Hamburger Hafen: Massiver TEU-Verlust

Der Megaboxer „YM Wholesome“ (14.080 TEU) machte am 8. November 2015 erstmals im Hamburger Hafen fest, Foto: Hasenpusch
Der Hamburger Hafen hat in den ersten neun Monaten des Jahres einen empfindlichen Einbruch beim Containerumschlag erlitten.
Mit 6,7 Millionen Standardcontainern (TEU) gingen 9,2 Prozent weniger Boxen über die Kaikanten als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte die Marketinggesellschaft des maritimen Universal standortes am Montag in der Hansestadt mit. Damit fiel Hamburg in Europa auf Platz drei hinter Rotterdam und Antwerpen zurück. In Rotterdam legte der Containerumschlag in den ersten neun Monaten um ein Prozent zu, in Antwerpen um acht Prozent. Ursache der deutlichen Rückgänge in Hamburg sind vor allem massive Einbrüche im Handel mit China und Russland. Insgesamt verringerte sich der Güterumschlag des Hafens um 4,8 Prozent auf 104,6 Millionen Tonnen.
Auch der Ausblick für 2015 fällt insgesamt negativ aus. „Zum Ende des Jahres ist ein Ergebnis im Seegüterumschlag von 138 Millionen Tonnen (-5 Prozent) und beim Containerumschlag von etwa 8,8 Millionen TEU (-9,5 Prozent) zu erwarten“, sagte Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing (HHM). Damit läge der Hamburger Boxenumschlag 2015 etwa auf dem Niveau von 2006. Um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben, mahnten Mattern und Vorstandskollege Ingo Egloff an, dass neben der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe auch die Zu- und Ablaufkorridore für den Gütertransport per Bahn, Lkw und Binnenschiff anzupassen und auszubauen seien. Schließlich sei der Hafen in der Metropolregion Hamburg mit einer Bruttowertschöpfung von 20,5 Milliarden Euro und mehr als 153.000 Beschäftigten auch von großer Bedeutung für die gesamte deutsche Volkswirt schaft.
Im Containerverkehr mit Russland scheint inzwischen die Abwärtsentwicklung zu stoppen und eine Stabilisierung einzusetzen. Hamburgs drittwichtigster Partner im Containerverkehr weist für die ersten neun Monate mit insgesamt 323.000 TEU ein Minus von 36 Prozent auf. Die unverändert bestehenden Handelssanktionen sind in Kombination mit einem schwachen Rubel, dem niedrigen Ölpreis und der insgesamt in Russland fortschreitenden wirtschaftlichen Rezession die Hauptursachen für den in Hamburg zu beobachtenden Rückgang im Containerumschlag. „Der Rückgang im Containerverkehr mit Russland in einer Größenordnung von mehr als einem Drittel trifft uns besonders hart, weil die Großzahl der Russland-Container im Transhipment via Hamburg auf oder von Großcontainerschiffen umgeschlagen werden. Dieser zweite Umschlagvorgang je Box und Transportrichtung vom Feederschiff auf das Großcontainerschiff oder umgekehrt findet jetzt nur in geringerem Umfang statt und schlägt sich auch in der Gesamtstatistik der in Hamburg umgeschlagenen Container negativ nieder. Eine Erholung ist in nächster Zeit kaum zu erwarten. Wir gehen aber davon aus, dass sich der Containerumschlag mit Russland jetzt stabilisiert“, so Mattern.
