäre.

Den Hafenbetriebsräten und den Gewerkschaften dauert das alles zu lange. Sie sorgen sich auch um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Hafens, der so stolz darauf ist, ein echter Umschlag-Allrounder zu sein. EHA

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