Universalhafen-Strategie erfordert weitere Investitionen

In einer Lackierung in rot-blau präsentiert sich der neue Mehrzweckkran (links) des Universalhafens Brunsbüttel. Am Dienstag wird er offiziell eingeweiht, Foto: Brunsbüttel Ports

Der neue „Kran 7“ kann im Tandembetrieb bis zu 240 Tonnen heben. Die maximale Auslage beträgt 63 Meter, Foto: Brunsbüttel Ports

Frank Schnabel ist zufrieden:Die Entwicklung von Brunsbüttel Ports und der Schramm Group läuft erfolgversprechend, Foto: Brunsbüttel Ports

Traumzahlen für einen Techniker:4 Meter hoch, 17 Meter lang, 6 Meter breit und 78 Tonnen schwer. Das sind die Eckdaten für den angelieferten Portalriegel, Foto: Brunsbüttel Ports
Und wieder konnte ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Hafens Brunsbüttel erfolgreich gesetzt werden: Heute Morgen wird im Beisein von Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Dr. Bernd Buchholz das „Flaggschiff“ unter den bereits am Unterelbe-Standort installierten Umschlagkranen offiziell in Betrieb genommen.
Frank Schnabel, Geschäftsführer der Brunsbüttel Ports / Schramm Group, ist stolz darauf, dass er mit dem Chef des Wirtschafts- und Verkehrs-Ressorts einen Spitzenvertreter der Landesregierung aus Kiel für die Kraneinweihung gewinnen konnte. Der FDP-Politiker ist in den zurückliegenden Jahren seit dem Start der Jamaika-Koalition gewissermaßen zu einem Stammgast im Unterelbehafen geworden. Zu einem Überzeugten dazu. Denn mit dem Hafen Brunsbüttel und dem mit diesem Standort direkt verknüpften Chemcoast-Park präsentiert sich das größte in sich geschlossene Industrie-, Gewerbe- und Hafengebiet in ganz Schleswig-Holstein.
Der Park ist insgesamt ein Investitionsschwerpunkt par excellence, und zwar schon heute. Künftig dürfte noch einiges dazu kommen, wenn verschiedene derzeit noch in der Projektierungs- und Planungsphase befindliche Bauvorhaben auch physisch umgesetzt werden. Dazu gehören auch der weiterhin angestrebte Bau von Deutschlands erstem LNG-Import-Terminal ebenso wie der Aufbau eines norddeutschen Wasserstoff-Zentrums, in dem der Energieträger der Zukunft mittels „grünem Strom“ aus den Nordsee-Offshore-Windkraft-Feldern erzeugt und auch vor Ort in besonderen Speichern zwischengelagert werden soll.
Das ist die große Vision für den Hafenstandort, für die sich jemand wie Bernd Buchholz, aber natürlich auch Frank Schnabel, besonders begeistern können.
Mit dem neuen Umschlagkran im Elbehafen, der immerhin mit acht Millionen Euro zu Buche schlägt, hat der inhabergeführte Betrieb eine Investitionsentscheidung umgesetzt, die zu einer Zeit getroffen wurde, als das Thema „Corona“ die Weltwirtschaft noch nicht auf den Kopf gestellt hat. Die Errichtung des Schwerlastkrans, der bis zu 120 Tonnen heben kann, fiel dann allerdings genau in eine Zeit, als Covid-19 viele Unternehmen mit einem Quasi-Betriebsstillstand belegte.
Für die Schramm-Gruppe ist das neue, bei Kocks-Ardelt bestellte und durch das Unternehmen gelieferte Umschlag-Großgerät eine klare Investition in die Zukunft und dazu ein wichtiger Beitrag dafür, „die Universalhafenstrategie“ mit einem weiteren Baustein umzusetzen. Schnabel: „Wir wollen das Dienstleistungsportfolio für unsere Kunden im Elbehafen ausweiten und die Leistungsfähigkeit und Flexibilität erhöhen.“ Die Entscheidung für diesen Kran-Typ und auch den Lieferanten erfolgte sehr gründlich: Klar formulierte Anforderungen zunächst an das, was das neue Großgerät leisten soll und dann, welcher Hersteller dafür das überzeugendste Produkt und Angebot liefern kann. Schnabel betonte, dass damit die Wahl schließlich auf Kocks-Ardelt gefallen sei, und zwar auch deshalb, „wir bereits viel Erfahrung mit Kränen dieses Herstellers im Elbehafen haben“.
