Hamburg: Seegüterumschlag rückläufig

Die Mischung macht’s: Großcontainer- und Feederschiffe Seite an Seite im Hamburger Hafen, Foto: HHM/Glaubitt

Doppelspitze Hafen Hamburg Marketing: Ingo Egloff (l.) und Axel Mattern, Foto: Arndt

Der Hamburger Hafen ist für Großschiffe attraktiv. Das beweist nicht nur die HHM-Halbjahresbilanz, sondern auch die Tatsache, dass am Sonntag mit der „Mathilde Maersk“ erstmals ein 18.270-TEU-Schiff der aus zwanzig Einheiten bestehende M-Serie hier festmachte , IFoto: Hasenpusch
Mit einem Seegüterumschlag von 70,8 Millionen Tonnen blieb der Hafen Hamburg im ersten Halbjahr 2015 um 2,5 Prozent hinter dem starken Ergebnis des Vorjahres zurück.
„Nach dem letztjährigen Rekordergebnis kann man nicht immer nur Siege verkünden“, sagte Ingo Egloff, Vorstand Hafen Hamburg Marketing (HHM), am Montag bei der Halbjahrespressekonferenz von Deutschlands größtem Universalhafen, die beim HHM-Mitglied Vattenfall im Kraftwerk Moorburg stattfand.
Positiv bewertete Egloff dabei vor allem die Entwicklung beim Massengutumschlag, der in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 23,6 Millionen Tonnen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 um 12,3 Prozent zunahm. Dies sei vor allem auf die starken Importe von Kohle und Erz im Bereich Greifergut zurückzuführen, der mit einem Umschlagergebnis von 11,5 Millionen Tonnen (+19 Prozent) kräftig zulegte. Der Bereich Sauggut erreichte insbesondere durch vermehrte Getreideexporte mit 5,3 Millionen Tonnen (+22,4 Prozent) ebenfalls ein gutes Ergebnis, während der Umschlag von Flüssigladung im ersten Halbjahr mit 6,7 Millionen Tonnen (-3,3 Prozent) unter dem Ergebnis des Vorjahres lag.
Erhebliche Rückschläge musste der Hamburger Hafen in den ersten sechs Monaten allerdings beim Contai ner umschlag verdauen, der mit 4,5 Millionen TEU um 6,8 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis zurückblieb. Dieser Rückgang ist vor allem mit dem schwachen Außenhandel der beiden führenden Handelspartner China und Russland zu erklären, die im Containerverkehr via Hamburg mit 1,3 Millionen TEU (China: -10,9 Prozent) beziehungsweise 212.000 TEU (Russland: -35,9 Prozent) deutlich unter dem Vorjahresergebnis blieben.
Da Hamburg durch seine starken Ostseeverkehre im Vergleich zu Häfen wie Antwerpen und Rotterdam einen rund sechs Prozentpunkte höheren Anteil an Transhipment-Ladung aufweist, trifft der Rückgang der Ladung aus China und Russland den Hafen im Containerumschlag besonders stark. Denn ein großer Teil der China- und Russland-Ladung wird im Transhipment via Hamburg vom großen Containerschiff auf Feederschiffe umgeschlagen.
„Der gesamte Außenhandel Chinas ist im ersten Quartal 2015 deutlich um 6,9 Prozent geschrumpft. Die schwache Außenhandelsentwicklung wird besonders bei den Exporten aus China nach Europa durch den verteuerten Yuan geprägt. Der Euro lag in den ersten sechs Monaten des Jahres durchschnittlich 19 Prozent niedriger als der Yuan und verteuerte somit für europäische Importeure den Einkauf chinesischer Waren“, erläuterte Axel Mattern, ebenfalls Vorstand HHM.
Im Containerverkehr mit Russland sind neben den unverändert bestehenden Handelssanktionen auch Faktoren wie der schwache Rubel, der Ölpreisverfall und die wirtschaftliche Rezession Ursachen für den in Hamburg verzeichneten deutlichen Rückgang des Containerumschlags. „Für russische Importeure verteuern sich Waren aus dem Ausland. Die Konsum- und In ves titionsbereitschaft in Russland lassen deutlich nach“, sagte Egloff. „Der IWF geht für dieses Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in Russland um 3,4 Prozent aus. Die Beschreibung der derzeitigen Wirtschaftslage unterstreicht auch die Tatsache, dass in den russischen Ostseehäfen im ersten Halbjahr 32,1 Prozent weniger Container umgeschlagen wurden als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum“, so Egloff weiter.
