„Neuer“ Suezkanal: Erfolg bleibt noch aus

Die Erweiterung des Suezkanals wurde als nationaler Neuanfang für Ägypten inszeniert – der erhoffte Erfolg blieb im ersten Jahr jedoch aus.

Das ergibt sich aus den jetzt vorgelegten Zahlen der Suez Canal Authority (SCA). In den Statistiken, die bis einschließlich März dieses Jahres offengelegt wurden, lässt sich bestenfalls von Stagnation sprechen.

So absolvierten seit der Wiedereröffnung der Wasserstraße im August 2015 insgesamt 11.647 Schiffe den Suezkanal. Im Vergleichszeitraum von August 2014 bis März 2015 waren es 11.604 Einheiten. Dabei kam es sogar zu einem rückläufigen Ladungsaufkommen. Seit der Neueröffnung wurden rund 545 Millionen Tonnen durch den Kanal transportiert, während es im Vorjahresvergleichszeitraum noch knapp 554 Millionen Tonnen waren.

Hinzu kommen gesunkene Einnahmen aus den erhobenen Kanalzöllen: 2014 waren es noch nahezu 5,5 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr nahm Ägypten weniger als 5,2 Milliarden US-Dollar ein. Ein Rückgang von rund 290 Millionen US-Dollar.

Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi zeigt sich unbeeindruckt. „Ich hörte Leute sagen, die Einnahmen des Suezkanals gingen zurück“, berichtete er. Das sehe er anders, sie seien sogar gestiegen. Al-Sisi bezieht sich dabei auf die eigene Staatswährung, das Ägyptische Pfund. Denn umgerechnet liegt tatsächlich ein Plus von rund 754 Millionen Ägyptischen Pfund vor. Dabei lässt er jedoch außen vor, dass die Landeswährung für Durchfahrtzölle nicht akzeptiert wird. Außerdem hat die Staatswährung gegenüber dem US-Dollar im vergangen Jahr mehr als 13 Prozent an Wert verloren.

Modernisierung war nötig

Trotz einer ernüchternden ersten Jahresbilanz hält Schifffahrtsexperte Prof. Ulrich Malchow von der Hochschule Bremen die Modernisierung des rund 193 Kilometer langen Suezkanals für den richtigen Schritt. So ermöglicht der Ausbau eine deutlich schnellere Passage. Nicht zuletzt auch, weil seitdem ein gleichzeitiger Verkehr in beide Richtungen möglich ist. Zuvor musste stets auf den Bitterseen zwischengeankert werden, als der Kanal noch wie eine Einbahnstraße funktionierte.

Trotzdem: „Der ‚neue‘ Suezkanal ist noch keine Erfolgsgeschichte“, stellt Malchow fest. Daran seien auch die übertriebenen Versprechungen schuld, die im Vorfeld der Wiedereröffnung auch von Al-Sisi gegeben wurden. Mittelfristig hätte die Erweiterung der schleusenlosen Wasserstraße, die das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbindet, eine Verdopplung des Schiffsverkehrs und somit auch der Erlöse bedeuten sollen.

Konkurrenz aus Panama

Als Problem für den Suez kanal identifizierte Malchow auch den kürzlich eröffneten, erweiterten Panamakanal. Der mittelamerikanische Wettbewerber setze Ägypten zu, weil er von vielen Reedereien für den Verkehr von Asien zur nordamerikanischen Ostküste bevorzugt werde. Hinzu komme der niedrige Ölpreis, der sogar die längere Route um das Kap der Guten Hoffnung attraktiv mache. Der Weg durch den Suezkanal sei zwar kürzer, die ägyptischen Behörden erheben allerdings hohe Gebühren für die Passage.

Der langfristige Erfolg der wiedereröffneten Wasserstraße kann nach einem Jahr noch nicht bewertet werden. Die anfängliche Euphorie, die im politisch und wirtschaftlich angeschlagenen Ägypten herrschte, ist in der Bevölkerung jedoch einer Ernüchterung gewichen. ger/dpa

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