Hamburgs Hafen erwartet bisher größten Containerfrachter

(Foto: MOL)
Erstmals in seiner fast 70-jährigen Geschichte erscheint der THB aus gegebenem Anlass am Montag mit einer XXL-Titelseite.
Denn der Hamburger Hafen erwartet den ersten Containerfrachter mit über 20.000 TEU. Der bisher für die Elbmetropole größte Megaboxer „MOL Triumph“ macht vor aussichtlich gegen 22 Uhr am HHLA Container Terminal Burchardkai (CTB) fest.
Der 400 Meter lange und mit fast 59 Metern fast doppelt so breite Carrier wie ein Kreuzfahrtschiff war am 15. März bei der Bauwerft Samsung Heavy Industries in Südkorea getauft und am 27. März an den neuen Eigentümer MOL übergeben worden. Es handelt sich um das erste von insgesamt sechs baugleichen Schiffen dieser 20.000er-Klasse, die MOL in Auftrag gegeben hat.
Eingesetzt wird die „MOL Triumph“ im sogenannten FE2-Service des neuen Reedereibündnisses „THE Alliance“, der China und Südostasien mit Nordeuropa verbindet. Insgesamt läuft das Konsortium Hamburgs Hafen mit allen fünf Fernost-Liniendiensten direkt an. Zwei davon werden am CTB, die anderen drei am HHLA Container Terminal Altenwerder (CTA) abgefertigt.
Herausforderung
Für Häfen und Anlagen sind solche Megaschiffe nicht nur wegen ihrer Größe eine Herausforderung. Auch die gewaltigen Ladungsmengen, die innerhalb kürzester Zeit umgeschlagen und weitergeleitet werden müssen, verlangen von den Terminalfirmen enorme Leistungen.
Der CTB hat zwei Hochleistungsliegeplätze für die Abfertigung der neuen 20.000-TEU-Schiffe. Hier kommen die größten Containerbrücken des Terminalbetreibers zum Einsatz. Ihre Ausleger reichen über die gesamte Breite der Mega boxer mit bis zu 24 Containerreihen. Am CTB arbeiten 13 solcher Brücken.
Bei einem 20.000-TEU-Schiff werden pro Anlauf zwischen 11.000 und 14.500 TEU bewegt. Diese Mengen erfordern gewaltige Anstrengungen in der Terminallo gis tik und im Zu- und Ablauf der Containerströme. Auf dem CTB sorgen automatisierte Blocklagersysteme, eine optimierte Lkw-Abfertigung und umfangreiche Kapazitäten im Schienenverkehr dafür, dass die Containermengen schnell weitergeleitet werden.
Übrigens: Das MOL-Flaggschiff muss am Burchardkai abgefertigt werden, da der Frachter zu hoch ist, um unter der Köhlbrandbrücke hindurchzufahren. Außerdem wird das Schiff den Hamburger Hafen künftig nicht voll beladen erreichen können, da sich auch die umstrittene Elbvertiefung nach einem aufschiebenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Februar dieses Jahres weiter verzögert.
„Für Häfen wie Hamburg ist die Entwicklung zu Schiffen dieser Größe Gift“, sagt der Hamburger Schifffahrts experte Ulrich Malchow. Er gehört zu den offenen Kritikern des Trends zu größeren Schiffen und steht damit nicht allein. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) etwa stellte fest, es sei ein Punkt erreicht, an dem größere Schiffe nicht mehr sinnvoll seien.
Gewaltige Ladungsmengen
Größere Schiffe erfordern immer tiefere Häfen und Flüsse, größere Terminals und Brücken. Sie überlasten die Infrastruktur mancher Häfen durch ihre gewaltigen Ladungsmengen. Bei einer Havarie bergen sie enorme wirtschaftliche und Umweltrisiken. Und sie drücken die Frachtraten, weil sie sich auch für die Reedereien nur rechnen, wenn sie bis zum Anschlag gefüllt sind. Hamburg können sie nur als letzten Hafen in Europa anlaufen, nachdem ein Teil der Container schon in Häfen wie Le Havre, Rotterdam oder Southampton gelöscht wurde.
