Häfen bei Mega-Carriern überfordert

Die Entwicklung zu immer größeren Containerschiffen ist kaum aufzuhalten. Doch die Containerriesen schaffen mehr Probleme, als sie lösen, lautet ein zentraler Kritikpunkt. Mit dem schwächeren Warentransport zwischen Europa und Fernost nehmen die wirtschaftlichen Risiken der Schiffe weiter zu.

Zu den Kritikern zählt Ulrich Malchow, Professor für Maritime Economics an der Hochschule Bremen. Er vertritt die These, dass der Nutzen von riesigen Containerschiffen lediglich bei einer Handvoll Unternehmen liegt (THB 4. März 2016). Die vermeintlichen Kostenvorteile größerer Schiffe für die Reedereien gingen immer mehr gegen null und würden mehr als ausgeglichen von längeren Liegezeiten in den Häfen.

Mit der Globalisierung, dem Wachstum des Welthandels und dem technischen Fortschritt entwickelten sich die Containerschiffe zu wahren Giganten. Vor 30 Jahren war die „Frankfurt Express“ von Hapag-Lloyd das erste Schiff, das mehr als 3000 Standardcontainer tragen konnte. Das galt damals als erstaunlich. „CSCL Globe“, „UASC Barzan“ und „MSC Zoe“ schaffen heute die sechsfache Menge.

Immer kostengünstiger, so das Kalkül, werde so der Transport des einzelnen Containers. „Schaut man sich jedoch die Kostenersparnisse je Container an, so wird sie mit wachsender Größe immer geringer“, hält Malchow entgegen. Das gelte für Treibstoffkosten ebenso wie für Personal- und Investitionskosten. Das Ende der Fahnenstange ist so gut wie erreicht. Das hatte im vergangenen Jahr auch eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ergeben. Das Beratungsunternehmen Drewry kommt in einer aktuellen Studie zum Ergebnis, dass die Skaleneffekte, die sich durch steigende Schiffsgrößen ergeben, langsam ausgereizt sind. Zwar könnten Reedereien beim Betrieb weitere Kosten einsparen. Doch dafür entstünden immer höhere Kosten in den Häfen und landseitig (THB 14. März 2016).

Jetzt wächst vor allem das wirtschaftliche Risiko. Denn selbst die geringen Einsparungen treten nur ein, wenn die Schiffe voll beladen sind. Das sind sie aber in der Regel nicht mehr, da es schon zu viele von den Mega-Carriern gibt. Außerdem liegen die chinesischen Exporte in diesem Jahr bislang um rund ein Fünftel unter dem Vorjahr, und der Welthandel wächst nur um drei Prozent. Damit dreht sich die Rechnung ins Minus. Längere Lösch- und Ladezeiten in den Häfen steigern zudem die Kosten.

Die Produktivität im Hafen kann mit den steigenden Schiffsgrößen nicht mithalten. Das wissen auch die Reeder. Die Mega-Frachter sind praktisch nur auf der Route zwischen Asien und Europa einsetzbar und verringern die Flexibilität der Unternehmen. Vom Marktführer Maersk sind erste Si g nale zu hören, dass noch größere Schiffe wohl nicht auf dem Wunschzettel des Managements stehen. Stattdessen lässt Maersk die ersten Giganten schon beschäftigungslos aufliegen.

Hapag-Lloyd schiebt einen Beschluss über den Kauf von Schiffen der 18.000-TEU-Klasse seit Monaten vor sich her. „Die Entscheidung ist nicht einfach, wir werden uns damit noch Zeit lassen“, sagte jetzt Vorstandschef Rolf Habben Jansen. Allerdings: „Irgendwann brauchen wir Zugriff auf 18.000-TEU-Schiffe. Aber das muss nicht unbedingt über einen Kauf gehen, das kann auch im Rahmen unserer Allianz mit anderen Reedereien gelingen“, so Habben Jansen.

Schon einmal musste die Schifffahrt lernen, dass es Grenzen bei der Größe gibt. Die größten Supertanker für den Transport von Rohöl wurden in den 1970er Jahren gebaut. „Jahre Viking“ mit 458 Metern Länge und 564.000 Tonnen Tragfähigkeit war der größte jemals gebaute Tanker. Das Schiff konnte weder den Panama- noch den Suezkanal durchfahren und wegen seiner schlechten Manövrierbarkeit auch nicht den Ärmelkanal. Die „Jahre Viking“ konnte nur wenige Häfen anlaufen.

Allein der Anhalteweg betrug sechs Kilometer. In seinen letzten Lebensjahren wurde das Schiff als schwimmendes Rohöllager genutzt und 2010 verschrottet. Moderne Tanker sind immer noch sehr groß, aber nicht mehr ganz so riesig wie die Schiffe vor 40 Jahren. Zu beachten sind auch die Versicherungskosten: Mit steigender Größe wachsen auch die Risiken und damit die Kosten, um sich entsprechend zu versichern.

Vor allem für die Häfen weltweit bedeuten die Containerriesen große logistische und technische Probleme. Außerdem verursachen die Megaliner erhebliche Mehrkosten, ohne dass dadurch ein Container mehr umgeschlagen wird. Sie müssen allerdings sehr viele Container in kürzerer Zeit umschlagen und benötigen dafür größere und leistungsfähigere Anlagen und Containerbrücken. „Vielleicht ist die Entwicklung zu immer größeren Schiffen nicht nachhaltig“, sagte vor kurzem der Chef des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH), Gunther Bonz.

Hinter den Kulissen denken manche Hafenmanager in Europa schon darüber nach, die Schiffsgrößen künftig zu begrenzen. Offiziell will diese Forderung aber niemand stellen. „Wir sehen die Entwicklung der Großcontainerschiffe als Herausforderung, der wir uns stellen müssen“, heißt es bei der Hamburger Hafenbehörde HPA. „Darüber sind wir mit anderen Häfen im Gespräch.“ fab/dpa

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