Geteilter Ausblick auf die Schiffsmärkte

In der Containerschifffahrt wird sich die Konsolidierung im kommenden Jahr fortsetzen, Foto: Hanseatic Lloyd
Nach einem turbulenten Jahr auf den Schiffsmärkten sind die Blicke nach vorn gerichtet. Für 2017 zeichnen sich einige Trends ab.
Containerfrachter
Drewry sieht die Containerschifffahrt vor einer Trendwende. Mit der Insolvenz der koreanischen Großreederei Hanjin Shipping sei die Talsohle durchschritten, urteilt das Analysehaus. Noch vor einem Jahr schätzte das britische Beratungsunternehmen den Markt deutlich pessimistischer ein und erwartete, dass die Containerschifffahrt erst in der Mitte ihrer Überkapazitäten-Krise angekommen sei. Jetzt sagt Neil Dekker, Leiter Research bei Drewry: „Auch wenn wir weiter Bedenken hinsichtlich des schwachen Handelswachstums und der Überkapazitäten haben, gehen wir nun von einer allmählichen Markterholung aus.“ Dekker sieht die Hanjin-Insolvenz daher nicht zwangsläufig als den Wendepunkt, denn die Frachtraten hätten bereits zuvor im laufenden Jahr die Talsohle durchschritten. Er erwartet eine weitere Konsolidierung, die allerdings nicht notwendigerweise dazu führe, dass „die Reeder das rettende Ufer erreichen“.
Der Drewry-Analyst geht hart mit den Schifffahrtsmanagern ins Gericht: „Wenn erfahrene Topmanager von Synergien in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar sprechen, bedeutet das noch gar nichts, wenn die anschließenden Verhandlungen ohne die nötige Härte geführt werden und eigentlich nur von dem Wunsch getrieben werden, wertvolle Marktanteile zu halten.“ Drewry betont, dass sich viele Reedereien bei steigender Verschuldung zu wenig auf ihre Umsätze konzentriert hätten. Das sei schließlich auch Hanjin zum Verhängnis geworden. Dekker schätzt, dass der Branchenumsatz 2016 nur rund 143 Milliarden Dollar erreichen werde. Zum Vergleich: 2012 waren es noch 218 Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr prognostiziert Dekker, dass die Boxenreeder zwar einen kollektiven Verlust von fünf Milliarden Dollar einfahren werden. Im kommenden Jahr sehe das jedoch schon ganz anders aus: „In unserer Pro gnose gehen wir davon aus, dass sich die Marktprofitabilität erholt, weil sowohl die Frachtraten als auch die Mengen zulegen werden. Ich rechne für 2017 mit einem bescheidenen operativen Gewinn von 2,5 Milliarden Dollar.“
Bulker
Derweil bleibt der Bulker-Markt in Bewegung. Im Orderbuch standen im Oktober laut Nord/LB 1139 Einheiten mit insgesamt 99,49 Millionen tdw. 36 Prozent dieser Tonnage seien noch für 2016 und 39 Prozent für 2017 zur Ablieferung vorgesehen. Erst ab 2018 reduziert sich das Auslieferungsvolumen infolge der seit 2015 gesunkenen Neubestellungen. In den ersten drei Quartalen 2016 waren erst 39,8 Millionen tdw der für das Gesamtjahr avisierten 75,6 Millionen tdw abgeliefert worden. Das weckt aus Sicht der Nord/LB Zweifel daran, dass die verbliebenen 35,8 Millionen tdw tatsächlich noch im Schlussquartal in Fahrt gehen. Dafür sei der Gesamtmarkt „weiterhin zu wenig aufnahmefähig“. So dürften sich einige Ablieferungen ins kommende Jahr verschieben. Das Neuvolumen der bislang für 2017 vorgesehenen 38 Millionen tdw würde sich auf 63 Millionen tdw erhöhen. Doch die Nord/LB rechnet auch im kommenden Jahr mit Verschiebungen und letztendlich mit einer Neutonnage zwischen 45 und 50 Millionen tdw. Das Überangebot werde sich kaum verändern.
Tanker
In der Tankschifffahrt hatte sich frühzeitig ein Ende des Höhenflugs abgezeichnet, nachdem die Preise am Weltölmarkt einen Boden gefunden hatten. Zahlreiche Neubau-Ablieferungen bei nur wenigen Abwrackungen erhöhten den Wettbewerbsdruck. Die Aussichten haben sich weiter eingetrübt. Steigenden Kapazitäten von Raffinerien in Nahost bedeuten einen Dämpfer, so Drewry. Der erhebliche Kapazitätszuwachs im Produktions-Hub für das Ölgeschäft werde das Handelswachstum eindämmen. Auf die Schifffahrt würde sich diese Entwicklung negativ auswirken. Das aktuelle Wachstum von drei Prozent pro Jahr könnte sich dadurch auf jährlich 1,2 Prozent in den Jahren 2019 bis 2021 verlangsamen. „Rückläufiges Handelswachstum wird negativen Einfluss auf die Nachfrage nach Tonnage nehmen, wodurch die Frachtraten unter Druck geraten werden, obwohl das Flottenwachstum sinken dürfte“, resümiert Drewry-Analyst Rajesh Verma. fab