Hamburgs Hafenumschlag sinkt weiter
Die Lage für den Hamburger Hafen bleibt schwierig.
Deutschlands größter Seegüterumschlagplatz meldet für das erste Quartal dieses Jahres weitere Rückgänge. So sank die Containerabfertigung um 3,4 Prozent auf 2,2 Millionen TEU. Der Stückgutbereich verzeichnete ein Minus von 2,7 Prozent und fiel auf 23,3 Millionen Tonnen. Außerdem verringerte sich das Massengutsegment mit 11,5 Millionen Tonnen um 1,9 Prozent. Damit reduzierte sich das gesamte Umschlagergebnis um 2,5 Prozent auf 34,8 Millionen Tonnen.
Hauptursache für das Ergebnis sind die Rückgänge bei den wichtigsten Handelspartnern China (-8 Prozent), Singapur (-7,6 Prozent) und Russland (-4,9 Prozent). Dennoch sieht sich der Hamburger Hafen im vergangenen Quartal nach einem empfindlichen Rückschlag 2015 (-9,3 Prozent) wieder stabilisiert. „Die Zahlen sind zwar rückläufig, aber die Talsohle ist durchschritten“, sagte der Vorstand von Hafen Hamburg Marketing (HHM), Axel Mattern, am Montag in der Hansestadt. Das zeige der Vergleich mit dem vierten Quartal 2015.
„Wir gehen davon aus, dass der Mengenrückgang im Containerverkehr mit China und Russland die Talsohle erreicht hat und beide Länder weiter für den Hamburger Hafen Kernmärkte bleiben. Positive Signale aus der russischen Wirtschaft konnten wir vor einigen Wochen auf der größten russischen Logistikmesse TransRussia sowie bei zahlreichen Informationsveranstaltungen und Gesprächen mit Vertretern aus Unternehmen und der Politik feststellen. Auch in schwierigen Zeiten ist der Hamburger Hafen für Russ land eine wichtige Drehscheibe im internationalen Handel“, betonte Mattern.
Das Ergebnis im Seegüter umschlag des ersten Quartals 2016 war vor allem durch einen schwächeren Containerverkehr mit China geprägt. Die Volksrepublik ist hier mit Abstand der wichtigste Handelspartner des Hamburger Hafens.
Mit 651.000 TEU bleibt der Containerverkehr mit China 57.000 TEU unter dem Vorjahresergebnis und beeinflusst mit dem absolut größten Mengenrückgang das Gesamtergebnis. Da konnten ein- und zweistellige Wachstumsraten im Containerverkehr mit Finnland (+11,1 Prozent), den USA (+14,2 Prozent), Malaysia (+6,4 Prozent), Großbritannien (+31,8 Prozent) und Indien (+4,1 Prozent), die alle zu den Top-10-Handelspartnern des Hamburger Hafens zählen, nicht für einen Ausgleich im Gesamtergebnis sorgen.
Allerdings gab es zum Teil auch heftige Einbrüche bei den Konkurrenzhäfen der Nordrange. Am meisten Container verlor Zeebrugge (-17,6 Prozent), gefolgt von Rotterdam (-3,9 Prozent) und Le Havre (-3,3 Prozent). Die bremischen Häfen konnten dagegen um rund vier Prozent zulegen. Insgesamt war das Gesamtvolumen im ersten Quartal um ein Prozent rückläufig.
Den weiteren Angaben zufolge bleibt auch China 2016 eine Marktregion, die von HHM und seinen Hafenvertretungen in Hongkong und Shanghai intensiv bearbeitet wird. Mitte Juni wird eine Hafenwirtschaftsdelegation, die sich unter anderem aus Vertretern der Unternehmen Buss Port Logistics, Brunsbüttel Ports, TCO Transcargo sowie der HPA Hamburg Port Authority zusammensetzt, neben Shanghai auch Ningbo, Tianjin und Beijing besuchen. Der Rückgang im Containerverkehr mit der Volksrepublik entspricht 78.000 TEU. So wurden in den ersten drei Monaten Containerabfahrten von Liniendiensten im Fernostverkehr vorübergehend wegen des Überangebots an Laderaum ausgesetzt, ein Liniendienst wurde sogar vollständig eingestellt. Dies betraf neben Hamburg auch andere Häfen.
