Ladungsaufkommen steigt wieder an
Die spannendste Frage bei einer Schiffstaufe ist immer, ob es der Patin gelingt, das gespannte Seil, das zur Champagnerflasche am Schiffsrumpf führt, zu durchtrennen.
Rozio González, die Ehefrau von Andronico Luksic, Chef des Verwaltungsrats von Quinenco, schaffte dies vergangene Woche bei der Taufe der „Valparaíso Express“ in der gleichnamigen chilenischen Hafenstadt direkt mit dem ersten Beilhieb. Ein gutes Omen für das 10.500-TEU-Schiff (THB 9. Dezember 2016).
Mit dem neuen Post-Panamax-Carrier und seinen vier Schwesterschiffen sei sichergestellt, „dass Hapag-Lloyd als einer der Marktführer auf dem lateinamerikanischen Markt auch nach der Erweiterung des Panamakanals wettbewerbsfähig bleibt“, sagte Anthony J. Firmin, der COO der Reederei. Mit den neuen Schiffen, die jeweils 2100 Anschlüsse für Kühlcontainer haben, könne vor allem den Reefer-Kunden in Südamerika und insbesondere Chile ein noch besserer Service geboten werden, unterstrich er.
Das erste Schiff der neuen „Valparaíso Express“-Klasse wird im überarbeiteten Europa-Südamerika-Westküsten-Dienst fahren. In diesem ersetzen vier der fünf Neubauten ältere Panamax-Schiffe, während ein zweiter Dienst mit Panamax-Schiffen (SW2) und zwei Slot-Charter-Verträge (EW1 und EW2) in demselben Fahrtgebiet beendet werden.
Schwieriges Geschäftsjahr
Tatsächlich war das nun zu ende gehende Jahr gerade im Südamerika-Verkehr nicht einfach. Vor allem bei den Verkehren zwischen Europa und der südamerikanischen Ostküste lief es bisher schlecht. Von Nordeuropa aus gab es im September erstmals seit 17 Monaten wieder ein höheres Ladungsaufkommen als im Vorjahresmonat. Vom Mittelmeer aus lagen die Volumina im gesamten Jahresverlauf deutlich unter Vorjahr. Aufs Jahr gerechnet erreichen die südgehenden Mengen mit 560.000 TEU bei weitem nicht das Vorjahresniveau (minus 8,7 Prozent). Etwas besser sieht es bei den südamerikanischen Exporten Richtung Europa aus. Dort liegen die Mengen nach den ersten neun Monaten den Marktexperten von Drewry zufolge mit 620.000 TEU um 5,4 Prozent über Vorjahr. Die Raten haben im Ostküsten-Verkehr mit etwa 1300 US-Dollar/TEU (Stand Oktober) indes noch längst nicht das Vorjahresniveau erreicht, das etwa 200 Dollar pro Box höher lag.
Das es indes auch anders geht, zeigen die Verkehre zwischen Asien und Lateinamerika. Dort gelang es den Carriern von April an durch gezielte Kapazitätsverknappung die Raten schrittweise auf zuletzt etwa 3000 Dollar/FEU zu steigern, nachdem sie im März noch unterhalb der 1000-Dollar-Marke herumgedümpelt waren.
Für Hapag-Lloyd ist dieses Aufwärtsmomentum besonders wichtig, da die Lateinamerika-Verkehre für den deutschen Carrier nach der Fusion mit CSAV das wichtigste Fahrtgebiet überhaupt sind. Im vergangenen Geschäftsjahr entfielen 2,2 Millionen der insgesamt 7,4 Millionen transportierten TEU auf das Fahrtgebiet.
Habben Jansen verhalten optimistisch
CEO Rolf Habben Jansen ist angesichts der jüngsten Entwicklung in dem Trade, aber auch im Gesamtmarkt, mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr „verhalten optimistisch“, dass die Reederei dann auch unter dem Strich wieder Geld verdient. Die Fundamentaldaten für die Linienreedereien hätten sich verbessert, sagte er im Vorfeld der Schiffstaufe vor Journalisten.
