Sie haben die dicken Pötte fest an der Leine

Ohne sie läuft im Hafen nichts: Die Festmacher sind für reibungsloses Anlegen unerlässlich, Foto: Hamburg Lines Men
Die Festmacher von „Hamburg Lines Men“ stellen sich gleich zweifach gegen den Wind: beim Fixieren der Taue an den Pollern der Kaianlagen im Hamburger Hafen und gegen die stagnierenden Wachstumsraten im Güterumschlag.
Trotz des wirtschaftlich schwierigen Jahres 2015 konnte das Unternehmen in diesem Jahr bereits einen Kundenzuwachs verzeichnen. Hans Oestmann ist in dritter Generation Festmacher im Hamburger Hafen. In seinem vor vier Jahren gegründetem Unternehmen „Hamburg Lines Men“ steckt sein ganzes Herzblut. Schon sein Großvater war Fischer auf der Elbe. Mit dem Niedergang der Elbfischerei entschied er sich, Festmacher zu werden, ebenso sein Sohn. Enkel Hans Oestmann hatte zunächst nicht vor, den Familienbetrieb zu übernehmen und studierte Meeresbiologie. Erst als ihm klar wurde, dass der Arbeitsmarkt in diesem Feld schwierig ist, beschloss er, in die Festmacherei einzusteigen. „Damals begann die Boomzeit des Hamburger Hafens und die Aussichten waren glänzend“, sagt der heute 43-Jährige.
Sein früheres Unternehmen „Bootleute Altona Oestmann“ war Teil einer Arbeitsgemeinschaft von fünf Unternehmen mit insgesamt 90 Mitarbeitern. Nach Un einigkeiten über die Ausrichtung entschied Hans Oestmann, noch einmal neu zu starten. „Mir war es wichtig, die Strukturen des Familienbetriebs aufrechtzuerhalten, gleichzeitig wollte ich modernisieren, neue Geschäftsfelder ergründen und durch schnellere Abstimmungen die Reaktionszeiten verkürzen“, erzählt er.
Als großes Glück bezeichnet der Unternehmer den Einstieg seines Mitgeschäftsführers und mittlerweile auch Mitgesellschafters Jan Frederik Stein vor zwei Jahren. „Er ist ein alter Segelfreund von mir, und es ist schön, mit jemanden zusammenzuarbeiten, dem man viel Vertrauen entgegenbringt.“ Mittlerweile beschäftigt „Hamburg Lines Men“ 35 Mitarbeiter. Mitbringen müssen diese hauptsächlich „eine große Leidenschaft für den Hafen und eine gesunde körperliche Konstitution“, erklärt Oestmann. Gern greift er auf Handwerker zurück. „Wir haben ja unsere eigene Werft vor der Haustür, auf der wir unsere Festmacher-Boote selbst reparieren können. Das verschafft uns natürlich auch einen enormen Wettbewerbs vorteil.“
Russland-Embargo belastet
Und davon kann man nie genug haben, denn die Zeiten sind schwierig für die Festmacher, nicht nur wegen der brancheninternen Konkurrenz: „Wir haben mit dem Russland-Embargo zu kämpfen, und wenn China hustet, haben wir bekanntlich Grippe.“ Aber auch der Hafen-Wettstreit ruht nicht: Außer Rotterdam wird die Bedeutung der Hansestadt Danzig immer größer. „Viele Reedereien überlegen, ob sie weiterhin Transitladung über Hamburg schicken, mit Behinderungen und langen Wartezeiten auf der Elbe wie auch am Nord-Ostsee-Kanal, oder ob sie neue Direktverbindungen um Skagen herum in die Ostsee schaffen“, sagt Oestmann. Eine weitere Herausforderung sieht der Unternehmer, der sich auch schon im Vorstand des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH) engagierte, durch die Verzögerungen bei der Elbvertiefung.
Entgegen dem Trend konnte das Unternehmen in diesem Jahr schon sechs neue Kunden verzeichnen, dies vor allem durch Fleiß und innovative Ideen. Der passionierte Segler scheut sich auch nicht, selbst mit anzupacken. „Manchmal fahre ich auch selbst raus zu den Schiffen. Das habe ich jahrelang während des Studiums gemacht, und mein Hafenpatent gilt nach wie vor. Es macht mir noch immer riesigen Spaß, und vielleicht habe ich das Talent dafür von meinem Großvater geerbt.“
Denn ganz so einfach ist der Job nicht: „Wer bei starkem Wind im Dunkeln nachts um drei ein Großschiff an den Finkenwerder Pfählen in der Elbe festmacht, dem wird schon einiges abverlangt“, erzählt Oestmann. Die Festmacher fixieren die schweren Taue an den Pollern der Kaianlagen mittels ihrer eigenen Körperkraft und mit Hilfe von Winschenwagen, speziell mit Hydraulik ausgerüsteten Kleintransportern. Wenn es gut läuft, dauert so ein Vorgang eine halbe Stunde. Bis zu 700 Jobs in einem Monat absolviert das Team der „Hamburg Lines Men“.
Die Festmacherdienste müssen rund um die Uhr erreichbar sein. „Wir bedienen ohne Verzögerungen jeden Kunden, denn man wartet vielleicht auf den Lotsen, aber niemals auf den Festmacher“, sagt Hans Oestmann.