Andererseits erhielt Hamburg aber auch im ersten Quartals neue Liniendienste. Zum einen verbindet jetzt wöchentlich der neue Columbia-Fruchtdienst der Reederei Maersk die kolumbianischen Häfen Turbo und Santa Maria mit dem HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum am Mehrzweckterminal O’Swaldkai. Außerdem verbindet der neue ECL Containerdienst von HDS/IRISL alle 14 Tage Hamburg mit den Häfen Genua, Istanbul, Port Said und Bandar Abbas. Da der Iran durch die eingeschränkten Handelsbestimmungen in den vergangenen Jahren einen großen Nachholbedarf an Investitionsgütern für die Öl-, Automobil-, Chemie- und Energiewirtschaft aufweist, gehen Mattern und sein Vorstandskollege Ingo Egloff davon aus, dass Hamburg mit seinen traditionell guten Beziehungen zum Iran als nordeuropäischer Umschlagplatz für Iran-Ladung wieder eine zunehmende Bedeutung einnehmen wird.
Zugleich wird die Neuordnung der Allianzen bei den großen Reedereien genau beobachtet. Doch die Auswirkungen auf den Hamburger Hafen seien gegenwärtig noch nicht absehbar. „Wir sind da nicht pessimistisch eingestellt“, sagte Mattern. Die Allianzen müssten entscheiden, welche Schiffe und Dienste welche Häfen in Europa anlaufen sollten.
Zum geringeren Massengut umschlag trugen das Segment Sauggut mit 2,3 Millionen Tonnen (-13,5 Prozent), der Bereich Greifergut mit 5,4 Millionen Tonnen (-1,5 Prozent) und die Flüssigladung mit 3,7 Millionen Tonnen (+6,1 Prozent) bei. Mit 2,7 Millionen Tonnen (+65,5 Prozent) entwickelten sich besonders die Importe von Mineralölprodukten sehr gut. Beim Sauggut blieben die im Vorjahresquartal besonders starken Getreideexporte aus. Dies führte zu einem Umschlagrückgang von 13,5 Prozent. Der Import von Ölfrüchten erreichte mit 912.000 Tonnen ein Plus von 51,7 Prozent, konnte den Rückgang im Getreideexport jedoch nicht ausgleichen.
Der Bahnanteil im Hamburger Hafen wächst
Hamburg ist unverändert Europas führender Eisenbahnhafen und bietet insgesamt mehr als 1100 wöchentlich verkehrende Intermodal-Zugverbindungen mit Verlademöglichkeiten von und zu KV-Terminals im In- und Ausland an. Im ersten Quartal wurden 11,6 Millionen Tonnen Güter per Eisenbahn in oder aus dem Hamburger Hafen transportiert. Das ist ein Plus von 1,3 Prozent und bedeutet vor dem Hintergrund des Rückgangs im Gesamtumschlag den weiteren Ausbau des Bahnanteils am Modal Split des Hamburger Hafens, der im Gesamtjahr 2015 bei 45,8 Prozent lag. „Die frühen Ostertage im März bescherten uns in der Quartalsbilanz ein etwas schwächeres Bahnergebnis. Durch die eingeschränkten Güterzugverbindungen während der Feiertage wurden geringere Transportmengen im Zu- und Ablaufverkehr des Hafens abgefertigt. Somit fiel das Ergebnis für die per Bahn transportierten Container im ersten Quartal mit 585.000 TEU (-2,8 Prozent) etwas schwächer aus als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Quartalsergebnisse im Hafenumschlag und Hafenverkehr sind deshalb immer mit einer gewissen Zurückhaltung zu betrachten“, erläutere Egloff. Auf weiteres Wachstum im Bereich des Containerverkehrs per Eisenbahn bereiten sich auch die Hamburger Umschlagterminals, wie zum Beispiel der HHLA Container Terminal Altenwerder, vor. Dort baut die HHLA Europas größten Containerbahnhof weiter aus. Die Kapazität der Anlage wächst mit dem Ausbau um 140.000 TEU auf 930.000 TEU (THB 2. Mai 2016).
Egloff unterstrich zugleich, dass für die weitere Entwicklung von Hamburg als führender Hafen- und Logistikstandort in Deutschland die Fahrrinnenanpassung der Elbe sowie der Ausbau und die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur von größter Bedeutung seien. „Leistungsfähige Verkehrsanbindungen sind die lebensnotwendigen Schlag adern im globalen Außenhandel“, erklärte der Manager.
Hamburgs FDP wertete die Quartalszahlen als „enttäuschend“. „Es ist bitter, dass Bürgermeister Scholz und Wirtschaftssenator Horch beim Verfall des Hafens tatenlos zusehen. Wenn Scholz und Horch nicht bald ein Gesamtkonzept für Hafenumschlag und Hafenverkehr, präsentieren, verantworten sie den Abstieg des Hamburger Hafens vom Welthafen zum Regionalhafen mit gelegentlichem Schiffsverkehr und damit in die Bedeutungslosigkeit“, kritisierte Michael Kruse, wirtschaftspolitischer Sprecher und parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. FBi