Deutsche Schiffseigner „beachen“ weiter

Noch immer wird der Großteil ausgemusterter Schiffe an ungeschützten Stränden verschrottet, Foto: NGO Shipbreaking Platform
Deutsche Schiffseigner haben im vergangenen Jahr 50 von 53 Schrottschiffen an ungeschützten Stränden abbrechen lassen.
Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Bericht der NGO Shipbreaking Platform hervor. Relativ führe Deutschland damit die Liste der aktivsten „Beacher“ an. In absoluten Zahlen stehen hiesige Reeder, Banken und Schiffsfonds nach Beobachtungen der Organisation auf Rang zwei – lediglich übertroffen von Griechenland. Dortige Akteure verkauften demnach 51 Schiffe zur Verschrottung an ungeschützten Stränden in Südostasien.
Auffällig ist jedoch, dass die Zahl der aus den beiden Ländern gestrandeten Einheiten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen ist. 2016 hatten deutsche Eigner noch 97 von 99 Schiffen auflaufen lassen. Bei den Griechen waren es 104 von 113. Hintergrund dürfte jedoch weniger eine Abkehr von unsauberen Abwrackpraktiken sein, sondern vielmehr, dass die Zahl der Verschrottungen aufgrund gestiegener Charterraten insgesamt abgenommen hat (thb.info 8. November 2017), weil wieder mehr ältere Einheiten profitabel fahren können.
Auch aus China kamen 2017 weniger Verschrottungen, nämlich 83 statt 105. Bemerkenswert ist hierbei der sinkende Anteil von Strandungen. Während 2016 noch 62 chinesische Einheiten gebeacht worden waren, belief sich die Zahl jetzt auf 25. Hintergrund ist nach Einschätzung der NGO die staatliche Förderung der eigenen Werftenbranche. Dabei würde neben Neubau auch Schiffsrecycling unterstützt, um die Industrie entsprechend anzukurbeln.
Mit großer Aufmerksamkeit dürfte auch die Entwicklung in Norwegen verfolgt werden. Trotz zunehmendem Druck seitens Politik und Wirtschaft – nicht zuletzt durch den Rückzug des nationalen Pensionsfonds aus beachenden Reedereien – sei die Zahl der an Stränden verschrotteten Einheiten norwegischer Eigner im vergangenen Jahr von 10 auf 18 gestiegen.
Weltweit weniger Schiffe verschrottet
In der weltweiten Betrachtung wurden 2017 nach Recherche der Organisation insgesamt 835 Schiffe abgebrochen, davon 543 an ungeschützten Stränden (65 Prozent). Im Vorjahr waren es 668 von 862 (77 Prozent). So gingen zwar sowohl die absoluten als auch die relativen Zahlen zurück. Plattformgründerin Ingvild Jenssen zog dennoch ein vernichtendes Fazit. Es handle sich um ein „trauriges Zeugnis“, das den Widerwillen der Schifffahrtsbranche, verantwortungsvoll zu handeln, belege. „Es ist besonders beschämend, dass so viele europäische Schiffseigner ihre Schiffe an Stränden verschrotten lassen.“ Die bestehende Situation erfordere zusätzlichen Druck von Behörden, Kunden und Finanzinstituten, appellierte Jenssen weiter. Saubere Recyclingmöglichkeiten mit Schutz für Umwelt und Menschen seien schließlich verfügbar, würden aber nicht genutzt, unterstrich sie.
Die Empfängerliste wurde 2017 abermals von den drei größten Abbruchnationen in Südostasien angeführt. Gemessen an der Tonnage folgen nach Bangladesch (6,6 Millionen BRZ) Indien (6,0 Millionen BRZ) und Pakistan (4,1 Millionen BRZ). Die Strände von beispielsweise Chittagong gelten nach Einschätzung der NGO als besonders beliebtes Ziel zur Verschrottung größerer Schiffe. Denn mit 197 Einheiten endeten in Bangladesch deutlich weniger als in Indien. Dort waren es 239. Pakistan kam auf 107.
Innerhalb der EU war derweil eine höhere Aktivität auf den Abwrackwerften festzustellen: So wurden 2017 insgesamt 27 Schrottschiffe mit rund 66.000 BRZ in den Mitgliedsländern recycelt. Im Vorjahr waren es 22 Frachter mit knapp 39.000 BRZ.
Sauberes und sicheres Schiffsrecycling international durchzusetzen, bleibt eine besondere Herausforderung. Nationale Reglementierungen lassen sich nach wie vor durch bestimmte Flaggenstaaten, „Flags of Convenience“, umgehen, betont auch die NGO in ihrem Bericht. 40 Prozent der verschrotteten Handelsschiffe seien 2017 für ihre letzte Fahrt bei Flaggenstaaten registriert worden, die gemäß Paris und Tokyo Memorandum of Understanding auf der grauen oder schwarzen Liste stehen, etwa St. Kitts und Nevis sowie die Komoren. Auf Platz eins stand jedoch das auch in der regelmäßigen Schifffahrt besonders beliebte Panama-Register.
Vorstöße – Auch innerhalb der Branche
Immerhin: Ein Hoffnungsschimmer für den sauberen Abbruch in der Zukunft kam kürzlich aus der Schifffahrtsbranche selbst. Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen hatte vor wenigen Wochen vor Journalisten in Hamburg ausgeführt, er sei davon überzeugt, dass in absehbarer Zukunft trotz steigender Abbrüche dennoch kein Akteur mehr unsauber verschrotten werde. Die Hamburger Reederei ging mit gutem Beispiel voran: Sie ließ zuletzt sieben ältere Containerschiffe mit einer Kapazität von jeweils 4101 TEU auf Werften in der Türkei und in China recyceln (thb.info 30. Januar 2018). ger