Senat opfert Hafenfläche für Wohnungsbau

Ein Bild, das in zehn Jahren Geschichte sein wird: Das „ÜZ“-Areal (l.) weicht Wohnungen , Foto: Arndt
Was Hamburg mit der Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2024 nicht gelang, vollzieht der rot-grüne Senat jetzt mit einem neuen städtebaulichen Projekt: dem „Sprung über die Elbe“ in Richtung Süden.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt (beide SPD), Prof. Jürgen Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, und der scheidende Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter stellten am Dienstag in der HafenCity Universität nach einem Jahr vertraulicher Verhandlungen die Pläne für den neuen Stadtteil „Grasbrook“ der Öffentlichkeit vor.
Das Quartier entsteht auf bislang ausschließlich der Hafennutzung zur Verfügung stehenden Fläche auf der Elbinsel „Kleiner Grasbrook“. Das Viertel soll nach dem Willen des Senats die Brücke nach Süden auf die Elbinseln schlagen „und gleichzeitig den Stadtteil Veddel stärker einbetten“. Geplant sind Wohnungen für etwa 6000 Menschen sowie Arbeitsmöglichkeiten für bis zu 16.000 Beschäftigte mit Einkaufsmöglichkeiten, einer Grundschule und Kitas.
Damit die Baumaßnahmen umgesetzt werden können, müssen 46 Hektar Hafenareal umgewidmet werden. Herausragende Bestandtteile sind dabei das ehemals von der HHLA genutzte Überseezentrum (ÜZ), Ende der 1960er Jahre errichtet, sowie der Bereich Moldauhafen. Dieser Hafenteil wird seit Anfang der 1920er Jahre durch die Tschechische Republik genutzt, eine Folge das sogenannten Versaillers Vertrages. Damit sollte dem mitteleuropäischen Land, das zu dem Zeitpunkt noch Tschechoslowakei hieß, ein Zugang zur offenen See gewährt werden. Im Juni 2017 verständigten sich die Regierung in Prag und der Hamburger Senat darauf, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre die von Tschechien gemietete Fläche im Bereich des Moldau- und Saalehafens mit einer im Bereich des Kuhwerder Hafens (ehemals „Mittlerer Freihafen“) liegenden Fläche getauscht wird. Tschechien werde in das neue Areal investieren. Der Senat dazu: „Die für den Flächenaustausch zu klärenden Fragen werden in einer internationalen Arbeitsgruppe behandelt werden.“
Auch mit der Hamburger Hafenwirtschaft hat der Senat nach eigener Darstellung Einvernehmen über die Neuausrichtung auf dem „Kleinen Grasbrook“ erzielt. So wurde mit dem Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH), dem Industrieverband Hamburg und der Wirtschaftsbehörde am 1. August 2017 ein Letter of Intent zur Nutzung der Flächen des Überseezentrums und der angrenzenden Flächen unterzeichnet. Während das „ÜZ“-Areal aufgegeben wird, können die Betreiber des Unikai-Terminals weiter in ihrem Kerngeschäft tätig sein. „Der Mietvertrag mit Unikai wird verlängert“, so der Senat. Die ansässigen Unternehmen erhielten damit „eine Standortperspektive und werden bei etwaigen Verlagerungen wirtschaftlich abgesichert“. Durch eine entsprechende „bauliche Gestaltung und Nutzung“ werde so etwas wie „eine Art Schutzriegel zwischen Wohnbebauung und der Hafennutzung geschoben“.
Die Senatspläne lösen bei den beiden Oppositionsparteien CDU und FDP unterschiedliche Reaktionen aus. Beide weisen darauf hin, dass es durch diesen Schritt in Zukunft nicht zu Konflikten zwischen der Hafenwirtschaft und den Bewohnern des neuen Stadtteils kommen dürfe. EHA