Nachfrage im Containerverkehr schwächelt
Im Zuge der Corona-Pandemie beginnt nun auch die Transportnachfrage im Containerverkehr zu schwächeln. Zwar liegen aktuelle Umschlagzahlen aus den Häfen für März noch nicht vor, aber aus Speditionskreisen verlautet, dass seit vergangener Woche verstärkt Seefrachtbuchungen für Fernost-Abfahrten storniert oder verschoben werden. Die Rückgänge seien allerdings noch relativ moderat. Laut der dänischen Marktforschungsfirma Sea-Intelligence werden sich die Beschaffungsaktivität und die Transportmengen weiter drastisch verringern.
Die Experten sagen für dieses Jahr einen Rückgang der weltweiten Containerbuchungen von 10 Prozent voraus. Etwas optimistischer beurteilt das britische Schiffsmaklerunternehmen Clarksons Platou die Lage, dessen Prognose für den Weltcontainerverkehr bei minus 5 Prozent liegt. Unterdessen sputen sich die Carrier, die aktive Flottenkapazität weiter zu stutzen. Sea-Intelligence zufolge wurden vergangene Woche weltweit weitere 43 Abfahrten in den kommenden neun Wochen gestrichen. Die Aussetzungen beträfen jetzt auch zunehmend andere Trades außer Asien-Europa und Transpazifik, hieß es.
Die Frachtraten wiesen unterdessen eine uneinheitliche Entwicklung auf. Während der auf Fernost-Exporte ausgerichtete Shanghai Index SCFI am Freitag um 1 Prozent gegenüber der Vorwoche nachgab, legte der Freightos Baltic Index mit seiner breiteren Marktabdeckung um 1,7 Prozent zu. Weiterhin im Aufwind befinden sich die Raten demzufolge im Backhaul-Verkehr von Nordeuropa nach Fernost. Die Indexrate von Freightos Baltic für diese Route kletterte um 4,7 Prozent auf 1079 US-Dollar (USD) pro FEU, nachdem sich die Engpässe bei Containern und Stellplätzen über Wochen verschärft hatten. Entlastend wirkten sich allerdings Buchungsrückgänge der Automobilindustrie auf die Platzverfügbarkeit in den Schiffsdiensten ex Nordeuropa aus, berichtet die Beratungsfirma Tim Consult.
Ab 1. April wollen die Carrier die Preise im Asien-Europa-Verkehr in beiden Richtungen erneut anheben, was dazu führen könnte, dass sich die Raten ost- und westgehend erstmals seit Jahren nahezu angleichen.
In der Dry-Bulk-Schifffahrt nahm der Druck auf die Fracht- und Charterraten abermals zu. Der Baltic Dry Index sackte um rund 11 Prozent auf 556 Punkte ab. Während die Eisenerzverladungen in Westaustralien und Brasilien für China noch auf Hochtouren laufen, gibt es in anderen wichtigen Lade- und Empfangsländern wie Indien und Südafrika jetzt drastische Einschränkungen. In der Branche wird befürchtet, dass auch Indonesien – ein wichtiger Bulk-Exporteur für Kraftwerkskohle – bald in den „Lockdown“ geht. Am härtesten traf es vergangene Woche Bulker der Panamax- (82.500 tdw) sowie der Supramax-Klasse (58.000 tdw) mit Rückgängen bei den Spotraten von rund 10 Prozent beziehungsweise 13 Prozent.
Auch im europäischen Kurzstrecken-Seeverkehr bröckelten die Raten leicht, nachdem die Transportnachfrage aus dem Stahlsektor und der Bauwirtschaft nachgelassen hat. Der European Short Sea Index des Branchendienstes BMTI fiel um 1,3 Prozent. Der Teilindex für das Fahrtgebiet Mittelmeer rutschte sogar um 6,9 Prozent ab. Der in Istanbul erscheinende Istfix lag am Montag unverändert auf sehr niedrigem Niveau bei 457 Punkten.
Am Spotmarkt der Rohöltanker ging die Achterbahnfahrt unvermindert weiter. Wegen der höheren Terminpreise für Rohöl zur Lieferung in drei und sechs Monaten buchten Händler noch mehr Supertanker der VLCC-Klasse (310.000 tdw) sowie Suezmaxe (150.000 tdw) als schwimmende Lager. Die durchschnittlichen Spoteinnahmen der VLCC schossen gegenüber der Vorwoche um rund 65 Prozent auf fast 210.000 USD/Tag hoch. mph/bek