Vier neue Brücken für optimierten Verkehrsfluss

Geschafft: Das Infrastruktur-Erneuerungsvorhaben „Waltershofer Brücken“ steht vor seinem Abschluss. Am Sonnabend erfolgte der Einbau der vierten, noch fehlenden Brückenkonstruktion des in technischer Hinsicht aufwändigen Gesamtvorhabens. THB-Redakteur Timo Jann begleitete das Geschehen vor Ort.

Nachdem endlich genug Wasser da war, brauchte die Besatzung des Schwimmkrans „Enak“ nur 45 Minuten, um die letzte von vier neuen Brücken im Zuge der Waltershofer Knotens im Hamburger Hafen an ihren Platz zu hieven. Wasserstandsbedingt hatte sich der Kraftakt allerdings um eineinhalb Stunden verzögert, so dass sich die Operation bis in den frühen Abend erstreckte.

Die Waltershofer Brücken überspannen die Verbindung zwischen den beiden Hafenbereichen Waltershofer und Rugenberger Hafen. Seit 2014 plant und baut die Hamburg Port Authority (HPA) an dem Projekt, das eine bessere Anbindung des Containerterminals Burchardkai (CTB) schaffen soll. Künftig können drei statt früher zwei Gleise genutzt werden, außerdem fünf Fahrspuren. „Es geht hier um eine sehr wichtige Scharnierfunktion, damit der Burchardkai vernünftig erreicht werden kann“, sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) dem THB. Er sah sich das technsiche Schauspiel persönlich mit HPA-Chef Jens Meier an. Westhagemann: „Diese neuen Brücken sorgen bald für einen optimalen Logistikfluss in unserem Hafen, was dem Standort zugute kommt.“

„Enak“ sorgte jetzt für ein wichtiges Etappenziel bei der 109 Millionen Euro teuren Gesamtmaßnahme. Der 1967 gebaute Schwimmkran gehört der Hamburger Lührs Schifffahrts GmbH, die den letzten Akt des Brückenschlags nun verantwortete. 160 Meter weit wurde das Bauwerk vom Montageplatz auf einem Parkplatz mithilfe eines SPMT (Self-Propelled Modular Transporter) zum Ufer gefahren, wo der bis zu 600 Tonnen hebende „Enak“ die Konstruktion an den Haken nehmen konnte.

Allerdings war die Wasserstandsprognose des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) nach THB-Informationen für Sonnabendnachmittag so ungenau, dass die Arbeiter längere Zeit tatenlos abwarten mussten, um die Last sicher einschwimmen zu können. „Das war leider eine ungeplante Zwangspause“, sagte Robin Lührs. „Das ist hier eine sehr enge Baustelle, da will man natürlich nichts riskieren“, erklärte Kerstin Bork, die Projektleiterin der HPA. Mithilfe von Seilen und Winden wurde „Enak“ mit der Brücke am Haken gut 40 Meter weit gen Süden gezogen und fuhr dann mit eigener Kraft etwa 20 Meter vorwärts, um die an vier dicken Stahlseilen hängende Brücke an ihrem Platz absetzen zu können. Das 15.500-TEU-Containerschiff „Elly Maersk“, das bei Eurogate lag, schränkte den Aktionsradius des Schwimmkrans noch zusätzlich ein.

„Wenn die Brücke eingeschwommen und alles gutgegangen ist, machen wir drei Kreuze“, sagte Kerstin Bork. Hintergrund: Nur wenige Zentimeter entfernt verlaufen Gas-, Wasser-, Strom- und Datenleitungen als Provisorium an der Nachbarbrücke. Die Leitungen sollen später an die jetzt eingesetzte Brücke angeschlossen werden. Eine 110.000-Volt-Leitung musste vorsorglich sogar während des Einbaus abgeschaltet werden, um kein Risiko einzugehen. Zeitweise mussten auch der Bahnverkehr eingestellt und die Straßen gesperrt werden. Schließlich ging aber alles gut. Lührs: „Das lief insgesamt ganz entspannt.“

„Wir wollen mit dem Brückenprojekt fertig sein, wenn auch die laufende Fahrrinnenanpassung der Elbe fertig ist“, berichtete Meier. Als nächstes muss für den Waltershofer Damm an beiden Enden der neuen Brücke der Fahrbahnanschluss hergestellt werden. Von der benachbarten Brücke soll dann die dort behelfsmäßig eingerichtete Straße auf die westliche neueste Brücke verlegt werden und die Abfahrt vom CTB sicherstellen. Im Anschluss daran sollen zwei neue Gleise über die angrenzende Brücke führen und landseitig angebunden werden. Die von Westen gesehen dritte Brücke trägt bereits ein Bahngleis, die Überfahrt ganz im Osten bietet Platz für zwei Fahrspuren als Zufahrt zum Terminal.

„Die neue Straßenführung soll Ende August fertiggestellt sein, bis dahin sind auch noch große Entwässerungsbauwerke herzustellen“, sagte HPA-Brückenbauingenieurin Anna-Lena Weingärtner. Insgesamt umfasst das Vorhaben den Neubau von zwei Kilometern Straße und 3,1 Kilometern Gleise sowie 17 neue Weichen. Vom Ausbau des Schienennetzes in dem Bereich einschließlich des Hafenbahnhofs Mühlenwerder profitiert nicht nur der CTB, sondern alle im Umfeld ansässige Hafenbetriebe.

Auch der bereits fertiggestellte Ersatzneubau der Rugenberger Schleuse vom und zum Köhlbrand gehört zu dem Gesamtprojekt. Durch die Schleuse und die überbrückte Verbindung zum Waltershofer Hafen ist der Rugenberger Hafen für die Binnenschifffahrt weiterhin jederzeit erreichbar. Während der Planung für den Ersatz der teilweise aus dem Jahr 1911 stammenden früheren Waltershofer Brücken hatte man nach HPA-Angaben auch eine Verfüllung der Verbindung unterhalb der Autobahn 7 geprüft, sich aber dagegen entschieden, um die Schifffahrt in dem Teil des Hamburger Hafens nicht zu beeinträchtigen.

Während des Einhubs spielte das Wetter glücklicherweise mit. Zwischen den Stürmen „Sabine“ und „Viktoria“ mit starken Böen und Hochwasser konnten „Enak“ und seine Besatzungen in einem kurzen, geeigneten Zeitfenster zeigen, wie stark sie sind.

„Wir sorgen mit diesem Vorhaben für eine deutliche Leistungssteigerung der Anbindung“, erklärte HPA-Chef Meier. Anfang 2021 sollen in dem Bereich alle Bauarbeiten abgeschlossen sein. Geplant ist, dass durch die laufende Fahrrinnenvertiefung dann auch größere Containerschiffe den CTB anlaufen und mehr Boxen bringen. tja

3,1 Kilometer neues Gleis

2 Kilometer neue Straße

17 Weichen integriert

420 Tonnen Gesamtgewicht

45 Meter Spannweite

109 Millionen Euro Baukosten

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