Seehäfen fordern EU-Recht bei der Einfuhrumsatzsteuer

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) fordert die Beseitigung der Benachteiligung bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer.

„Mit Nachteilen wie dem Erhebungsverfahren bei der Einfuhrumsatzsteuer haben die Vertriebsmitarbeiter unserer EU-Mitbewerber leichteres Spiel“, sagte ZDS-Präsident Frank Dreeke am Dienstag anlässlich der Mitgliederversammlung in Hamburg. „Führt man als Importeur Ware über einen deutschen Hafen oder Flughafen ein, dann muss man praktisch sofort die Vorsteuer bezahlen. Führt man dieselbe Ware über bestimmte ausländische Konkurrenzhäfen an denselben Zielort in Deutschland ein, dann fällt die Steuer erst Monate später an. Das trägt dazu bei, dass Importeure ausländische Häfen und Flughäfen bevorzugen. Das wiederum führt zu Steuer- und Arbeitsplatzausfällen am Standort Deutschland“, kritisierte der Manager.

Hintergrund ist, dass die Niederlande und Belgien das in der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie ausdrücklich vorgesehene vereinfachte Verfahren nutzen, Deutschland hingegen nicht. Der ZDS verweist auf Beschlussfassungen der Wirtschaftsministerkonferenz der Bundesländer von 2014 (einstimmig) und des Bundestages (CDU/CSU und SPD) vom März 2017 sowie auf die Allianz von Verbänden und Organisationen der Verkehrswirtschaft, die einhellig eine Beseitigung des Wettbewerbsnachteils fordern.

2016 vereinnamte der deutsche Fiskus übrigens rund 52,45 Milliarden Euro Einfuhrumsatzsteuer. 11 Milliarden Euro davon fielen in Hamburg an.

Zur Verbesserung der Luft in Hafenstädten fordert der ZDS eine Abschaffung der EEG-Umlage auf Landstrom.

„Die in Deutschland erhobene EEG-Umlage macht die Versorgung von Schiffen mit Strom von Land zu teuer. Damit besteht ein eindeutiger wirtschaftlicher Anreiz für die Stromversorgung den Schiffsdiesel laufen zu lassen. Das sollte man ändern“, sagte Dreeke.

In Deutschland fällt – anders als bei den Nachbarn – bei der Nutzung von Landstrom die EEG-Umlage an. Beispiel: Für die beiden RoRo-Passagierschiffe einer Reederei, die zwischen Kiel und Oslo verkehren, fällt bei der Nutzung von Landstrom zukünftig eine EEG-Umlage von jährlich bis zu 344.000 Euro an.

Besorgnis äußert der ZDS auch hinsichtlich der langen Dauern von Genehmigungsverfahren für Schwertransporte in einigen Bundesländern und hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des deutschen Eisenbahnnetzes. „Die deutsche Verkehrswirtschaft hat einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Erleichterung von Schwertransporten vorgelegt. Wir fordern die Verkehrsminister der Länder auf, diese Maßnahmen zielstrebig umzusetzen“, so Dreeke. Außerdem: „Die für 2018 angekündigte Halbierung der Preise für die Nutzung der Eisenbahntrassen muss kommen. Nur dann kann die Bahn im Güterverkehr wettbewerbsfähig bleiben.“

Die deutschen Seehäfen könnten nach eigener Einschätzung mehr Güter umschlagen und ihre Marktposition besser verteidigen, wenn sie nicht durch hausgemachte Probleme gebremst würden. „Wir könnten mehr erreichen“, betonte der ZDS-Präsident. Im ersten Halbjahr haben die Häfen zwar ein Umschlagplus von 1,5 Prozent auf 150,9 Millionen Tonnen geschafft, und erstmals seit 2014 werde wieder ein Jahresumschlag von mehr als 300 Millionen Tonnen erreicht. Das Volumen besteht aus über 3,5 Millionen Pkw, rund 15 Millionen Containern, 24 Millionen Tonnen an Getreide, Ölsaaten und Futtermitteln sowie 35 Millionen Tonnen an Kohle, Erdgas und Erdöl.

Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2016 lag die Umschlagleistung der rund 180 Hafenunternehmen in Deutschland bei 148,7 Millionen Tonnen und der Gesamtjahresumschlag 2016 erreichte 296,3 Millionen Tonnen. „Das zweite Halbjahr 2017 ist gut angelaufen. Zugleich nehmen wir zur Kenntnis, dass die Konkurrenzhäfen in den Nachbarstaaten Marktanteile hinzugewinnen. Die Ursachen liegen einerseits in der Neustrukturierung der Allianzen in der Containerfahrt und andererseits – und das über alle Ladungsarten hinweg – in standortpolitischen Problemen“, erklärte Dreeke.

Die Hafenwirtschaft fordert ein Planungsbeschleunigungsgesetz für Verkehrsinfrastruktur, das sich am Bericht des Innovationsforums Planungsbeschleunigung vom Sommer 2017 orientiert. „Es geht darum, den stets notwendigen Interessenausgleich schneller hinzubekommen“, sagt Verbands-Chef. „Es kann nicht sein, dass wir jedes Jahr den Hinweis auf die Länge der Planungsverfahren bei den Fahrrinnenanpassungen von Ems, Weser, Elbe, Seekanal Wismar und Seekanal Rostock einfach um jeweils ein Jahr erhöhen müssen. Immerhin sollen beim Seekanal Rostock die Vertiefungsarbeiten 2020/21 beginnen.“

Der ZDS hat in einem Positionspapier konkrete Maßnahmen wie die Nutzung vereinfachter, bereits vorhandener Rechtsinstrumente wie den Genehmigungsverzicht und die Beseitigung unterschiedlicher Planungsstandards auf Länderebene vorgeschlagen.

Aus Sicht des ZDS wird für die Hafenwirtschaft Industrie 4.0 verbunden mit Digitalisierung ein entscheidender Faktor des Erfolgs in der Zukunft sein. Dreeke: „Die 4. industrielle Revolution hat längst begonnen, und wir als Seehäfen müssen uns nicht nur dieser stellen, sondern aktiv in unseren Unternehmen Digitalisierung vorantreiben. Die deutschen Seehäfen sind in dieser Revolution gut aufgestellt und aktiv beteiligt, müssen aber noch mehr herausstellen, dass wir es als Chance ansehen, diese Revolution mitzugestalten, und nicht als Bedrohung. Automatisierung wird uns neue Felder öffnen, sowohl im Berufsbildsektor als auch in der Dienstleistung an sich.“

Die generell gute wirtschaftliche Lage der Hafenunternehmen sei jedoch deutlich von der Lage der Schifffahrt abzugrenzen. Die Schifffahrt kämpfe weiter mit einem Überhang von ungünstig finanzierten Frachtern bei gleichzeitiger Tendenz zu neuen, noch größeren Carriern und zu einer Konsolidierung unter den Containerlinien. „Schiffsgrößen und neue Allianzformationen verändern das Marktgebaren unserer Kunden, haben aber bis auf Ladungsverschiebungen an einzelnen Standorten relativ wenig Bedeutung für das nordeuropäische Ladungsaufkommen, das für den wirtschaftlichen Erfolg der Hafenwirtschaft vorrangig ist“, betonte Dreeke.

Der ZDS bleibe im wirtschaftlichen Ausblick zuversichtlich, dass für den Übergang 2017/2018 mit einer Zunahme des Güterumschlags insgesamt gerechnet werden dürfte.

Die deutsche Wirtschaft befinde sich laut Bundesregierung in einem stetigen und auch breit angelegten Aufschwung. Die Bundesregierung erwartet gemäß ihrer Herbstprojektion einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von preisbereinigt zwei Prozent für dieses Jahr mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von 3,6 Prozent und im Folgejahr von 3,7 Prozent. Nach der aktuellen Kurzfristprognose Sommer 2017 der Gleitenden Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr, herausgegeben vom Bundesamt für Güterverkehr, wird das Transport aufkommen im Seeverkehr von 2017 bis 2019 um rund 0,6 Prozent pro Jahr steigen. Für 2017 wird im deutschen Seegüterumschlag ein Wachstum von ebenfalls 0,6 Prozent prognostiziert. Auch die Prognosen für 2018 von Bundesregierung, DIHK, IfW oder OECD geben Anlass zu einer „vorsichtig positiven Sichtweise“, so der ZDS-Präsident. FBi

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