Rheintalbahn nach 56 Tagen wieder frei
Darauf hatten alle gewartet: Seit heute ist die 56 Tage lang unterbrochene Rheintalbahn bei Rastatt wieder befahrbar.
Wie aus den Trassenanmeldungen der DB Netz hervorging, kam der Güterverkehr schnell aber nur in begrenztem Umfang wieder ins Rollen. Kombiverkehr will erste Züge erst ab Mittwoch wieder einsetzen. Für Donnerstag sind dann insgesamt bereits 175 Güterzüge angemeldet.
Wegen der siebenwöchigen Sperrung verlangen einige Eisenbahn-Unternehmen von der Deutschen Bahn Schadenersatz in Millionenhöhe. In einem Schreiben an den Vorstand der DB Netz AG heißt es: „Bisher blieben alle Hilferufe des Sektors zur Bewältigung der finanziellen Folgen der Havarie unbeantwortet.“
Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) hatte mit zwei Dutzend Verbänden wiederholt – und bislang vergeblich – um kurzfristige staatliche Hilfe unter anderem bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gebeten. Die Firmen beklagen teils existenzbedrohende Ausfälle wegen der bis Montag gesperrten wichtigen europäischen Transportroute, auf der sonst täglich bis zu 200 Güterzüge fahren.
Das NEE pocht auf einen kurzfristigen Ersatz von einem „Großteil der durch die Havarie entstandenen Schäden“. Erlösausfälle und Mehrkosten bei Umleitungen summieren sich nach Schätzungen des Verbands allein für die Bahn-Unternehmen im Güterverkehr auf rund 100 Millionen Euro.
Grundsätzlich haben Unternehmen, die bei der Bahn langfristig eine Trasse gebucht haben, nach NEE-Angaben einen Schadenersatz-Anspruch. Wenn dieser aber gerichtlich durchgesetzt werden muss, dürften Jahre ins Land gehen. Keine Chance auf Schadenersatz haben Betreiber von Zügen für kurzfristig beauftragte Transporte. In diesem wachsenden Segment würden aber Trassen bestellt, weshalb diese Firmen nun am stärksten betroffen seien.
Wie hoch die Kosten durch die Tunnel-Havarie sind, kann der Bahnvorstand und ehemalige CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nicht sagen. Auch sei noch nicht entschieden, wie es mit dem Tunnelbau in der beschädigten Röhre weitergeht, die zur Stabilisierung auf 150 Metern Länge mit 10.500 Kubikmetern Beton gefüllt worden war. Die Tunnelbohrmaschine wurde einbetoniert. Im Verkehrsausschuss des baden-württembergischen Landtags deutete ein Bahnmanager an, dass das Projekt bis zu zwei Jahre später als geplant und damit erst 2024 fertig werden könnte. Karl Rombach (CDU), Vorsitzender des Verkehrsausschusses, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der nicht näher genannte Bahnmanager auch selbstkritisch von einem „anfälligen System“ sprach, das nicht flexibel genug sei. Für die Züge habe man Ersatzstrecken teils über Frankreich und Österreich organisieren und Nahverkehre ausfallen lassen müssen (thb.info 28. September 2017).
Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) drückt an anderer Stelle aufs Tempo. Aus seiner Sicht wurde der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn für die zentrale europäische Schienenverkehrsachse zwischen den Häfen Rotterdam und Genua ohnehin schon viel zu langsam vorangebracht. „Das Gesamtprojekt sollte auf jeden Fall bis 2035 abgeschlossen sein.“
Um langwierige Gerichtsprozesse zur Klärung der Havarie-Ursache zu vermeiden, will sich die Bahn mit der Baufirma bei einer Schlichtung verständigen. Das stößt den Eisenbahnverkehrsunternehmen auf, die auf Schadenersatz pochen. Sie fürchten um die Transparenz des Verfahrens und eine verzögerte Feststellung der Schäden. „Ein Imageschaden der Bahn lässt sich sicher nicht verneinen“, so eine Stuttgarter Ministeriumssprecherin. dpa/fab