Vergleicht man den Containerumschlag nach Fahrtgebieten, so lassen sich neben den Verlierern Nord ostasien (-10,3 Prozent) und Ostsee (-19,9 Prozent) aber auch zwei Gewinner ausmachen. Denn Südafrika legte im ersten Halbjahr um 28,3 Prozent (auf 0,05 Millionen TEU) und Lateinamerika sogar um 31 Prozent (auf 0,34 Millionen TEU) zu.
Auch was den Bereich Transhipment-Umschlag/Hinterlandverkehr angeht, sahen Egloff und Mattern im zurückliegenden Halbjahr sowohl Licht als auch Schatten. Während der Umschlag am Groß- und Feederschiff im Vergleich zum Vorjahr um 19,9 Prozent auf 1,6 Millionen TEU zurückging, legte der Hinterlandverkehr per Bahn, Binnenschiff und Lkw im gleichen Zeitraum um 2,3 Prozent auf 2,9 Millionen TEU zu. Das ist ein neuer Rekord für den landseitigen Transport im Hamburger Hafen. „An diesen Zahlen zeigt sich deutlich, dass alles, was nach Hamburg will, auch in Hamburg ankommt“, bilanzierte Mattern. Und Egloff ergänzte: „Die Hinterlandanbindung ist das, was Hamburg ausmacht.“ Dabei verwies er voll allem auf den Containertransport auf der Schiene, der um 6,4 Prozent auf 1,16 Millionen TEU kletterte. Damit konnte Hamburg seine Position als Europas größter Bahnhafen weiter untermauern.
Gleichzeitig zeige das Halbjahresergebnis von HHM aber auch, wie wichtig es sei, die immer noch ausstehende Fahrrinnenanpassung der Elbe zur besseren Abfertigung besonders großer Schiffe zu realisieren, damit auch weiterhin Transhipment-Ladung in entsprechend großen Mengen nach Hamburg kommt und nicht in anderen Nord range-Häfen umgeschlagen wird. „Ein besonders großes Containerschiff könnte nach einer Fahrrinnenanpassung einkommend und ausgehend bis zu 1800 beladene Container mehr transportieren“, erläutert Mattern. Sein Rechenbeispiel gewinnt vor allem an Bedeutung, wenn man die Entwicklung der Großcontainerschiffe in Hamburg betrachtet. Denn diese nahm im ersten Halbjahr 2015 bei den Schiffen bis 13.999 TEU mit 255 Anläufen um 18 Prozent zu und bei den Schiffen über 14.000 TEU mit 53 Anläufen sogar um 96 Prozent.
Im direkten Vergleich mit den Häfen in Rotterdam und Antwerpen bleibt den Hamburgern im ersten Halbjahr 2015 aber das Nachsehen. So legten die Niederländer beim Containerumschlag um 3,7 Prozent auf 6,2 Millionen TEU zu und die Belgier sogar um 9,5 Prozent auf 4,8 Millionen TEU.
Der nicht-containerisierte Stückgutumschlag, etwa von großen Anlagenteilen und rollender Ladung, blieb im ersten Halbjahr in Hamburg mit 876.000 Tonnen um 5,8 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis zurück.
„Trotz der aktuellen Zahlen blicke ich verhalten optimis tisch in die mittelfristige Zukunft“, gab sich Egloff am Ende der rund anderthalbstündigen Pressekonferenz zuversichtlich. Für das Jahr 2015 rechne er mit einem weiteren Anstieg beim Massengutumschlag und einem insgesamt leichten Rückgang beim Containerumschlag. So seien zum Ende des Jahres 141 Millionen Tonnen Seegüterumschlag und davon 9,0 Millionen TEU im Containerumschlag möglich. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass sich der seeseitige Außenhandel mit den Kernmärkten stabilisiere.
Auf die Frage, ob die aktuelle Entwicklung negative Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze im Hamburger Hafen haben könne, sagte Egloff deutlich: „Wir stehen heute nicht vor einer Krise wie 2008. Die Hafenfirmen wissen, dass es ein Auf und Ab gibt. und ich sehe keine Anzeichen dafür, dass ein Unternehmen Arbeitsplätze abbaut.“
Mit mehr als 153.000 Beschäftigten und einer Bruttowertschöpfung von 20,5 Milliarden Euro ist der Hamburger Hafen von großer Bedeutung für die gesamte deutsche Volkswirtschaft. bre