Die beiden HHM-Vorstände betonten, dass neben dem Einbruch im Russlandverkehr auch die schwache Umschlagentwicklung im Containerverkehr mit China starken Einfluss auf das Ergebnis der ersten neun Monate hatte. Die im Containerumschlag mit China in diesem Zeitraum in Hamburg abgefertigten 1,9 Millionen TEU bedeuten einen Rückgang von 14,9 Prozent. Im August und September blieb das sonst einsetzende Mehraufkommen im Containerumschlag durch die Zulieferungen für das Weihnachtsgeschäft nahezu aus. „Da China unser stärkster Handelspartner im Containerverkehr ist und große Mengen der Container auch als Transhipment in den Ostseeraum via Hamburg transportiert werden, ist dieser Rückgang für Hamburgs Hafen schmerzlich“, so Mattern. „Hinzu kommt, dass die immer noch ausstehende Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe eine flexiblere und bessere Abfertigung besonders großer Schiffe erschwert“, ergänzte er. Damit Hamburg auch weiterhin die wichtige Logistikfunktion einer Drehscheibe für Transhipmentladung übernehmen kann, sei die Fahrrinnenanpassung von größter Dringlichkeit für Deutschlands größten Universalhafen. „Einige Wettbewerbshäfen in der Nordrange greifen diese Verkehre gezielt an und ziehen Mengen aus Hamburg ab, weil die Restriktionen auf der Elbe die Ausnutzung der Transportkapazitäten großer Schiffe einschränken. In den Hamburger Hafen einlaufend und beim Verlassen könnte ein besonders großes Containerschiff nach erfolgter Fahrrinnenanpassung, die dann einen Meter mehr Tiefgang bietet, zwischen 1600 und 1800 beladene Container (TEU) mehr nach Hamburg transportieren“, verdeutlicht Mattern. Vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl besonders großer Containerschiffe mit 10.000 bis 13.999 TEU Stellplatzkapazität, die in den ersten neun Monaten auf 394 Anläufe (+19,4 Prozent) anstieg, und der steigenden Zahl in der Größenklasse von 14.000 bis 19.000+ TEU Stellplatzkapazität, die 88 Anläufe (+100 Prozent) erreichte, erschwere die noch nicht realisierte Elbvertiefung einen reibungs losen Zugang zum Hamburger Hafen.
In den ersten neun Monaten entwickelte sich der Containerverkehr Hamburgs mit Häfen in der Ostseeregion rückläufig. Insgesamt wurden in dieser Relation 1,4 Millionen TEU (-22,4 Prozent) in Hamburg umgeschlagen. Da Hamburg aufgrund seiner starken Ostseeverkehre unter den Nordrange-Häfen eine relativ hohe Transhipment-Quote aufweist, wirkt sich der Rückgang der China- und Russlandladung im Containerumschlag mit der Ostsee region in Hamburg deutlicher aus. Der gesamte Containerumschlag in den Häfen der Ostseeregion ist von diesem Rückgang betroffen. Insgesamt zwölf Seehäfen aus Russland, den baltischen Staaten, Schweden, Finnland und Polen weisen ein Minus im Containerumschlag aus, das im Durchschnitt minus 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beträgt. Das bedeutet für diese Ostseehäfen insgesamt einen Rückgang in der Größenordnung von rund einer Million TEU.
Auch wenn sich der landseitige Hinterlandverkehr Hamburgs in den ersten neun Monaten weiter positiv entwickelt hat, konnte damit der Rückgang im Transhipmentumschlag auf der Seeseite nicht ausgeglichen werden. Hamburgs Seehafenhinterlandverkehr entwickelte sich im Zeitraum Januar bis September gegen den Trend erneut sehr erfreulich. Insgesamt wurden 4,5 Millionen TEU transportiert (+1 Prozent). „Das ist für den landseitigen Transport von Containern ein weiterer Rekord. Der Containertransport auf der Schiene kletterte auf 1,8 Millionen TEU. Dieses Plus von 4,1 Prozent macht deutlich, dass die Eisenbahn beim Containertransport überdurchschnittlich zulegt“, betont Mattern.
Der nicht-containerisierte Stückgutumschlag, von zum Beispiel großen Anlagenteilen und rollender Ladung, blieb in den ersten neun Monaten mit 1,5 Millionen Tonnen (-8,5 Prozent) unter dem Vorjahresergebnis.
Ganz anders als im Stückgut- und Containerumschlag verlief die Umschlagentwicklung beim Massengut, das sich in den ersten drei Quartalen mit einem Umschlagergebnis von 34,3 Millionen Tonnen (+8,7 Prozent) in diesem Jahr weiter auf Rekordkurs befindet. Für zweistellige Zuwachsraten sorgten in diesem Segment der Greifergutumschlag mit 16,9 Millionen Tonnen (+13,9 Prozent) und der Sauggutumschlag mit sieben Millionen Tonnen (+13,3 Prozent).
Im Segment Flüssigladung wurden im Zeitraum Januar bis September insgesamt 10,4 Millionen Tonnen (-1,4 Prozent) in Hamburg umgeschlagen. Importe von Mineralölprodukten machen in diesem Segment mit 4,9 Millionen Tonnen (-1,7 Prozent) den Hauptanteil aus. FBi