Achtes Jahr Krise und kein Ende in Sicht

Ist der deutsche Schifffahrtsstandort noch zu retten? Sicher nicht, wenn es so weitergeht wie bisher, sagte der Private-Equity-Berater und Ex-Rickmers-Finanzchef Moritz Mittelbach jetzt auf der PKF Maritime in Hamburg.

Dabei standen bei dem Branchentreffen auf Einladung der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PKF Fasselt Schlage vorwiegend aktuelle Themen aus dem Steuerrecht auf dem Programm. Doch Mittelbach, der sich nicht zuletzt während seiner Zeit bei der Helaba in Frankfurt intensiv mit der Schiffsfinanzierung auseinandersetzte, sorgte mit seinem Rundumschlag gegen letztendlich alle Sektoren der maritimen Wirtschaft für den meisten Gesprächsstoff.

Achtes Jahr Schifffahrtskrise und kein Ende in Sicht, die Branche steuert gar auf einen neuen Höhepunkt der Krise zu, lautet das ernüchternde Fazit Mittelbachs. Vieles sei schief gegangen, aber manches auch schon wieder in Vergessenheit geraten, lautet sein zentraler Kritikpunkt.

Rückblick: Ab 2003 stieg die Nachfrage nach Containerschiffen und Bulkern. Die Notenpressen in der EU liefen bereits weit vor der Lehman-Pleite 2008 auf Hochtouren. Die Banken, mit liquiden Mitteln vollgesogen, fluteten die Märkte. Auch Eigenkapital gab es im Überfluss. „Das KG-Modell hatte und hat seine Berechtigung“, ist Mittelbach überzeugt. Doch es sei aus dem Ruder gelaufen. So schürten vor allem deutsche Reeder den Orderboom. „Das war fahrlässig und entsprach nicht dem, was ein ordnungsgemäß handelnder Kaufmann tun sollte.“

Nach der Lehman-Pleite sprachen die Banken gleich von einer Finanzierungslücke. „Auch das war Unsinn“, so Mittelbach. Wirtschaftsprüfer sollten die Reeder für die Kreditinstitute durchleuchten und Prognosen abgeben. Doch keine dieser Prognosen sei das Papier wert gewesen, auf dem sie standen.

Die alten Probleme werden nach Einschätzung Mittelbachs heute fortgesetzt. Ein wesentliches Problem: Es gibt nach wie vor zu viel billiges Geld. Die Entscheidung der US-Notenbank Fed Ende 2015, den Leitzins erstmals seit knapp zehn Jahren zu erhöhen und in diesem Jahr weitere Schritte folgen zu lassen, werde daran nichts ändern. Und auch Eigenkapital ist nach wie vor zu bekommen, etwa durch Private Equity oder über Börsengänge, wie sie Scorpio und Navios vollzogen haben. Allerdings: „Beide Unternehmen wollten an Distressed-Deals verdienen und sind mittlerweile selbst Distressed-Kandidaten“, bringt Mittelbach das Dilemma auf den Punkt. Die krisengebeutelten Werften in Korea bekommen staatliche Milliardenhilfen. Es werden weitere Schiffe bestellt, „als gäbe es kein Morgen“, es werde sogar noch spekulativ bestellt, mit der Begründung, die Preise seien so niedrig, moniert der Finanzexperte. „Aber niedrige Preise machen aus Bestellungen noch kein gutes Investment.“

Mittelbachs Ratschlag: Die maritime Wirtschaft in Deutschland muss in der laufenden Konsolidierung das Ruder selbst in die Hand nehmen. Nicht nur große Reedereien hätten eine Chance, sondern auch kleine Reeder in sinnvollen Nischen. „Wir alle haben eine Verantwortung, diesen Prozess zu steuern, um wieder Wettbewerbsfähigkeit herzustellen.“ Wenn es Maersk und MSC gelungen sei, die Wettbewerbshüter davon zu überzeugen, dass die Allianz der beiden Marktführer sinnvoll ist, dann sollte auch hierzulande mehr möglich sein, beispielsweise um größere Einkaufsgemeinschaften zu bilden.

Private Equity sei in Neubestellungen getrieben worden – ein weiterer Fehler. Wer jedoch 2007 einen Capesizer für 100 Millionen Dollar eingekauft habe, dem sei heute auch mit Private Equity nicht mehr zu helfen. fab

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