Kein russischer Öl-Terminal in Rotterdam

Bestimmt das Hafengeschehen in Rotterdam maßgeblich: der Öl- und Petrochemie-Sektor, Foto:Arndt
Der Rotterdamer Hafen will einen bereits seit fünf Jahren geplanten Rohöl-Tankterminal mit einem neuen Investor verwirklichen.
Ursprünglich sollte das Vorhaben „Tank Terminal Europort West“ (TEW) mit der russischen Öl-Firma Shtan dart TT umgesetzt werden, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der ebenfalls aus Russland stammenden Summa Group.
Ein wichtiger Beweggrund, den Terminal gemeinsam mit einem russischen Partner zu realisieren, bestand für den Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) darin, dass seit vielen Jahren immer größere Mengen russisches Erdöl, aber auch Verarbeitungsprodukte wie zum Beispiel Schweröl nach Rotterdam auf dem Seeweg transportiert wurden. Die logistischen Folgeschritte sind dann, zumal wenn es um eine Überseeverschiffung geht, kurzzeitige Zwischenlagerung bei einem Tanklagerhalter, Mengenbündelung und Weiterverladung mit Supertankern nach Übersee. So werden beispielsweise seit Jahr und Tag große Mengen Schweröl nach Asien transportiert, wo es unter anderem von der Reedereiverkehrswirtschaft nachgefragt wird.
Auf das Unternehmen Shtandart kam der HbR über ein 2010 eingeleitetes ausführliches Markterkundungsverfahren. 2013 wurde dann ein Vertrag mit dem Unternehmen unterzeichnet und das infrage kommende Grundstück auf Erbpachtbasis an das Unternehmen übertragen. Bis Anfang 2015 lagen sämtliche Genehmigungen, die zum Bau der Anlage berechtigen, vor. Bei Vertragsabschluss wurde angestrebt, die Anlage bis 2016 zu verwirklichen. Der Terminal sollte mit zwei wichtigen Produkten befüllt werden: Rohöl, für das eine Lagerkapazität von 2,3 Millionen Kubikmetern vorgesehen war, sowie Marinegasöl, für das Tanks mit einem Befüllungsvermögen von 0,9 Millionen Kubikmetern geplant waren.
Das Großprojekt, das zunächst auch als ein Symbol für die engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Niederlanden und Russland betrachtet wurde, erfuhr eine Neubewertung durch die aktuellen politischen Spannungen zwischen der EU und Russland. HbR und der russische Vertragspartner stellen dieses Junktim nicht her, sondern sprechen offiziell von einer einvernehmlich getroffenen Entscheidung vor dem Hintergrund aktueller Marktentwicklungen. Der Vertrag mit Shtandart wurde somit „rückabgewickelt“. Man rechnet jetzt aber nicht mit negativen Auswirkungen auf die Beziehungen Rotterdams mit Russland. Zur Einschätzung: Inzwischen stammt rund ein Drittel des im Maashafen umgeschlagenen Rohöls aus Russland.
Der HbR will allerdings nicht auf das Projekt verzichten. Aus Sicht des Hafenbetriebs ist „so viel Dynamik“ in den internationalen Energiemärkten, dass es sich im Hinblick auf Langfristper spektiven lohnt, in das Vorhaben zu investieren. Das allerdings dann mit einem anderen Partner, betont der Hafenbetrieb.
Die Hafenverwaltung verweist auf die aktuelle Entwicklung im Flüssigladungssegment in den ersten sechs Monaten 2015. So liegt der Mineralölumschlag um gut 25 Prozent über dem Vorjahresergebnis. Treiber dieser Entwicklung waren die weiter stark anziehenden Transporte russischen Schweröls nach Asien. EHA