Das hat auch sehr praktische, positive Konsequenzen. So sind die Kran-Führer sowie der eigene Werkstattbetrieb bestens mit der herstellerspezifischen Technik vertraut. Damit ist auch die technisch-operative Einweisung der Mitarbeiter in den Workflow des Krans vereinfacht darstellbar. Und: Das Ersatzteil-Management kann sich darauf konzentrieren, nur die gängigen Austausch-Komponenten vorzuhalten. Das wirkt unterm Strich kostensenkend. Was in Brunsbüttel zudem einen nachhaltig positiven Eindruck hinterlassen hat, ist das: Trotz der Corona-Effekte kann der neue Kran nicht nur just in time, sondern sogar früher übernommen werden, als zunächst geplant. Schnabel:„ Ursprünglich war die Fertigstellung erst für September 2020 vorgesehen.“
Der neue Kran, der sich im Wortsinne in die Reihe der Bestands-Kräne am mehrere hundert Meter langen Umschlagkai einreiht, ist für den Umschlag von sowohl Massen-, Stück- und Schwergütern bestens geeignet. Schnabel weiter: „Durch die hohe Hubleistung und die große Auslage des Krans von maximal 63 Metern können zukünftig noch schwerere Güter umgeschlagen werden. Im Tandembetrieb lassen sich Ladungsstücke von bis zu 240 Tonnen bewegen.“ Auch das wird von hohem Nutzwert sein: Dank seines großzügig bemessenen Auslegers kann „Kran 7“ auch für den Schiff-zu-Schiff-Umschlag eingesetzt werden. Solche Transshipment-Operationen seien im Markt gefragt. Und auch das darf als Plus-Punkt auf der Haben-Seite nicht fehlen: Der „Neue“ ist trotz Top-Leistung sparsam im Energieverbrauch und obendrein auch sehr emissionsarm.
Brunsbüttel ist gewissermaßen die Keimzelle der heutigen Unternehmensgruppe mit ihren annähernd 500 Beschäftigten. Heute ist der Elbehafen ein Teil eines großen Netzwerkes. Gerade in den zurückliegenden 15 Jahren des neuen Jahrhunderts wuchs die maritime Dienstleistungs-Gruppe fast im Jahres-Takt um neue Standorte und damit auch Aktivitäten. Das jüngste Element in diesem Gesamtgebilde und damit Nummer 17, stellt der Hafenstandort Lubmin in Ost-Vorpommern dar. Hier wird die Schramm-Group ihren „Lubmin Port“ entwickeln und betreiben. Das umfangreiche Vertragswerk dazu wurde kürzlich mit dem Eigentümer des Standortes, dem Zweckverband Technlogiestandort Freesendorf, unterzeichnet. Formell geht es am 1. Januar 2021 in diesem deutschen Ostsee-Hafen-Standort los, in dem sich zu DDR-Zeit einst ein Atomkraftwerk befand, das inzwischen abgerissen wird. Schnabel zu den Perspektiven: „Wir haben uns für das Engagement entschieden, übrigens auch mitten in Zeiten von Corona, weil wir großes Potenzial im breit aufgestellten Lubmin Port sehen. Heißt: Wir sprechen künftig über Massen-, Stück- und auch Schwergüter, die hier in Zukunft im größeren Stil umgeschlagen werden können.“ Auch dieser neue Standort soll nach dem bewährten „Universalhafen“-Konzept entwickelt werden. Schnabel ist stolz darauf, dass es in Deutschland – aber auch in Europa- nur wenige, weiterhin inhabergeführten Unternehmensgruppen gibt, die über ein derart ausgebildetes Hafen-Netzwerk verfügen.
Auf Erfolgskurs liegt die maritime Dienstleistungs-Gruppe auch mit ihrem 2017 Engagement in Schweden. Auch hier lässt sich inzwischen sagen: trotz Corona. Weil die sonst „normalen“ Reisen zwischen der Zentrale im Unterelbe-Hafen und dem schwedischen Söderhamn nicht möglich waren und bis auf weiteres sind, wurden gemeinsam praktikable Kommunikations-Konzepte entwickelt . Regelmäßige Video-Konferenzen etwa sind inzwischen zur Normalität geworden. Das schwedische Vor-Ort-Team arbeitet eng mit den Kollegen an der Elbe zusammen, in Echtzeit, weil es keine Zeitzonen-Unterschiede gibt. Und: „Wir haben das, was man eine gemeinsame Kommunikationskultur nennt“, berichtet Schnabel. Das mache vieles einfacher.
In Söderhamn wird weiter investiert. Die Planungen sehen einen 3. Liegeplatz und zusätzlich zwei Hektar Lagerfläche vor. Der neue Liegeplatz wird dann für Schiffe mit bis zu 250 Meter Länge und 11 Meter Tiefgang geeignet sein. Schnabel dazu: „Damit hat der Hafen den größten Tiefgang in der Region. Die Kommune übernimmt die Finanzierung des Hafenausbaus. Die Eröffnung und Einweihung des neuen Liegeplatzes wird für 2023 angestrebt.“ Mit dem Hafenausbau werde die Gruppe „noch flexibler ihre Bestandskunden aus der Holzbranche bedienen können“. Zudem werde es auch einfacher sein, neue Umschlagsgüter über den Hafen Orrskär zu verladen werden“, so Schnabel. EHA