HPA: Mehr Sturm-Sicherheit im Hafen

Die 366 Meter lange „Hanjin Gold“ hatte sich im Sturm bei Eurogate losgerissen, Foto: Hasenpusch

Auch die „Al Qibla“ hatte sich bei Eurogate losgerissen, Foto: Hasenpusch
„Leinen los!“ Das ist in der Schifffahrt bekanntlich ein ganz wichtiges Kommando. Doch manchmal kommt es anders als geplant.
Zum Beispiel durch ein heftiges Unwetter und sintflutartige Regenfälle. Wegen einer Gewitterfront mit Sturmböen von über 100 Stundenkilometern rissen sich im Hamburger Hafen gleich fünf Containerschiffe an einem Tag los. Das war am 5. Mai 2015. Die armdicken Festmacher-Leinen hielten den orkanartigen Böen aus südwestlicher Richtung mit einer Stärke von bis zu 120 km/h nicht mehr stand. Folge: Die 366 Meter lange und 48 Meter breite „Al Qibla“ von UASC driftete quer im Waltershofer Hafenbecken und touchierte die „Kuala Lumpur Express“, so ein Polizeisprecher. Dabei entstand Schaden in unbekannter Höhe. Die hinter der „Al Qibla“ liegende „Hanjin Gold“ (366 Meter lang, 48 Meter breit) und die „Bianca Rambow“ (124 Meter lang, 23 Meter breit) machten sich ebenfalls selbstständig. Alle Frachter wurden durch Notanker-Manöver und teilweise mit Hilfe von Funkstreifenbooten der Wasserschutzpolizei sowie durch den Einsatz von Schleppern wieder unter Kontrolle und in Position gebracht. Losgerissen hatten sich auch die Containerschiffe „MSC Margarita“ (Länge: 263 Meter, Breite: 40 Meter, Heimathafen: Monrovia) bei Eurogate und die „Barmbek“ (Länge: 160 Meter, Breite: 27 Meter, Heimathafen: Monrovia) vom Athabaskakai.
Zur gleichen Zeit stürzten durch die Böen an den zwei großen Containerterminals von Eurogate und der HHLA jeweils weit über hundert beladene und leere Boxen um. Nach Angaben der Wasserschutzpolizei waren keine Gefahrgutcontainer darunter. Menschen wurden nicht verletzt.
Die Hamburg Port Authority (HPA) hat unmittelbar nach den Vorfällen Konsequenzen gezogen und Vorgaben zur Leinenführung angeordnet. Darüber hinaus beteiligen sich Experten der HPA an internationalen Arbeitsgruppen und sind dabei, ein nachhaltiges Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Das kann auch für andere Seehäfen weltweit beispielhaft sein. Zugleich nimmt die HPA damit eine Vorreiterrolle ein.
„Im vergangenen Jahr hatten wir in sechs Monaten genau 37 Tage mit zum Teil extremen Windverhältnissen“, sagte Hamburgs Hafenkapitän Jörg Pollmann dem THB. Nach einer Auswertung der Windstatistik des Deutschen Wetterdienstes (DWD) erreichten Böen Stärken von über acht Beaufort. Dabei waren die Jahre 2011 bis 2015 miteinander verglichen worden. Spitzenreiter mit sieben heftigen Windtagen war der November 2015. Im März des Jahres wurden sechs Sturmtage registriert. Diesen Wert gab es nur noch im Januar 2011. Alle anderen Daten lagen darunter. 2011 und 2014: insgesamt 17 Sturmtage. 2012: 16 und 2013: 20.
Auf diesen Fakten basieren auch laufende Tests bei MariKom (Maritimes Kompetenzzentrum für industrienahe Forschung in der Meerestechnik GmbH) in Rostock. Dabei ist das Windverhalten unterschiedlich großer Containerfrachter untersucht worden. Da die Schiffe immer größer werden, ergeben sich daraus entsprechend gewachsene Windangriffsflächen zum Teil mit mehr als 18.750 Quadratmetern pro Seite. Darum ist auch eine den jeweiligen Verhältnissen angemessene Vertäuung notwendig. Zugleich bedingt die Entwicklung der Schiffsgrößen mit veränderten Trossenwinkeln durch höhere Vertäudecks andere Konstruktionen von Anlegern als früher. Dabei ist die Bestimmung der Verankerungskräfte ein schwieriges und komplexes Problem. Denn: Da Fender und Tauwerk elastisch sind, ist eine statische Berechnung nicht möglich. Hierfür entwickelte die HPA in Zusammenarbeit mit der DHI-Wasy GmbH den DVRS (Dynamic Vessel Response Simulator).
Alle Erkenntnisse sind Bestandteil eines Windgutachtens, das auch die Warteplätze Finkenwerder Pfähle auf der Elbe vor dem Airbus-Gelände umfasst. Hier sind die realsten Bedingungen für Großschiffe an vier Anlegedalben und vier Vertäudalben ermittelt worden. Denn im Hamburger Hafen gibt es keine vergleichbare Anlage. FBi