Kurzstreckenseeverkehr spürt Corona-Krise

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bekommt nun auch der Kurzstreckenseeverkehr in Europa stärker zu spüren. Der Ladungszustrom am Spotmarkt hat Schiffsmaklern zufolge erheblich nachgelassen, insbesondere im Mittelmeerraum. Vor allem Stahl, Baustoffe und Schrott würden inzwischen in deutlich geringeren Mengen verschifft, heißt es.

Aufgrund der Zunahme unbeschäftigter Tonnage kommen die Frachtraten unter Druck. Der European Short Sea Index (EUSSIX) des Branchendienstes BMTI, der alle wichtigen Fahrtgebiete der Minibulker in Nordeuropa, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer abbildet, gab vergangene Woche abermals um 0,9 Prozent nach. Er liegt mit 21,32 Punkten jetzt rund 11 Prozent niedriger als zu Jahresanfang.

Im Mittelmeer brach das Ratenniveau seit Januar sogar um 25 Prozent auf durchschnittlich 20,25 US-Dollar (USD) pro Tonne ein. Auf der Getreide-Rennstrecke von den baltischen Häfen in die ARAG-Range ist die durchschnittliche Spotrate für Ladungspartien von 3000 Tonnen laut BMTI nach wie vor stabil bei rund 25,50 Euro/Tonne. Der erhöhte Bedarf der Mühlen und Nahrungsmittelindustrie in Westeuropa wirkt sich hier noch stabilisierend aus. Das Blatt könnte sich aber bald wenden. „Schiffsmakler und Reeder berichten übereinstimmend, dass die Geschäfte nachlassen und die Frachtraten unter Druck kommen“, berichtet BMTI.

Deutlich dramatischer beurteilt die Beratungsfirma Istfix aus Istanbul die Lage am Shortsea-Markt. Der Blick der Experten richtet sich besonders auf die Aktivität im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, die aufgrund der Krise in Italien und den Einschränkungen für den Schiffsverkehr durch Quarantänevorschriften in der Region stärker nachgelassen hat. Der Istfix-Index, der die Tageserträge der Minibulker im Spotgeschäft verfolgt, liegt mit 443 Punkten nahe seinem Allzeittief. Mit geschätzten Erlösen von rund 1900 USD/Tag fahren Schiffe in der Größenklasse zwischen 4000 und 6000 tdw demnach nicht einmal mehr ihre Betriebskosten ein.

Fabrikschließungen und Einschränkungen des Hafenhinterlandverkehrs in zahlreichen Mittelmeeranrainerstaaten hätten den seewärtigen Handel abgeschnürt. Um ihre Schiffe überhaupt zu beschäftigen, seien die Reeder gezwungen, sich gegenseitig massiv zu unterbieten, so Istfix. Gestützt wurden die Nettoerträge der Schiffe im Spotgeschäft zuletzt noch durch die drastisch gesunkenen Brennstoffpreise.

Der Preis für das im Shortsea-Trade gängige Marine Gasöl (MGO) hat sich seit Ende 2019 auf rund 300 USD/Tonne (Rotterdam) halbiert. In Kürze dürften die Preise, die unmittelbar den Rohölnotierungen folgen, wieder steigen. Die Rohölpreise legten vergangene Woche bereits deutlich zu. Die Nordseesorte Brent zur Lieferung im Frontmonat verteuerte sich um gut 10 USD auf gut 34 USD/Tonne.

In der weltweiten Dry-Bulk-Schifffahrt tendierten die Fracht- und Charterraten unterschiedlich. Dank einer erhöhten Charteraktivität für Eisenerz Richtung China kletterte die Durchschnittsrate der großen Capesize-Bulker (180.000 tdw) von niedrigem Niveau aus um 61 Prozent auf 5949 USD/Tag. Für die kleineren Frachter mit eigenen Kränen rutschte das Ratenniveau bei schwacher Aktivität im Atlantik deutlich ab. Supra maxe (58.000 tdw) verschlechterten sich um 23 Prozent auf 5442 USD/Tag, Handysize-Typen (38.000 tdw) um 15 Prozent auf 6117 USD/Tag. Die Charteraktivität für die kleineren Schiffe beschränke sich derzeit nur auf die nötigsten Spotbedarfe der Ladungsseite, schrieb die Hamburger Reederei Peter Döhle in ihrem monatlichen Maritime-Overview-Report. mph/bek

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