Dünnes Netz von LNG-Bunkerstationen

Der Produktentanker „Ternsund“ beim Bunkern von Flüssiggas am neuen LNG-Terminal im finnischen Hafen Pori, Foto: Skangas
Die Baltic Ports Organization (BPO) hat es zu einem ihrer Ziele erklärt, im Ostseeraum eine vernetzte Hafeninfrastruktur zur Nutzung von Liquefied Natural Gas (LNG) voranzubringen – exemplarisch für andere Schifffahrtsregionen.
In den letzten zwei Jahren haben sich Meldungen über Orders von Schiffsneubauten gehäuft, die ausschließlich mit LNG betrieben werden, beziehungsweise nach dem Dual-Fuel-Prinzip auf Flüssiggas-Betrieb umstellen können. Beispielsweise werden mehr als die Hälfte aller aktuell im Auftrag befindlichen 40 Schiffsneubauten für den Nord- und Ostseeraum mit LNG fahren.
Bereits Ende September des Jahres wurde von der Arctech Helsinki Shipyard der weltweit erste Eisbrecher abgeliefert, der neben Marinediesel auch Flüssiggas verwenden kann. Die niederländische Rederij Doeksen wird ab 2018 im westfriesischen Insel-Fährbetrieb zwei neue LNG-Fähren einsetzen. In Südkorea baut Hyundai den ersten LNG-betriebenen 50.000-Tonnen-Bulker.
Doch die Liste ist noch länger. Diesen Sommer wurde auf der Meyer Turku Werft das neue LNG-Fährschiff „Megastar“ der Ostseereederei Tallink Grupp getauft. Ab 2017 pendelt die „Megastar“ auf der Route Helsinki–Tallinn. Außerdem meldete die Meyer Werftengruppe unlängst, von der Carnival Corporation in den USA mit dem Bau von drei Cruise-Linern beauftragt worden zu sein, die ebenfalls mit Flüssiggas fahren. Zuvor war Meyer schon mit Deutschlands größter Kreuzfahrtreederei AIDA Cruises übereingekommen, zwei Kreuzfahrtschiffe zu fertigen, die zu 100 Prozent LNG verwenden und 2019/20 in Fahrt gehen sollen.
Für den BPO-Generalsekretär Bogdan Oldakowski spiegelt sich in der stetig länger werdenden Orderliste für LNG-Schiffe ein Durchbruch für die umweltschonende Flüssiggas-Technologie wider. Dies sei auch kein Zufall, so der Pole. Die zum Teil drastisch verschärften Emissionsgrenzwerte für die internationale Seeschifffahrt in den letzten Jahren haben zu einem Umdenkprozess in den Reedereien geführt. So gilt in Sulphur Emission Control Areas (SECA) wie der Nord- und Ostsee seit 2015 ein Grenzwert von 0,1 Prozent Schwefelanteil im Schiffstreibstoff. Langfristig bedeutet dies das Aus für das bisher verwendete Schweröl. Auch wenn in der Seeschifffahrt neben LNG andere alternative Treibstoffe wie Biodiesel, Methanol und Wasserstoff auf ihre Praxis tauglichkeit getestet werden, scheint Flüssiggas von immer mehr Reedereien favorisiert zu werden. Fakt ist: Der CO2-Ausstoß von LNG liegt bis zu 25 Prozent niedriger als bei Schweröl oder Diesel. LNG verbrennt schwefel- und rußfrei, es entstehen bis zu 80 Prozent weniger Stickoxide.
Zunächst wollte sich dieser Trend jedoch nicht einstellen. Oldakowski verweist darauf, dass „vor 2015 lediglich vier LNG-betriebene Schiffe auf der Ostsee unterwegs waren“. Darunter das Fährschiff „Viking Grace“, das von der finnischen Reederei Viking Line seit Jahresbeginn 2013 auf der Route zwischen Turku und Stockholm eingesetzt wird. Mit dem Neubau, der 2800 Gästen Platz bietet, wurde nicht nur die Diskussion um das Flüssiggas in der Schifffahrt weiter entfacht, es rückten auch Fragen zur Hafeninfrastruktur, zur Sicherheit und Verfügbarkeit von LNG in den Fokus. Dies umso stärker, je mehr Schiffe mit dem alternativen Treibstoff unterwegs sind. Laut BPO stieg deren Zahl in Nord- und Ostsee mittlerweile auf 27, darunter 14 Passagierfähren.
Die Hafenorganisation habe sich des Themas frühzeitig „pro-aktiv“ angenommen, sagt Generalsekretär Oldakowski. In einem ersten Projekt „LNG in Baltic Sea Ports I“ wurden in einer Reihe von Ostseehäfen der Status quo und die möglichen LNG-Fazilitäten zur Bunkerung von Flüssiggas erhoben. In den Häfen kommen zum Beispiel verschiedene Technologien zur Anwendung. So werden Schiffe von Tankwagen aus bebunkert, aber auch nach dem Modell ship-to-ship. Doch die Anzahl der LNG-Bunkerstationen bleibt vorerst überschaubar. Nur in fünf Ostseehäfen, unter anderem in Göteborg und Klaipeda, bestehen derzeit neu gebaute LNG-Terminals mit größeren Lagerkapazitäten.
Doch diese spezielle Landkarte verändert sich permanent. In Finnland etwa ist der Bau von drei LNG-Terminals geplant. Im dänischen Hirtshals entsteht gar eine Produktionsanlage für Flüssiggas. Hafenchef Anker Laden-Andersen sieht darin großes Potenzial, „um die umweltfreundliche Entwicklung der Schifffahrt zu fördern“. Der Hafen Hirtshals zählt zu den Knotenpunkten im Ostseeverkehr. Beteiligt an dem LNG-Projekt ist die norwegische Reederei Fjord Line. Sie unterhält mit zwei flüssiggasbetriebenen Fährschiffen Liniendienste von Norwegen nach Hirtshals.
Mit dem Folgeprojekt „LNG in Baltic Sea Ports II“ strebt die BPO laut Oldakowski an, „die Kooperation der Häfen zu verbessern und den Ausbau der LNG-Infrastruktur zu forcieren“. Es gelte, ein Netzwerk zu etablieren, Technik- und Sicherheitsstandards zu definieren und Synergien zu heben im Miteinander von Häfen, Lieferanten, Reedereien und landseitigen LNG-Nutzern. Im Projekt involviert sind die schwedischen Häfen Trelleborg, Sundsvall und Helsingborg sowie Rostock und Klaipeda (Litauen). Kürzlich hatte die Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) vermeldet, dass der Hafen mit einem schwimmenden Tanklager für LNG ausgestattet werden soll. Eine Absichtserklärung sei mit der russischen Firma LNG Gorskaya unterzeichnet worden. Oldakowski ist überzeugt: „Der Ostseeraum kann eine Beispielregion werden, um den Einsatz von LNG auch in anderen europäischen Häfen und Fahrtgebieten voranzutreiben.“
Baltic Ports Organization
Die Baltic Ports Organization (BPO) ist 1991 in Kopenhagen gegründet worden. Die Hafenorganisation zählt aktuell 45 Mitglieder aus neun Staaten. Aus Deutschland gehören die Häfen Kiel, Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund der BPO an. Unter den so genannten Friendship Members finden sich auch die Hamburg Port Authority und Port of Hamburg Marketing. Die BPO verfolgt das länderübergreifende Ziel, die Entwicklung des maritimen Transports im Ostseeraum nach wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Kriterien zu begleiten und mitzugestalten. Die Ostseeregion gehört zu den verkehrsreichsten Seegebieten der Welt.