Kiel schafft Voraussetzungen für mehr Güterumschlag

Der Freitag dieser Woche wird in den Annalen des Kieler Hafens einen bleibenden Platz erhalten: Denn mit dem 11. November 2016 verbindet sich fortan die offizielle Inbetriebnahme des neuen Papierlogistik-Zentrums auf dem weitläufigen Areal des Ostuferhafens.

Damit nicht genug: Nach Jahren der „Abstinenz“ kehrt das Papiergeschäft an die Kieler Förde zurück. Doch auch das gehört zur Gesamtgeschichte: Lübeck, das bislang für die schwedischen Firmen SCA AB (Svenska Cellulosa Aktiebolaget) und Iggesund Paper (Holmen Group) tätig war, verliert nun auch formell auf einen Schlag rund 650.000 Tonnen Papierzeugnisse. Aber die Menge, die Kiel künftig zu erwarten hat, liegt deutlich höher, nämlich bei rund einer Million Tonnen zusätzlich im Jahr. Von der Fördestadt aus werden die hochwertigen Forstprodukte innerhalb Deutschlands sowie in zentral- und osteuropäische Märkte weiterverteilt.

Als die Nachricht von diesem Standortwechsel im Juni 2015 die Runde machte, löste das unterschiedliche Emotionen aus: vor allem Freude beim Seehafen Kiel und der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt – und Niedergeschlagenheit sowie auch Verärgerung in Lübeck.

Was in den zurückliegenden gut zwölf Monaten in Kiel aus dem Boden gestampft wurde, ist beeindruckend. Dr. Dirk Claus, Geschäftsführer der Seehafen Kiel GmbH, ist stolz auf den mit großer Präzision durchgeführten Bauprozess für den neuen Hallenkomplex, in dem künftig die wertvolle Fracht zwischengelagert und von Kiel aus punktgenau weiterverteilt wird. Insgesamt wurden rund 25 Millionen Euro in das neue Logistikzentrum für Forstprodukte investiert. Es besteht im Kern aus drei neuen Hallen mit einer Gesamtfläche von etwa 32.000 Quadratmetern. Claus: „Die bisherige Lagerkapazität unseres Hafens erhöht sich um zwei Drittel.“ Mit den neuen Hafenschuppen Nr. 8 und 10 wird Kiel Standort für die Forstproduktenlogistik der schwedischen Konzerne SCA und Iggesund Paperboard, während die Halle Nr. 6 den Hafenkunden als Lager für russisches Schnittholz zur Verfügung stehen soll.

Die Seehafen Kiel GmbH ist Eigentümer der neuen Lagerhallen. Claus ist überzeugt: „Für den Hafen leistet dieses Projekt einen wichtigen Beitrag für das eigene Wachstum.“ Heißt für den Hafen in der langfristigen Perspektive: eine Umschlagmenge, die möglicherweise eines fernen Tages auch im zweistelligen Millionenbereich angesiedelt sein könnte. Zur Erinnerung: Auf 6,2 Millionen Tonnen kam der Hafen Kiel 2015.

Im Zuge des Großkundenprojektes wurden die beiden an den Liegeplatz 1 angrenzenden Lagerhallen umfassend modernisiert. In der neuen Halle 10 können die Papierrollen bis zu einer Höhe von zwölf Metern gestapelt werden. Ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum Liegeplatz 1 entstand die sogenannte Cassetten-Halle. Die Bezeichnung leitet sich von den als bewegliche Ladungsträger („Cassetten“) genutzten Plattformen ab. Auf diesen Plattformen werden die tonnenschweren Rollen an Bord der Spezialfrachter befördert und im Bestimmungshafen dann von Bord in die Hallen verbracht. Jede dieser Cassetten ist für eine Gesamtbelastung von rund 60 Tonnen ausgelegt.

Die Halle 8 hat eine Betriebsfläche von 7000 Quadratmetern. Ihre Inbetriebnahme erfolgte bereits zum Juli dieses Jahres. Für Hafenchef Claus hat Kiel eine Vielzahl von Standorttrümpfen in der Hand. Das ist für ihn zum einen die „strategisch gute Lage am Ausgang des Nord-Ostsee-Kanals (NOK)“.

Der Terminal am Ostuferhafen, entstanden auf einer ehemaligen gigantischen Werftfläche ab den 1990er Jahren (siehe Bericht Seite 3), bietet für die Schifffahrt ideale Abfertigungsbedingungen, beginnend mit der guten Ansteuerbarkeit, über die verfügbaren Kaifronten bis hin zur Wassertiefe von bis zu zehn Metern. Auch das gehört zum Gesamtpaket: eine schwerlastfähige RoRo-Rampe und zwei Hafenkrane. Um sich sich auf das Neugeschäft rechtzeitig einstellen zu können, hatten beide Seiten eine Art fließenden Übergang von Mengen von einem auf den anderen Hafen vereinbart. So gab es bereits Ende Oktober 2015 und damit nur wenige Monate nach der Entscheidung zum Standortwechsel eine „heimliche“ Premiere mit den Neukunden (THB 27. Oktober 2015). Damals hatte der 170 Meter lange Frachter „Ortviken“ auf dem Weg von Lübeck nach England am Liegeplatz 1 des Ostuferhafens angelegt. Die Reederei SCA wollte gemeinsam mit dem Hafen Kiel erste operative Erfahrungen sammeln. Inzwischen läuft das Umschlaggeschäft bereits auf vollen Touren. Verantwortlich für den Umschlag ist die Seehafen Kiel Stevedoring GmbH. Das Unternehmen investierte in neues Umschlaggerät, allen voran Stapler, und schuf rund 50 neue Arbeitsplätze.

Die Verteilung des Papiers ins Hinterland erfolgt in erster Linie mit dem Lkw. Es gibt darüber hinaus aber auch die Möglichkeit, Papier per Bahn zu den Verbrauchermärkten zu transportieren. Denn ausreichende Gleiskapazitäten sind vorhanden und werden für andere Verkehre bereits mit Erfolg genutzt. Beim Seehafen Kiel ist man jedenfalls davon überzeugt, dass der Hafen mit diesem neuen Forstproduktenzentrum in eine neue Dimension vorstoßen wird. EHA

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