Verlader und Reeder bestimmen die Häfen

Behauptet sich weiter als wichtigster deutscher Universalhafen: Hamburg, hier mit dem Container Terminal Tollerort (CTT)

Jetzt bestätigen auch renommierte Verkehrswissenschaftler, wovon gerade in der privaten, norddeutschen Seehafenverkehrswirtschaft viele Unternehmen seit Jahr und Tag überzeugt sind: „Die norddeutschen Seehäfen verfügen nicht über den Hebel, Reedereien vorzuschreiben, welchen Standort sie anlaufen sollen und wo Container abgeladen werden.“
Diese Aussage findet sich in der jetzt vorgelegten Studie, die im Auftrag der Delegation „Die Linke“ sowie die „Vereinte Europäische Linke/ Nordische Grüne Linke“ im Europäischen Parlament (EP) durch das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML erstellt wurde. Das knapp 60 Seiten starke Werk liegt seit Ende vergangener Woche unter dem exakten Titel „Norddeutsche Seehafenkooperation – Mögliche Synergien und Effekte für die Häfen Wilhelmshaven, Bremerhaven und Hamburg“ vor. Die Wissenschaftler betonten, dass die Häfen den Reedereien und deren Kunden nicht vorgeben könnten welcher Hafen anzulaufen ist und welcher nicht. Wer das annehme, „verkennt die Entscheidungsgrundlagen in der maritimen Transportkette. Hafenkooperationen haben keinen steuernden Einfluss auf Ladungsströme“, heißt es dazu weiter in der Studie.
Hafenterminals stünden im maritimen Transport „am Ende der Entscheidungskette, und Reedereien sind deren wichtigste Kundengruppe“. Verlader und Seefrachtspediteure wirkten zwar indirekt auf die Entscheidungen der Reedereien ein. Die Fraunhofer-Experten weiter: „Die Reedereien entscheiden, welchen Hafen sie anlaufen auf Basis ihrer Kundenwünsche und ihrer eigenen Optimierungsstrategien. Sie bevorzugen Häfen, in denen viel Ladung gelöscht und geladen werden kann und sind in Allianzen eingebunden.“ Neue Liniendienste träten selten auf, wodurch das System träge reagiere, zumal selten Anlass bestehe, Dienste in der Nordrange komplett umzustrukturieren.
Eine Kooperation in Richtung Investitionslenkung und gemeinsames Angebot an den Markt ist nach Erkenntnissen der Wissenschaftler „vor allem durch ein gemeinsames Unternehmen umsetzbar“, sofern Unternehmen, zumindest bei Teilfunktionen oder durch Tochterunternehmen, in Wettbewerb zueinander stünden. Als Musterbeispiel für einen Hafenlogistiker mit einer breit angelegten Standortverankerung führen die Experten die Eurogate-Gruppe an, die im norddeutschen Raum in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven Flagge zeige. Mit dem Ergebnis, dass „Wilhelmshaven, als Ergänzungshafen gebaut, Bremerhaven oder Hamburg nicht ersetzen kann, weder in Größe und zurzeit auch nicht bezüglich der notwendigen logistischen Infrastruktur und logistischer Dienstleistungen“. Die Wissenschaftler sehen Kooperationsmöglichkeiten da, wo es zum Beispiel um eine starke „Interessenvertretung gegenüber dem Bund, bei der koordinierten Hafenplanung, bei Dienstleistungen zur weiteren Unterstützung der Transportflüsse sowie bei der Bereitstellung von Technologien für den maritimen Umweltschutz und die Hafensicherheit“ gehe. Für den EP-Linken-Verkehrsexperten Fabio De Masi, ist trotz der aktuellen Erkenntnisse der Verkehrswissenschaftler das Gebot der Stunde, dass die Häfen enger kooperieren müssen. Auch weil „weitere Vertiefungen der Elbe, der Weser und die Tiefenerhaltung in Wilhelmshaven dreimal Gelder für den gleichen Zweck verschlingen“. EHA