Schiffsstau erst in ein paar Tagen abgebaut

Der entscheidende Moment, auf den seit Freitag zugearbeitet wurde: Das Wehrtor wurde am Mittwochmorgen wieder hochgefahren, Foto: Jann

Schwachstelle mit großen Folgen: Der fast kollabierte Damm unterhalb der Staustufe, nunmehr gesichert mit mehreren tausend Tonnen Material, Foto: Jann
Während seit Mittwoch die Elb-Staustufe in Geesthacht langsam wieder in ihren Betriebsmodus überführt wird, können sich die mittlerweile fast 90 mit einer Zwangspause konfrontierten Schiffsführer von Schubverbänden und Binnenschiffen noch lange nicht entspannt zurücklehnen. Im Gegenteil.
„Je nach Schiffstyp fallen zwischen 1000 und 3000 Euro an Einnahmen pro Tag weg“, entrüstet sich Binnenschiffer Bernd Schierjott. Sein Schiff, das auf den Transport von Containern spezialisiert ist, liegt am Schiffshebewerk in Scharnebeck fest. Auch dieses zentrale Scharnierstück zwischen Elbe-Seiten-Kanal (ESK) und der Elbe konnte seit dem behördlichen Notstopp – und damit der Zwangsabsenkung des Pegelstandes vor der Geesthachter Staustufe – nicht mehr arbeiten. Schierjott weiter: „Man bekommt leider keine vernünftigen Informationen. Wir hoffen, dass dies die Lehre aus dieser Panne ist. Die Kommunikation in so einer Notfallsituation muss beim WSA dringend verbessert werden.“ Fünf Schiffe der Reederei, für die er fährt, lägen allein im ELK fest. Schierjott: „Man stellt sich ja gar nicht vor, was dieser Stillstand alles nach sich zieht. Wir können beispielsweise keine Ladung mehr pünktlich nach Hamburg liefern und von dort auch nichts planmäßig aufnehmen. Da verschiebt sich alles, und für das Image der Branche ist das ein ganz schlechtes Signal, das gesendet wird“, sorgt sich Schierjott.
Indes ist auch klar, dass es selbst mit der Wiederaufnahme des Betriebes im über 40 Jahre alten Schiffshebewerk noch viele Tage dauern dürfte, ehe alles wieder normal läuft. Die Faustformel besagt: Pro Schiff wird eine gute Stunde benötigt. Wobei etwa die großen Schubverbände für die Container- und auch Massenguttransporte nicht als Ganzes durch das Aufstiegswerk bewegt werden können. Sie müssen vorher getrennt und später wieder zusammengekoppelt werden. Das kostet Zeit.
Seit Mittwochmorgen wird am Geeesthachter Wehr der Pegelstand wieder behutsam hochgefahren. „Wir werden die Maßnahme ganz genau beobachten und unseren gesicherten Damm im Auge behalten“, kündigte vor Ort Tilman Treber, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) in Lauenburg, an.
Martin Köther, Leiter des WSA Uelzen, in dessen Zuständigkeit auch das Schiffshebewerk in Scharnebeck gehört, zeigte sich bei einem Ortstermin am Mittwochmorgen zunächst erleichtert. „Wir können endlich wieder aufstauen und der Schifffahrt damit ein positives Signal senden“, sagte er. Eine kleine Schrecksekunde gab es am Mittwoch dann aber doch noch: So trat an einem Pfeiler des festen Überlaufs an der direkt an das Stauwehr grenzenden Fischaufstiegstreppe eine undichte Stelle auf. Sie muss noch gesichert werden. Eine größere Gefahr für den gesamten Komplex dürfte davon aber nicht ausgehen, so die Einschätzung der Experten der Bundesanstalt für Wasserbau und der Schifffahrtsverwaltung vor Ort.
Abzuwarten ist auch, welchen Einfluss die trockengelegte sogenannte Lockströmung für die Wirkung der seit 2010 arbeitenden Fischtreppe hat. „Uns liegen bisher keinerlei Erkenntnisse vor, dass unsere Fischtreppe für den Schaden verantwortlich ist“, gab etwa Kristina Hillmer, Sprecherin des Energiekonzerns Vattenfall, am Mittwoch zu Protokoll. Sie hatte Europas größte Fischtreppe als Kompensation für Umwelteingriffe im Zuge des Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg bauen lassen.
„Durch die Unterspülung am Geeshachter Wehr sind nicht nur bedeutende wirtschaftliche Schäden von vermutlich mehreren Hunderttausend Euro täglich bei den rund 80 betroffenen Binnenschiffern entstanden, sondern bisher noch nicht kalkulierbare Schäden bei den Empfängern der Ladung, die in vielen Fällen mit der sonst besonderen Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der Binnenschifffahrt kalkuliert haben.“
Gerade in einer Zeit, „in der wir auch in den Seehäfen Überzeugungsarbeit für die Nutzung der umweltfreundlichen Alternativen des Warentransports auf den Binnenwasserstraßen leisten, muss deren Verfügbarkeit unbedingt sichergestellt sein“. Deshalb dürfe es auch keine weiteren Verzögerungen bei der Abarbeitung des Sanierungsstaus an Deutschlands Wasserbauwerken geben. Brackmann: „Dies gilt umso mehr, als der Bundestag allein in meiner Region für die Erneuerung des Geesthachter Wehrs, des Ersatzbaus für die Schleuse Scharnebeck sowie den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals (ELK), insbesondere mit seinen Schleusen und Brücken, die erforderlichen Planstellen und Geldmittel bewilligt hat.“ Deshalb erwartet der Politiker, „dass die zuständige Verwaltung unmittelbar liefert“. EHA/tja