Rostock will mehr Getreide umschlagen

Der Güterumschlag im Seehafen Rostock wird seit Jahren von der rollenden Ladung bestimmt. Deren Anteil am Gesamtumschlag liegt stabil bei 60 Prozent. Künftig will das Hafenmanagement mehr Wachstum vor allem mit Massengut generieren und stellt dafür die Weichen.

Die Doppelspitze der Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock mbH (HERO), Geschäftsführer Gernot Tesch und Jens A. Scharner, konnte im Frühjahr dieses Jahres durchatmen. Die im ersten Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) von Anfang März 2016 vorgesehene Vertiefung des Warnemünder Seekanals auf lediglich 15,80 Meter wurde bereits vier Wochen später auf das ursprünglich angemeldete Maß von 16,50 Meter korrigiert. Den Hafenchefs und dem Infrastrukturministerium des Landes gelang es mit Hilfe von Bundestagsabgeordneten, in Berlin stichhaltig darzulegen, warum erst eine auf 16,50 Meter vertiefte Zufahrt wirtschaftlich sinnvoll ist. „Nur mit dieser Vertiefung kann der Hafen alle seine Potenziale ausspielen und der Konkurrenz der großen Ostseehäfen effektiv begegnen“, hieß es aus dem Ministerium. Die avisierte Tiefe ermöglicht es künftig auch den größten in der Ostsee eingesetzten Bulkern (Tiefgang bis 15 Meter), Rostock anzulaufen. Damit zieht der Port unter anderem mit dem polnischen Konkurrenten Danzig gleich, der die angestrebte Zufahrtstiefe bereits vorweisen kann.

Zuletzt hatte sich in Rostock die unzureichende Tiefe des Seekanals als entscheidendes Hindernis für ein mögliches Wachstum bei Massengut erwiesen. „Große Massengutfrachter können bislang Rostock nur anlaufen, wenn sie anderenorts zuvor geleichtert wurden, und sie können den Hafen nicht voll beladen verlassen“, schildert Tesch die Situation. Es überrascht daher nicht, dass der Massengut-Umschlag in den letzten Jahren zwischen „verhalten gestiegen“ und „rückläufig“ schwankte. Im ersten Halbjahr 2016 wuchs der Umschlag von Flüssiggut wie Benzin und Heizöl „leicht auf etwas mehr als 1,3 Millionen Tonnen“, sagt Tesch. Bei Schüttgütern gab es ein Plus von drei Prozent auf 4,2 Millionen Tonnen. Über die Hälfte davon entfiel auf Getreide – 2,2 Millionen Tonnen. Indes: Im gesamten Vorjahr gab es im Vergleich zu 2014 bei Flüssiggut (minus 19 Prozent) und Schüttgut (minus zwei Prozent) negative Entwicklungen.

Die Chefs der HERO wollen insbesondere den Getreideumschlag erhöhen. Scharner betrachtet Rostock gar als „geeignetsten Umschlaghafen für Getreide“. Der Seehafen verfüge über eine gute Infrastruktur beziehungsweise sei dabei, diese gezielt auszubauen. Tesch betonte auf dem Baltischen Verkehrsforum 2016, das sich mit der Logistik von Massengütern befasste, dass alle „Umschlagplätze für Schüttgut im Hafen einen Gleisanschluss besitzen“. Über den Rangierbahnhof südlich des Hafens bestehe eine Anbindung an das Streckennetz. Mit dem abschließenden Ausbau der Bahnstrecke Rostock – Berlin für eine Achslast von 25 Tonnen auf dem letzten, 15 Kilometer langen Teilstück zwischen Rostock und Kavelstorf eröffnet sich die Chance, neue Märkte in Südosteuropa zu erschließen. Im Hafen sollen die Getreide-Umschlagplätze 17/18 vertieft werden. Am LP 18 installiert der Hafenbetrieb Euroports Germany bis 2018 einen neuen Getreidebelader (1200 Tonnen pro Stunde). Diesen wird künftig der Agrarhandelsbetrieb Beiselen aus Ulm für den Getreideexport nutzen. Die neu im Hafen vertretene Beiselen GmbH investiert in ein Silo und Förderbandsystem. Die etablierte Getreide AG hat unlängst mit einer neuen Halle die Lagerkapazitäten um 55.000 Tonnen erweitert.

„Bei Getreide ist das Wachstumspotenzial bislang nicht ausgeschöpft“, meint Tesch. In einer 2014 vom Institut für Seeverkehr und Logistik (ISL) in Bremen erstellten Umschlagprognose werden Rostock bis 2030 steigende Mengen attestiert. Das ISL geht von jährlich 24,2 bis 35,5 Millionen Tonnen aus, was einem Plus von 1,1 bis 3,0 Prozent entspricht. Bei Getreide bedeutet dies einen Anstieg auf fünf Millionen Tonnen. Besonders trägt dabei der Effekt eines vertieften Seekanals. Den hatte die Hafenprognose des Bundes von 2013 außer Acht gelassen und für Rostock nur ein jährliches Wachstum von 1,2 Prozent veranschlagt.

DER SEEHAFEN DER HANSESTADT

Der Seehafen Rostock ist Deutschlands größter Ostseehafen. 2015 wurden 25,1 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Mit 58 Prozent entfällt mehr als die Hälfte des Ladungsaufkommens auf den Fähr- und RoRo-Verkehr. Der Bereich Massengut steuerte 7,0 Millionen Tonnen zur Jahresbilanz 2015 bei. Insgesamt gab es im Vorjahr 7883 Schiffsanläufe, darunter allein 6076 Anläufe von Fähr- und RoRo-Schiffen. Es bestehen regelmäßige Liniendienste nach Dänemark, Schweden und Finnland. Wöchentlich verkehren zudem 34 Kombiverkehrszüge von und nach Italien, Österreich, Tschechien und deutschen Güterumschlagpunkten der Bahn.

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