Neue PwC-Studie: Deutsche Reeder hoffen auf Erholung

Trotz der andauernden Schifffahrtskrise ist die Investitionsbereitschaft der deutschen Reeder deutlich gestiegen.

Das ergab eine neue Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), die am Donnerstag in Hamburg vorgestellt wurde. Die Schiffsbetreiber steuern nach der zurückliegenden Konsolidierung wieder auf einem vorsichtigen Wachstumskurs. Eine knappe Mehrheit der Unternehmen (55 Prozent) erwartet für 2015 steigende Umsätze, drei von vier Reedern (74 Prozent) planen die Anschaffung neuer oder gebrauchter Schiffe, wie weiter aus der nunmehr siebten jährlichen PwC-Branchenbefragung hervorgeht. 2012 waren es nur 47 Prozent.

Allerdings seien diese Ergebnisse noch kein Beleg für eine durchgreifende Markterholung: „In den vergangenen Jahren haben viele Reeder auf die sinkende Nachfrage reagiert und ihre Flotten verkleinert. Aktuell plant nur noch jeder zehnte Reeder die Verschrottung von Schiffen – vor einem Jahr sah sich noch ein Fünftel der Befragten zu diesem Schritt gezwungen. Offenbar werden auf dem Gebrauchtmarkt mehr Schiffe nachgefragt. Das deutet auf eine Verbesserung der Auftragslage hin“, erläuterte Claus Brandt, Leiter des maritimen Kompetenzzentrums bei PwC.

Im Frühjahr 2015 waren die Flotten der befragten Reeder im Durchschnitt zu 91 Prozent ausgelastet – dies war der höchste Wert seit Beginn der jährlichen Befragung 2009. Im vergangenen Jahr traf dies auf nur 66 Prozent der Flotten zu. Die Anschaffung neuer und/oder gebrauchter Schiffe planen 74 Prozent der Unternehmen gegenüber 64 Prozent vor einem Jahr und sogar nur 50 Prozent in der Umfrage von 2013.

Institutionelle Investoren sollen an Bord

Um die geplanten Investitionen in die Erweiterung beziehungsweise Modernisierung der Flotten zu finanzieren, setzen die befragten Reeder zunehmend auf institutionelle Kapitalgeber wie Fonds oder auch Versicherungen. Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Unternehmen wollen grundsätzlich attraktiver für institutionelle Finanziers werden. Immerhin 56 Prozent hatten oder haben bereits Kontakt zu diesen potenziellen Kapitalgebern. Allerdings hat erst jeder vierte Reeder schon einmal eine Finanzierung von institutionellen Investoren erhalten.

„Die Branche öffnet sich nur allmählich für alternative Finanzierungen durch Versicherer, Fonds und andere Kapitalanlagegesellschaften. Doch ist zu erwarten, dass sich der Trend in den kommenden Jahren beschleunigt. Denn institutionelle Anleger suchen im Niedrigzinsumfeld händeringend nach alternativen Investitionsmöglichkeiten, während Banken ihr Engagement wegen der steigenden Eigenkapitalanforderungen weiterhin zurückfahren“, erwartet Brandt.

Eine intensivere Zusammenarbeit mit institutionellen Investoren scheitert aus Sicht der Reeder häufig an den rechtlichen Auflagen in Deutschland (47 Prozent der Nennungen), an hohen Berichtsanforderungen der Investoren (47 Prozent), aber auch an un attraktiven Finanzierungs- beziehungsweise Beteiligungskonditionen (43 Prozent). Der mit Abstand am häufigsten genannte Hinderungsgrund ist allerdings ein „generelles Misstrauen“ gegenüber institutionellen Investoren.

Präsenz in Deutschland auf stabilem Niveau

Kaum Veränderungen zeigte die Branchenumfrage bei den Planungen zum Schifffahrtsstandort Deutschland. Für rund 60 Prozent der Reeder bleibt Deutschland der Gesamtstandort, jeweils rund 20 Prozent denken über Auslagerungen nach oder haben bereits Aktivitäten ins Ausland verlagert. „Ausländische Standorte sind für deutsche Reeder vor allem wegen der geringeren Bürokratie und Kostenvorteilen attraktiv, besonders Singapur oder Zypern gehören zu den favorisierten Auslandsplätzen“, erklärt Brandt.

Die im Vorjahresvergleich nahezu unveränderten Planungen sind aber kein Entwarnungssignal: Zwei von drei Befragten sind der Ansicht, dass ausländische Reeder die aktuelle Krise auf dem Schifffahrtsmarkt besser bewältigen können. Von diesen verweisen 73 Prozent auf den im Vergleich höheren bürokratischen Aufwand in Deutschland, 66 Prozent sehen bei der staatlichen Förderung klare Nachteile gegenüber ausländischen Wettbewerbern.

„Es wird immer schwieriger für die Reeder, ihre Marktposition vom Standort Deutschland aus zu verteidigen.“ Das betonte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR).

„Die deutschen Reedereien müssen ihre hohe Qualität sichern und gleichzeitig die Kosten drastisch senken, denn die Fracht- und Charterraten sind im Schnitt noch immer nicht auskömmlich. Die Unternehmen produzieren mit Erlösen wie vor 15 Jahren, aber zu Kosten von heute“, so Nagel weiter. Die Studie zeige, dass Reedereien in Deutschland schlechteren Zugang zu Kapitalquellen haben und weniger staatliche Unterstützung erhalten. Selbst wenn kleine Reedereien mit frischem Eigenkapital bei den Schiffsbanken anklopfen, bleiben die Türen für sie immer häufiger verschlossen. Bei der Frage, wie das Know-how der einheimischen Seeleute für die gesamte maritime Wirtschaft am Standort erhalten werden kann, sei Deutschland Schlusslicht im europäischen Vergleich. „Die Reedereien in Deutschland brauchen jetzt die gleiche Entastung bei den Lohnnebenkosten für einheimische Seeleute, wie sie etwa bei unseren europäischen Nachbarn in Dänemark und den Niederlanden längst üblich ist“, forderte der VDR-Manager und versicherte: „Unsere Unternehmen wollen dem Standort Deutschland treu bleiben, aber sie müssen von hier aus wirtschaftlich überleben können.“

Für das aktuelle Stimmungsbild aus deutschen Hochseereedereien und zur erwarteten Entwicklung der Märkte ließ PwC 98 Entscheider befragen. Die entsprechenden Firmen beschäftigen durchschnittlich 144 Mitarbeiter an Land und 672 Seeleute. 2013 waren es noch 211 an Land und 812 auf See. 2014: 174 und 713. FBi

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