Wilhelmshaven hat es da besser. Deutschlands einziger Tiefwasserhafen wirbt mit einer Wassertiefe von 18 Metern und einer kurzen Anfahrt von der Nordsee, ohne lange Revierfahrt oder Abhängigkeit von den Gezeiten. Trotz dieser Vorzüge gegenüber Hamburg kam der 2012 eröffnete JadeWeserPort bisher nur schleppend in Fahrt. 2016 wurden nur 482.000 TEU umgeschlagen, langfristiges Ziel sind 2,7 Millionen TEU. Betreiber Eurogate und das Land Niedersachsen setzen daher große Hoffnungen auf den neuen Reederei-Verbund Ocean Alliance. Der am Sonnabend erwartete Erst anlauf des Containerfrachters „OOCL Tianjin“ hat zwar mit einer Kapazität von gut 8000 TEU keine Mega-Ausmaße, größere Schiffe sollen aber bald folgen.
Ultragroße Schiffe sind innerhalb kürzester Zeit die Arbeitspferde im Verkehr zwischen Europa und Asien geworden. Fast jeden Tag kommt ein solcher Containerriese die Elbe hinauf, 240 Schiffe mit mehr als 14.000 TEU waren es im vergangenen Jahr. Und noch ist die Entwicklung nicht zu Ende.
Allein Maersk hat noch elf Mega-Schiffe mit jeweils über 20.000 TEU im Zulauf. Die japanische Reederei MOL und die chinesische OOCL erwarten jeweils sechs Neubauten dieser Kategorie, die Reederei Evergreen erhält noch elf Schiffe mit 18.000 TEU. In den Auftragsbüchern asiatischer Werften standen zum Jahresbeginn insgesamt noch 60 Schiffe mit jeweils mehr als 19.000 TEU.
Deutlich zu viel Schiffsraum
Damit bleibt auch das Ende der nun schon fast neun Jahre dauernden Schifffahrtskrise ungewiss. „Wir haben strukturell immer noch deutlich zu viel Schiffsraum“, sagt Malchow. „Insgesamt wuchs die Kapazität im vergangenen Jahr immer noch und übersprang erstmals die Marke von 20 Millionen TEU.“ Die neuen Schiffe würden den Druck auf die Frachtraten bald wieder verstärken und die Krise weiter verlängern.
Die „MOL Triumph“ wird den Hamburger Hafen voraussichtlich am 18. Mai gegen 17 Uhr wieder verlassen und sich nach weiteren Stopps in Rotterdam und Le Havre auf die Rückreise nach Fernost machen.
Mit einer exakten Kapazität von 20.170 TEU hat die „MOL Triumph“ zwar die neuralgische 20.000-TEU-Schallmauer durchbrochen, die bis vor ein paar Jahren noch als undenkbar galt. Aber das Schiff ist nicht der Rekordhalter, wenn es um den Transport von Containern geht. Das ist die „Madrid Maersk“ mit 20.568 TEU Staukapazität, die gerade ebenfalls in Südkorea bei Daewoo fertiggestellt wurde. Auch dieser Frachter wird nicht lange an der Spitze stehen. In wenigen Wochen geht die „OOCL Hong Kong“ in Dienst, mit 21.100 TEU.
Die Containerschiffe sind in der Vergangenheit immer größer geworden. Vor 25 Jahren reichten 4442 Boxen für den Spitzenplatz. Übertroffen werden die Containerriesen von heute von einigen Supertankern der Vergangenheit. So wurde 1980 der Tanker „Porthos“ um 81 Meter gestreckt und erreichte damit rund 458 Meter Länge. Das ist Rekord bis heute. Das Schiff war so groß, dass es viele wichtige Häfen und Wasserstraßen nicht nutzen konnte. In den Jahren vor seiner Verschrottung 2010 diente es als Rohölzwischenlager.
Das größte Passagierschiff ist die „Harmony of the Seas“ mit 362 Metern Länge und Platz für über 6000 Passagiere und 2000 Besatzungsmitglieder. Die größten Kriegsschiffe sind die nuklear angetriebenen US-Flugzeugträger der „Nimitz“-Klasse, deren Flugdeck knapp 333 Meter lang ist. Gegenwärtig entsteht in Korea die „FLNG Prelude“ für ein Konsortium unter Führung des Shell-Konzerns. Das ist eine Anlage zur Förderung, Verflüssigung, Lagerung und zum Umschlag von Erdgas. Die Anlage ist 488 Meter lang und 74 Meter breit und damit der größte schwimmende Körper, den Menschen je gebaut haben. FBi/lno