Kollision im Panamakanal wirft Fragen auf

Hier am Burchardkai: der 8500-TEU-Carrier „Xin Fei Zhou“, Foto: Hasenpusch

Sichtbare Schäden am Schiffsrumpf, Foto: Facebook
Im erweiterten Panamakanal hat es jetzt die erste Havarie gegeben.
Der Unfall ereignete sich nur etwa vier Wochen nach der offiziellen Freigabe der vergrößerten Schleusenkomplexe. Damals passierte als erstes Schiff die „China COSCO Panama“ den wiedereröffneten Kanal.
Zum aktuellen Havarie-Hergang: Die ursprünglich aus dem chinesischen Qingdao kommende „Xin Fei Zhou“ (IMO 9337937) passierte gerade die Agua-Clara-Schleusen-Anlage an der Atlantikseite des Panamakanals, als der Frachter mit der Wand der Schleusenkammer kollidierte. Dabei entstanden sichtbare Schäden am Rumpf des 8500-TEU-Carriers (kleines Foto). Die Schleusenwand ist jedoch nur leicht beschädigt worden. Der weitere Schiffsverkehr vor Ort wurde durch den Unfall nicht beeinträchtigt. Die Panama Canal Authority (PCA) bestätigte die Kollision des 334 Meter langen und 43 Meter breiten Frachters als ersten Unfall seit der Neueröffnung.
Die Havarie des 2008 von der chinesischen Hudong Zhonghua Shipbuilding Group abgelieferten Containerschiffes bestätigt die Kritiker, die bereits im Vorfeld des Schleusenneubaus vor zu klein dimensionierten Kammern gewarnt hatten. Vor allem lokale Gewerkschaftsvertreter sorgen sich um die Arbeits- und auch die operative Sicherheit. Im April dieses Jahres hatte die International Transport Workers’ Federation (ITF) diese Kritik aufgenommen. Damit nicht genug: Sie gab daraufhin eine Studie bei der brasilianischen maritimen Ausbildungs- und Forschungseinrichtung Fundação Homem do Mar (FHM) in Rio de Janeiro in Auftrag. In dem Institut wurden verschiedene Schleusen-Simulationen durchgespielt. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden im weiteren Verlauf der PCA vorgelegt. Die Kernaussage: Bei geschlossenen Schleusentoren steht ein zu geringer Manövrierraum zur Verfügung. Für Folgen technischer Störungen beziehungsweise menschlichen Fehlverhaltens gebe es somit keinen Gestaltungsspielraum. Das könne die Sicherheit der Seeleute und auch des Schleusenpersonals gefährden.
Die Kanalbehörde widersprach den Aussagen der brasilianischen Wissenschaftler und stellte ihre Arbeitsergebnisse infrage. In der Untersuchung seien weder Daten aus den im Vorfeld durchgeführten zahlreichen Praxistests berücksichtigt worden noch stimmten die technischen Berechnungen. Außerdem hätten die Autoren den Panamakanal nicht aus eigener Anschauung erlebt, schloss die PCA.
Die neuen Schleusenkammern auf beiden Seiten des Panamakanals sind jeweils 427 Meter lang und 55 Meter breit. Sie erlauben Schiffen der Postpanamax-Klasse mit bis zu 14.000 TEU (bis zu 366 Meter Länge und 49 Meter Breite) eine Passage der rund 82 Kilometer langen Wasserstraße. Bislang wurden nur Frachter mit maximal 4400 Containern geschleust. Die komplette Erweiterung des Kanals dauerte in der Umsetzung knapp zehn Jahre und kostetete insgesamt rund 5,25 Milliarden US-Dollar. ger