Bahnstandort Nummer eins an der Ostsee

Der Seehafen Rostock ist ein typischer Multi purpose-Hafen, über den Schüttgüter, massenhaf tes Stückgut (Breakbulk), rollende Ladung, aber auch Projektgeschäft umgeschlagen und darüber hinaus sogenannte logistische Mehrwertdienstleistungen (Value-Added Services) erbracht werden.

Von Dr. Bernd Pahnke, Vice President Port Development DB Cargo AG

Rostock erreichte im Jahr 2015 ein Umschlagergebnis von rund 25 Millionen Tonnen und ist damit umschlagstärkster deutscher Ostsee-Universalhafen.

An eine solche Entwicklung haben nach der Wende nicht einmal die größten Optimisten geglaubt – im Jahr 1991 brach das Umschlagergebnis auf 8,1 Millionen Tonnen ein. Rostock, für die DDR das „Tor zur Welt“, rutschte mit diesem Resultat auf das Niveau eines Regionalhafens ab. Aber die Besinnung auf die gute geografische Lage, die Entwicklung stabiler intermodaler Verkehre, die Ansiedlung hafenaffiner Unternehmen und natürlich die Tüchtigkeit und Kreativität der Menschen, verknüpft mit viel Geld zur Schaffung guter infra- und suprastruktureller Voraussetzungen, ermöglichten es dem Hafen Rostock, ab Mitte der 1990er-Jahre eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte zu schreiben.

Schienentransporte und der Hafen Rostock waren schon immer eng verzahnt mit anderen Wirtschaftsabläufen. Nach Aufnahme des elektri schen Zugbetriebs im Jahr 1985 wurden gut 95 Prozent aller Güter im Hinterlandverkehr mit der Bahn transportiert. Voraussetzung hierfür war unter anderem die Fertigstellung eines großen Rangierbahnhofs mit 240 Kilometer Gleislänge sowie einer Schieneninfrastruktur innerhalb des Hafens von über 60 Kilometer Gesamtlänge. Zur besseren Einordnung: Die Hafenbahn in Deutschlands größtem Seehafen, Hamburg, umfasst im Kernnetz rund 300 Kilometer. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde in Rostock und anderen Teilen Ostdeutschlands ein großer Teil der Gütertransportleistung auf die Straße verlagert. Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), Opera teure, Spediteure und der Hafen erkannten früh, dass die Schie nen in fra struk tur insbesondere auch für die Entwicklung der intermodalen Verkehre von Vorteil sein würde. Spätestens seit dem Umbau des Rostocker KV-Terminals zu einer modernen Anlage, in der der Umschlag nicht mehr in erster Linie mit Reach stackern, sondern mit schienengeführten Portalkranen erfolgt, und der kräftigen Aufstockung der Schienenstränge auf fünf Gleise (Zeitraum: 2013–2014) erfüllt der Ostseehafen alle Voraussetzungen eines erstklassigen Standorts zur Entwicklung intermodaler Verkehre.

Fast 70.000 Trailer wurden 2015 auf diesem Terminal umgeschlagen und auf der Schiene transportiert. Der Marktführer im kombinierten Verkehr, die Frankfurter Kombiverkehr KG, orga nisiert wöchentlich 46 Züge, unter anderem nach Verona, Hamburg, Karlsruhe und Duisburg. Damit werden insgesamt mehr als 15 Prozent aller Lkw-Einheiten von/nach Rostock auf der Schiene befördert. Daneben wurden in Rostock 2015 exakt 21.672 komplette Eisenbahnwaggons auf die Fähre nach Trelleborg verladen. Alles in allem betrug die auf der Schiene transportierte Menge gut 20 Prozent von Rostocks Gesamtumschlag. Damit ist dieser Logistikknoten der deutsche Eisenbahnhafen Nummer 1 an der Ostsee.

Die Deutsche Bahn (DB) hat den Seehafen Rostock seit der Wende und der Wiedervereinigung eng begleitet. DB Cargo bewegt mehr als 160 Züge jede Woche. Der Seehafen ist eng verzahnt mit dem Einzelwagensystem von DB Cargo und ermöglicht so Verkehre auf der Schiene, die vom Mengenvolumen her keine Ganzzuggröße erreichen. Dabei konzentriert sich dieses Angebot vor allem auf die Gütersegmente Papier, Stückgüter und Stahlerzeugnisse. Das Logistikunternehmen DB Schenker hat erst kürzlich die strategische Zusammenarbeit mit dem Hafen Rostock durch einen Vertrag für den Betrieb eines Railports unter dem Namen „Baltic Sea Gate“ im Hafen Rostock bis zum Jahre 2024 untermauert (THB 29. Juni 2016).

Der 11.000 Quadratmeter große Terminal fungiert als Schnittstelle zwischen den Verkehrsträgern. Güter, die aus dem Binnenland per Bahn in Rostock ankommen, werden auf Trailer umgeschlagen, die danach weiter nach Skandinavien verladen werden. Da sich der Railport auf dem weitläufigen Areal des Rostocker Überseehafens befindet, kann mit höheren Auslastungsgewichten pro Ladeeinheit gearbeitet werden. Dadurch ist ein 1:1-Umschlag von Waggons in Trailer möglich. Neben der Railportfunktion arbeitet der Terminal auch als Konsolidierungspunkt für europäische Teilladungen nach Skandinavien, Russland und ins Baltikum.

Unter Logistikexperten ist unbestritten, dass im Schienengüterverkehr intermodale Verkehre das entscheidende Wachstumssegment der kommenden Jahre sein werden. Die intermodalen Verkehre im Seehafen Rostock bergen noch bedeutende Wachstumspotenzia le.

Der Standort verfügt über eine ausgezeichnete Infra- und Suprastruktur für die Verkehrsträger Schiene und Straße. Im Rahmen des Ostsee-Adria- Korridors bildet der Seehafen Rostock ein wichtiges Bindeglied zwischen den stabilen Volkswirtschaften in Skandinavien sowie Mittel- und Südosteuropa. Die Anbindung des Hafens an das Baltikum und Russland durch regelmäßige Seetransporte stellt den Brückenschlag zu Volkswirtschaften sicher, die mittel- und langfristig hohe Wachstumspotenziale aufwei sen.

Das höhere Mengenaufkommen im kombinierten Verkehr wird den Schienengüterverkehr in den nächsten Jahren wesentlich stärken. Die heute bereits erreichte Quote von gut 15 Prozent am Gütergesamtaufkommen in Rostock lässt sich deutlich steigern. Hierzu bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller Partner sowie der Spezifizierung bestehender Geschäftsmodelle.

Der Hafen Rostock wird seine große Bedeutung als Umschlagplatz für Schüttgüter und Breakbulk beibehalten und ausbauen. Die in den Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) aufgenommene Vertiefung des Seekanals zum Hafen Rostock wird den Verladern und Reedern wichtige Impulse zur verstärkten Nutzung des Warnowhafens geben. Gerade die Güter, die von einer Vertiefung des Seekanals profitieren, sind zugleich auch schienenaffin und treffen somit auf beste Voraussetzungen für den Schienengüterverkehr.

Somit wird der Seehafen Rostock in Deutschland seine Position als bedeutendster Eisenbahnhafen an der Ostseeküste behaupten. Dies wird die Attraktivität des Standorts weiter erhöhen und so zusätzliche Mengen und Verkehre generieren. Für hafenaffine Industrien ist die Ansiedlung eines weltweit tätigen Unternehmens wie Liebherr eine Erfolgsstory. Somit wird auch das Bahn-Loco-Aufkommen gestärkt.

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