Hoffnungsvoll stimmt den Konzernlenker vor allem, dass im Jahresverlauf bereits Tonnage im Umfang von rund 650.000 TEU verschrottet worden ist, während kaum noch Schiffe geordert wurden. Der Niederländer sprach von lediglich 200.000 TEU. Vor diesem Hintergrund geht er davon aus, dass die Flotte alsbald effektiv schrumpft, was sich dann wiederum zeitnah positiv auf die Raten auswirken dürfte. „Sie werden wahrscheinlich im kommenden Jahr schon höher sein als im laufenden Jahr“, betonte der Niederländer. Ob das dann schon reicht, um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, hängt ihm zufolge auch davon ab, wie sich der Ölpreis und damit auch die Bunkerpreise entwickeln. Nach der jüngsten Entscheidung der Opec, die Förderkapazitäten zu reduzieren, hatten die Preise zunächst einen Sprung gemacht. Angesichts der jüngsten Quartalszahlen müsste Hapag-Lloyd laut Habben Jansen pro Box ungefähr 25 Dollar mehr verdienen als aktuell. Damit sieht er sein Unternehmen allerdings besser aufgestellt, als viele der Wettbewerber, denn: „Die meisten benötigen wahrscheinlich 50 USD zusätzlich pro Box, um den Breakeven zu erreichen.“
Trotz des Hoffnungsschimmers am Horizont geht der Manager davon aus, dass die Konsolidierung anhält. Sie werde aber voraussichtlich nicht mehr in dem Tempo vonstatten gehen, wie in diesem Jahr, in dem fünf Akteure verschwunden sind. „Zwei bis drei weitere Linienreedereien werden wahrscheinlich aber noch aus dem Markt verschwinden“, glaubt er.
Hanjin-Pleite war ein Schock
Indes geht er nicht davon aus, dass es weitere Insolvenzen gibt. Die Pleite von Hanjin Shipping sei ein Schock für alle gewesen und die Branche habe daraus gelernt und sei nun besser vorbereitet. Ein Beispiel ist „The Alliance“, in der Hapag-Lloyd künftig unterwegs sein wird. Demnach haben die Partner bei der Federal Maritime Commission der USA einen Plan eingereicht, durch den sichergestellt werden soll, dass Boxen weitertransportiert werden können, falls eines der Unternehmen in Schieflage gerät.
Maersk Line übernimmt Hamburg Süd. Wie beurteilen Sie den Deal?
Habben Jansen: Unter den gegebenen Umständen, sprich dass die Oetker-Gruppe Hamburg Süd offenbar verkaufen wollte, ist es sicher eine recht gute Lösung. Was das für uns schlussendlich bedeutet, muss sich noch zeigen. Natürlich entsteht dadurch ein sehr starker Wettbewerber, faktisch fällt aber auch einer weg.
Gerade im Südamerikaverkehr dürfte die Kombination Maersk Line/Hamburg Süd sehr stark sein.
Das muss man erst einmal abwarten. Bisher waren Hamburg Süd, Maersk, MSC und wir in etwa gleich groß. Richtig ist, dass Hamburg Süd und Maersk gemeinsam in einigen der Südamerika-Subtrades sehr groß werden. Da werden sie sich mit Sicherheit mit den Regulierungsbehörden einigen müssen, ob das erlaubt ist. Von den beiden Reedereien würde ich erwarten, dass sie mit ihrer neuen Marktmacht verantwortungsvoll umgehen. Und natürlich müssen sich die Kunden dann entscheiden, ob sie in den jeweiligen Fahrtgebieten alle Eier nur in einen Korb legen möchten.
In „The Alliance“ hatten Sie eigentlich mit Hanjin geplant. Müssen Sie nach deren Insolvenz nun einen weiteren Partner suchen?
Nein das müssen wir nicht und es ist derzeit auch nicht geplant, einen weiteren Partner an Bord zu holen. Wir sind mit den derzeitigen Mitgliedern groß genug – sowohl bei der Netzabdeckung als auch bei der Tonnage. Mit den 20.000-TEU-Schiffen von MOL und den 18.000-TEU-Einheiten, die UASC bei uns einbringt, können wir einen ganzen Dienst mit dieser Großtonnage stellen. Hinzu kommt noch ein Loop mit 15.000-TEU-Schiffen. Damit sind wir künftig deutlich besser aufgestellt als derzeit bei der G6. Und durch die geplante Fusion on NYK Line, MOL und „K“-Line wird künftig auf die Abstimmung deutlich leichter sein, da dann nur noch drei Parteien am Tisch sitzen. sr/pk