Rotterdam mit Anti-Corona-Investitionspaket

Der Rotterdamer Hafen stellt die Weichen für eine umfangreiche Investitionsoffensive, um so den größten europäischen Seehafen aus dem Corona-geschuldeten Seegüter-Umschlagrückgang herauszuführen. Das kündigte Allard Castelein, CEO des Hafenbetriebs Rotterdam (HbR), am Donnerstagmorgen bei der Vorlage des Umschlagergebnisses für das erste Halbjahr an.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 erzielte der Maas-Hafen einen Umschlag von rund 218,9 Millionen Tonnen. Das entspricht einem Rückgang von 9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahres vergleichszeitraum.

Für Castelein ist trotz des für ihn „nicht überraschenden Mengenrückgangs“ das bemerkenswert: „Trotz der Störungen durch die Covid-19-Pandemie für Wirtschaft, Produktion und Logistik blieb der Hafen von Rotterdam zu 100 Prozent betriebsfähig.“

Zu besonders einschneidenden Mengenverlusten kam es in einem Kernsegment des Hafens: dem Flüssiggut-Umschlag. Der macht bezogen auf die Gesamtmenge gut 46 Prozent des Jahresumschlags aus. Im aktuellen Berichtszeitraum wurden rund 99,8 Millionen Tonnen Liquid Bulk umgeschlagen. Das waren 10 Millionen Tonnen weniger als im ersten Halbjahr 2019. Der Umschlag von Mineralölprodukten ging um rund 22 Prozent auf 29,6 Millionen Tonnen zurück. Der Rohölumschlag schrumpfte um gut 4 Prozent. Der LNG-Umschlag verbesserte sich um rund 2,6 Prozent. Private Hafen- und Logistikwirtschaft sowie der HbR haben in den zurückliegenden Jahren in den Bereich LNG auf hohem Niveau investiert. Rotterdam will zu einer der europäischen LNG-Drehscheiben aufrücken.

Der Umschlag von trockenem Massengut verringerte sich bis Ende Juni um gut 19 Prozent auf 30,8 Millionen Tonnen. Dieses Segment hat am Gesamtumschlag einen Anteil von 14 Prozent. Zu empfindlichen Mengenrückgängen kam es bei Eisenerz und Stahlschrott (minus 22 Prozent) sowie Kohle (minus 34 Prozent). Wichtige Nachfrager nach Stahl- und Eisenerzeugnissen hielten sich als Folge von Corona extrem zurück.

Der Stückgut-Bereich, einschließlich Breakbulk, Container und konventionellem Stückgutumschlag, stand ebenfalls unter Druck. Der Containerumschlag auf TEU-Basis verringerte sich um 7 Prozent auf gut 7 Millionen TEU. Die containerisierte Stückgutmenge weicht für das erste Halbjahr mit insgesamt 74,7 Millionen Tonnen um 3,3 Prozent vom Vorjahresergebnis ab.

Die Leercontainermenge lag im ersten Halbjahr „deutlich“ unter dem Vorjahresniveau als Folge rückläufiger Importe aus Asien. Auf der anderen Seite stiegen die Ausfuhren aus Europa nach Asien deutlich an.

Das Segment Breakbulk verzeichnete im ersten Halbjahr einen Rückgang von 11 Prozent auf 13,7 Millionen Tonnen. Der in diesem Segment ebenfalls erfasste RoRo-Umschlag schrumpfte um gut 12 Prozent auf 10,8 Millionen Tonnen.

Für Hafenchef Castelein steht indes schon fest, dass das Umschlagjahr 2020 messbar unter dem Ergebnis des Vorjahres liegen wird. Wie andere Wirtschaftsunternehmen stellt er sich auf „eine vorsichtige Erholung“ in den unterschiedlichen Volkswirtschaften im Jahresverlauf ein. Aber: Es besteht auch für Castelein „eine große Unsicherheit darüber, wie lange die Rezession dauern wird und wann wieder eine Erholung einsetzen wird“. Für den Top-Mann des HbR hängt die Erholung der Weltwirtschaft auch davon ab, ob es eine zweite Welle von Virusinfektionen geben wird.

Einen weiteren Unsicherheitsfaktor stellen für den Hafen Rotterdam auch die Folgen des bereits vollzogenen Brexit dar, wenn nämlich das UK und die EU sich nicht auf ein Handelsabkommen verständigen. Rotterdam gehört – anders als etwa die großen deutschen Universalhäfen – zu den Umschlag- und Logistik-Knoten, die aufgrund ihrer direkten Nachbarschaft zum Inselreich besonders von einem harten Brexit betroffen wären.

Neben positiven Außen-Impulsen auf den Umschlag setzt Rotterdam auf die eigenen Kräfte. Heißt: Der HbR will auf hohem Niveau investieren, etwa um so neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die sieht der HbR im Besonderen im Bereich der „Erneuerbaren Energien“, etwa in der Erzeugung von „Grünem Wasserstoff“ aus Offshore-Windkraft.

Gemeinsam mit der niederländischen Regierung hat der HbR so etwas wie einen eigenen Marshall-Plan für Investitionsvorhaben zusammengestellt, von dessen rascher Umsetzung der Hafen Wachstumsimpulse erwartet. Für 2020 rechnet der HbR mit Gesamtausgaben zugunsten des Hafens auf dem Vorjahresniveau in Höhe von 338 Millionen Euro. Im laufenden ersten Halbjahr waren es bereits 136,4 Millionen Euro. EHA

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